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Der Anruf kam nach Mitternacht

Der Anruf kam nach Mitternacht

Titel: Der Anruf kam nach Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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der Lichtstrahl wurde breiter und fiel über sein Gesicht. Einige Sekunden lang stand Nick im Türrahmen und starrte in den dahinterliegenden Raum. Dann betrat er die Wohnung.
    Sarah wartete im Korridor, weil sie sich vor der Stille fürchtete. Was geschah da drinnen? Ein Schatten fiel über den Eingang, und Panik überkam sie, als der Schatten immer größer wurde. Dann steckte zu ihrer Erleichterung Nick den Kopf durch die Tür.
    »Alles in Ordnung, Sarah«, erklärte er. »Es ist niemand hier.«
    Sie rannte an ihm vorbei in ihr Apartment. Im Wohnzimmer blieb sie vor Überraschung stehen. Sie hatte damit gerechnet, dass alles Wertvolle gestohlen worden sein würde. Aber nichts war angerührt worden. Selbst die antike Uhr stand noch leise tickend auf dem Bücherregal.
    Sarah drehte sich um und rannte in ihr Schlafzimmer. Nick folgte ihr und blieb in der Tür stehen, als sie schnurstracks zu ihrer auf dem Ankleidetisch stehenden Schmuckschatulle lief. Auch da war nichts entwendet worden. Sarah klappte die Schatulle zu und sah sich rasch im ganzen Raum um. Verwirrt warf sie einen Blick auf Nick.
    »Was fehlt?«, fragte er.
    Sie schüttelte den Kopf. »Nichts. Kann es sein, dass ich vergessen habe, die Tür zuzumachen?«
    Er verließ ihr Schlafzimmer und ging zum Eingang zurück. Dort fand Sarah ihn vor den Türrahmen gebückt vor. »Hier«, sagte er und wies auf Holzsplitter und weiße Lackreste, die auf dem grauen Teppichboden lagen. »Man hat die Tür tatsächlich gewaltsam aufgebrochen.«
    »Aber das ergibt keinen Sinn! Warum bricht man bei mir ein und stiehlt nichts?«
    »Vielleicht blieb dem Dieb nicht genügend Zeit. Vielleicht wurde er unterbrochen …« Nick stand auf und musterte sie. »Sie sehen sehr mitgenommen aus. Geht es Ihnen nicht gut?«
    »Ich bin nur … nur verblüfft.«
    Er berührte ihre Hand. Seine Finger brannten auf ihrer Haut. »Sie sind ja eiskalt. Sie sollten sich besser die nassen Sachen ausziehen.«
    »Ich bin in Ordnung, Mr. O’Hara. Wirklich.«
    »Nun machen Sie schon. Ziehen Sie den Mantel aus!«, sagte er nachdrücklich. »Und setzen Sie sich hin, während ich ein paar Telefonate führe.«
    Sein Ton hatte etwas an sich, das Sarah keine andere Wahl ließ, als ihm zu gehorchen. Sie gestattete Nick, ihr aus dem Mantel zu helfen, setzte sich dann auf die Couch und sah ihm benommen zu, wie er das Telefonbuch zur Hand nahm. Plötzlich kam es ihr vor, als wäre sie nicht mehr Herr ihrer eigenen Entscheidungen, als hätte Nick O’Hara durch seine bloße Anwesenheit in ihrer Wohnung die Kontrolle über ihr Leben an sich genommen. Sozusagen als Protestreaktion stand sie auf und ging in die Küche.
    »Sarah?«
    »Ich werde etwas Tee machen.«
    »Hören Sie, machen Sie sich keine Mühe …«
    »Das macht nichts. Wir können beide eine Tasse brauchen, glaube ich.«
    Durch die Küchentür beobachtete Sarah, wie Nick eine Nummer wählte. Während sie den Kessel aufsetzte, hörte sie ihn sagen: »Hallo? Tim Greenstein, bitte. Hier spricht Nick O’Hara … Ja, ich warte.«
    Die nächste Pause schien ewig dauern zu wollen. Nick fing an, unruhig auf und ab zu gehen wie ein im Käfig eingesperrtes Tier. Dabei zog er sich den Mantel aus und lockerte dann seine Krawatte. Seine Erregung ließ ihn in ihrem kleinen, ordentlichen Wohnzimmer gänzlich fehl am Platze wirken.
    »Sollten Sie nicht die Polizei verständigen?«, fragte Sarah.
    »Das mache ich als Nächstes. Zuerst möchte ich mit der Zentrale Verbindung aufnehmen. Wenn ich nur durchkäme.«
    »Der Zentrale? Sie meinen den FBI? Aber warum das? Ich verstehe nicht …«
    »An dieser ganzen Geschichte stört mich etwas …«
    Seine Worte waren nicht mehr zu verstehen, als der Kessel zu pfeifen begann. Sarah goss den Tee auf und brachte das Tablett ins Wohnzimmer, wo Nick noch immer am Telefon wartete.
    »Verdammt«, murmelte er vor sich hin, »wo zum Teufel steckst du nur, Greenstein?«
    »Tee, Mr. O’Hara?«
    »Hm?« Er drehte sich um und sah die Tasse, die Sarah ihm hinhielt. »Ja, danke.«
    Sie setzte sich mit ihrer Tasse wieder hin. »Arbeitet Mr. Greenstein für den FBI?«
    »Nein. Aber er hat einen Freund, der … Hallo? Tim? Es wurde aber auch Zeit! Gehst du überhaupt nicht mehr ans Telefon?«
    Während des folgenden Schweigens entnahm Sarah aus Nicks Gesicht und der Art, wie er mit hochgezogenen Schultern kerzengerade dastand, dass etwas nicht in Ordnung war. Er wurde ganz blass. Das laute Klirren, mit dem er die Tasse abstellte, ließ

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