Der Angstmacher
konnte, zupfte er die Saiten an - und schrie im nächsten Moment auf. Er sprang von seinem Stuhl hoch, schlenkerte die Hand und fluchte. »Verdammt noch mal, was ist das heiß!«
»Ich habe dir nicht erlaubt, sie zu berühren.«
Jens preßte die Linke um seine mißhandelten Finger. »Okay, Süße, das hast du nicht. Aber du hättest mich warnen können. Außerdem, wie kann es sein, daß die Saiten so heiß sind?«
Sally lächelte kühl und überlegen, wobei sie noch die Augenbrauen anhob.
»Sind sie das wirklich?«
»Klar. Glaubst du, ich würde lügen!«
»Mal sehen.« Sie ging hin und spielte einige Akkorde. Gelassen zupfte sie dabei die Saiten, während Jens Andersen Stielaugen bekam.
»Das ist doch nicht möglich«, sprach er in den Klang hinein. »Wieso verbrennst du dir nicht die Finger?«
»Vielleicht will die Harfe, daß sie kein anderer berührt. Nur ich darf es.«
Jens starrte Sally an. »Das glaubt dir doch keiner, verdammt. Nein.«
»Du mußt es ja nicht.«
Er überlegte, ob er es noch einmal versuchen sollte, schielte auf die Harfe und schüttelte nach einer Weile den Kopf. Nein, davon ließ er lieber die Finger.
Aber nicht von Sally.
»Hör mal, Süße, wir sind hier eine Gemeinschaft, und wir werden zusammenhalten, hast du gehört?«
»Klar.«
»Deshalb wirst du auch mitkommen.«
»Nein!«
Da sprang er auf sie zu. Sally hatte damit zwar gerechnet, aber nicht mit einer derartigen Attacke. Er kam regelrecht über sie, packte sie an den Schultern und drückte sie so hart zurück, daß sie rücklings auf das schmale Bett fiel.
Dann war er über ihr.
Sein Gesicht erinnerte Sally an einen Ballon mit Sommersprossen, der dicht über dem ihren schwebte. Er hatte die Augen weit geöffnet, den Mund ebenso, und er versuchte, sie zu küssen, während er ihre Handgelenke umklammert hielt.
»Du hast mich verrückt gemacht, Süße. Du hast es tatsächlich geschafft. Ich gehe nicht aus dem Zimmer, solange du nicht…«
»Hör auf, Mann!« keuchte Sally. Sie bewegte den Kopf wild von einer Seite auf die andere, um so den Küssen des jungen Mannes zu entgehen, der einfach keine Lehre annehmen wollte. Er preßte sich noch stärker gegen sie und spürte ihren Körper unter dem seinen. Die Rundungen, die Schenkel, die Brüste, all das steigerte seine Wildheit noch mehr.
Er ließ Sallys rechtes Handgelenk los und legte seine Finger auf ihre Brust. Die andere Hand wollte er unter das T-Shirt schieben. Sally warf den Kopf hoch. Mit der Stirn traf sie die Nase des jungen Dänen, der laut aufschrie, hochschnellte und beide Hände vor das Gesicht preßte. Er kassierte noch einen Fußtritt, der ihn vom Bett schleuderte, so daß er sich einmal über den Boden wälzte, aber weiterhin heulte und fluchte. Der Schmerz hatte die Tränen aus seinen Augen schießen lassen. Beide Wangenhälften waren naß. Er atmete laut durch den Mund, während er auf dem Boden hockte.
Sally schwang sich vom Bett. Hinter dem Tisch und neben ihrer Harfe blieb sie stehen. »Das hättest du dir sparen können, Andersen. Verschwinde endlich.«
Er stemmte sich hoch. Aus der Tasche holte er ein Tuch und wischte damit über sein Gesicht. »Weißt du überhaupt, was du da getan hast, verdammt noch mal?«
»Und ob ich das weiß.«
»Ich werde dir noch Zunder geben, darauf kannst du dich verlassen. Ich mache dich bei den anderen unmöglich, hast du gehört?«
»Wie denn?«
»Das wirst du noch sehen.« Er ging zur Tür, blieb aber neben der Harfe stehen und hob das rechte Bein an, wobei die Fußspitze auf das Instrument zielte.
»Untersteh dich!« flüsterte Sally warnend. »Wenn du das tust, wirst du keine ruhige Minute mehr haben.«
»Tatsächlich?«
»Ja!«
Er glaubte ihr nicht, trat gegen die Harfe, so daß sie kippte und von Sally soeben noch aufgefangen werden konnte. Die Saiten zitterten, für einen winzigen Moment sah Sally zwischen ihnen wieder das Gesicht, und sie wußte, was sie zu tun hatte.
Jens verzog das Gesicht. »Und jetzt?« fragte er höhnisch. »Du hattest mir doch etwas versprochen?«
»Das werde ich auch einhalten.«
»Wann denn?« Kr schaute sie provozierend an und rülpste.
»Das bestimme ich.«
Andersen ging zur Tür. »Da bin ich mal gespannt, Süße. Noch eins, du kannst noch immer kommen. Außerdem schlafe ich jetzt nebenan. Ich habe mit der kleinen Geigerin getauscht. Du siehst also, die nächste Nacht kann besonders schön werden.«
»Ich schließe ab.«
»Na und? Denkst du etwa, ich würde keine
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