Der Angriff
haben.« Tracy schüttelte den Kopf. »Ich erinnere mich noch genau an Ihre Bemerkung, weil es mir ziemlich unüberlegt vorkam, die Leute vor den Kopf zu stoßen, die hundert Stunden und mehr in der Woche arbeiten, um Sie zu beschützen. Sie haben wörtlich gesagt: ›Der Secret Service ist eine paranoide Gruppe von Leuten, die es zwar gut meinen, die ihre eigene Wichtigkeit aber maßlos überschätzen.‹ Ich bin überzeugt, Ihre Wähler werden diese Bemerkung recht interessant finden – vor allem, wenn man bedenkt, dass Sie an einem noblen Frühstück mit Ihren Freunden in New York teilnahmen, während meine Leute hier den Kopf hinhalten mussten.«
Tracy richtete seinen Zorn auch gegen den Finanzminister. »Und Sie möchte ich noch daran erinnern, wie Sie reagierten, als ich verstärkte Sicherheitsvorkehrungen für das Weiße Haus gefordert habe. Sie haben in einem Brief geantwortet, dass das nicht nötig wäre, weil das Weiße Haus ohnehin das sicherste Gebäude der Welt sei.«
Tracy nahm seine Mappe vom Rednerpult. »Wie können Sie es wagen, mein Engagement und meine professionelle Einstellung in Zweifel zu ziehen! Ich habe neunundzwanzig Jahre meines Lebens damit zugebracht, Präsidenten und ihre Familien zu beschützen!« Er ging zur Tür, blieb aber noch einmal abrupt stehen, um sich den Anwesenden zuzuwenden. »Im Moment sollten wir uns vor allem darüber Gedanken machen, wie wir die Frauen und Männer retten können, die im Weißen Haus festgehalten werden… Unsere Karrieren sollten jetzt eigentlich nebensächlich sein.« Mit diesen Worten wandte sich Tracy der Tür zu, öffnete sie und ging hinaus.
Nach Direktor Tracys Abgang verharrten die Anwesenden in schockiertem Schweigen. Erst nach einigen Augenblicken begann man einander Bemerkungen zuzuflüstern, ehe sich hier und dort laute Gespräche entwickelten. Dallas King fragte seinen Chef, ob er tatsächlich gesagt hatte, was Tracy ihm vorgeworfen habe, und Vizepräsident Baxter konnte nur frustriert nicken. »Verdammt, dann sitzen wir ganz schön in der Patsche«, stellte King fest.
Baxter sah seinen Stabschef verärgert an und forderte schließlich General Flood mit einem Handzeichen auf, mit der Sitzung fortzufahren. Der General nickte und sorgte mit seiner mächtigen Baritonstimme für Ruhe. Dann gab er Irene Kennedy ein Zeichen, die sich von ihrem Platz erhob und ans Rednerpult trat.
Rafik Aziz blickte zuerst auf die Fernsehschirme des Besprechungszimmers und dann auf seine Uhr. Der Vizepräsident war vor fast zwanzig Minuten im Pentagon eingetroffen. Der Zeitpunkt müsste stimmen, dachte Aziz. Er betrachtete die Telefonanlage auf dem Tisch mit den rund zwanzig Schildern, die für ganz bestimmte Telefonnummern standen. Gleich in der ersten Reihe fand Aziz das Schild, das er suchte; darauf stand: Pentagon JCBR, was, wie er wusste, für »Joint Chiefs briefing room« stand. Aziz ging noch einmal den Text durch, den er schriftlich vorbereitet hatte, ehe er nach dem Hörer griff und den Knopf drückte.
General Flood hörte zu, als Irene Kennedy ihre Hintergrundinformationen über Rafik Aziz mitteilte, als plötzlich das Telefon neben ihm klingelte. Flood sah nach, von wem der Anruf kam; auf dem Display war die Botschaft »WH SIT ROOM« zu lesen. Flood hob eine Hand, damit Dr. Kennedy ihren Vortrag unterbrach, und nahm den Hörer ab. »Hier General Flood«, sagte er.
»Ich hoffe, ich störe Sie nicht in Ihrer Sitzung.«
»Wer spricht da?«, fragte Flood angespannt.
»Das geht Sie nichts an. Gehen Sie auf Freisprechbetrieb, damit ich zu allen Anwesenden sprechen kann. Ich will mich nicht wiederholen.«
Flood überlegte einen Augenblick, gab aber schließlich nach und drückte die Freisprechtaste. Er legte den Hörer wieder auf und verschränkte die Arme vor der Brust. »Sie können jetzt reden«, sagte er.
Im nächsten Augenblick ertönte Aziz’ Stimme aus den Lautsprechern. »Ich habe die völlige Kontrolle über das Weiße Haus. Jeder Versuch, es zurückzuerobern, wäre zwecklos. Die Vereinigten Staaten haben gegenwärtig 14,7 Milliarden Dollar an eingefrorenen Vermögenswerten in ihrer Hand, die dem Iran gehören. Sie haben sich das Geld unrechtmäßig angeeignet, als das korrupte Regime des Schahs vom Volke Allahs gestürzt wurde. Wenn Sie dieses Geld bis morgen, neun Uhr, dem Iran zurückgeben, werde ich ein Drittel der sechsundsiebzig Geiseln freilassen, die ich in meiner Hand habe. In diesem Punkt gibt es keine
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