Der Angriff
tief durch und drehte sich zu Harris um. »Lass mich zehn Sekunden vorausgehen.« Harris nickte, und Rapp verschwand um die Ecke.
Wicker hatte die Lage längst genau kalkuliert. Der Wind blies mit einer Geschwindigkeit von bis zu vierzig Stundenkilometern, was möglicherweise ein gewisses Problem darstellen konnte – doch das wurde wohl dadurch ausgeglichen, dass sein Ziel nur zweihundert Meter entfernt war. Für Wicker war das sehr nahe.
Wicker sah Rapp am anderen Ende der Straße auftauchen, noch einen Häuserblock von dem Wächter entfernt.
Der Scharfschütze leckte sich über die Lippen und atmete ganz ruhig durch.
Rapp schlurfte mit einem gut hörbaren Geräusch über die Straße, um den schläfrigen Wächter frühzeitig auf sich aufmerksam zu machen, anstatt ihn zu erschrecken. Mit gesenktem Kopf und gekrümmter Haltung murmelte Rapp irgendetwas in Farsi vor sich hin, während seine Augen die Straße absuchten.
Der Wächter sah zu ihm hinüber und richtete sich etwas auf. Der Lauf seiner Waffe hob sich, doch als der Wächter den verrückten alten Mann erkannte, ließ er das Gewehr wieder in den Schoß sinken.
Das Ganze hatte absolut nichts Bedrohliches an sich – es war das Gleiche, was sich schon in den Nächten davor ereignet hatte. Als Rapp nahe genug war, grüßte er den Wächter und fing sogleich über das Wetter zu schwatzen an. Dabei fiel ihm auf, dass der Wächter zurückgelehnt saß und die Beine ausgestreckt hatte. Er war also nicht in der Position, rasch aufspringen zu können.
Zuerst sah es so aus, als würde Rapp einfach vorbeigehen, so wie er es in den Nächten zuvor getan hatte. Doch als er direkt vor dem Wächter stand, kam er etwas näher, als habe er vor, den Mann etwas zu fragen. Er blickte dem Iraner in die Augen und zeigte mit der linken Hand die Straße hinunter. Währenddessen schlüpfte seine Rechte mit einer raschen Bewegung unter die Djellaba. Rapp umfasste den Hartgummigriff seines mattschwarzen Messers, riss es heraus und machte einen Satz nach vorn.
In einer einzigen fließenden Bewegung bohrte sich die scharfe Klinge des Messers unterhalb des Kiefers tief in den Hals des Wächters. Rapp presste die Hand an den Mund des Mannes, zog das Messer nach oben und drehte es blitzschnell herum. Der Körper, der eben noch ganz starr gewesen war, erschlaffte mit einem letzten Zucken, als der Nervenstrang zum Hirn durchtrennt wurde. Rapp lehnte den toten Mann gegen die Hausmauer und zog das blutige Messer heraus. Er blickte sich kurz um, wischte das Messer an dem braunen Gewand des Wächters ab und verhüllte die Wunde mit dem Turban des Toten.
Geräuschlos glitt Rapp durch die Tür ins Innere des Hauses. Eine schmale Holztreppe führte zu der Wohnung im ersten Stock hinauf. Wie erwartet, gab es keine Möglichkeit, die klapprige alte Treppe hochzusteigen, ohne die Anwesenden auf sich aufmerksam zu machen. Rapp suchte die Treppe nach Stolperdrähten ab, steckte das Messer wieder ein und zog stattdessen seine schallgedämpfte 9-mm-Beretta aus dem Holster am Oberschenkel, den er unter der Djellaba trug. Wenige Sekunden später kamen auch Harris und Reavers ins Haus.
Rapp blieb stehen und signalisierte ihnen, dass sie ihm folgen sollten. Zur Überraschung der beiden SEALs begann Rapp laut zu husten und beklagte sich in Farsi über die kalte Nacht. Die beiden SEALs blieben dicht hinter ihm und hielten ihre schallgedämpften MPs feuerbereit. Rapp stieg bis zum Treppenabsatz hinauf und vergewisserte sich, dass Harris und Reavers hinter ihm waren. Dann trat er einen Schritt zurück, holte mit dem rechten Fuß aus und trat mit aller Kraft gegen die Tür. Laut krachend schwang sie auf, und Rapp stürmte mit schussbereiter Pistole ins Zimmer hinein.
Die beiden Männer, die am Küchentisch saßen, blickten mit schläfrigen Augen von ihrem Backgammon-Spiel auf. Rapp feuerte, ehe sie auch nur die Chance hatten, nach ihren Waffen zu greifen. Jeder mit einer Kugel in der Stirn kippten die beiden Männer tot von den Stühlen. Rapp stürmte zu dem Vorhang hinüber, der den Raum anstelle einer Tür vom Schlafzimmer abtrennte. Er warf sich zu Boden, machte eine Rolle vorwärts und suchte sogleich nach seinem Ziel. Ein schmaler Lichtstreifen von der Küche her durchdrang das Zimmer. Rapp sah, wie sich ein Arm bewegte und feuerte.
Fara Harut hechtete nach seiner Waffe, doch bevor er sie erreichen konnte, zertrümmerte eine Kugel sein rechtes Handgelenk. Er krümmte sich vor Schmerz, hielt sich die
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