Der Anruf kam nach Mitternacht
Ton überraschte Nick. Was ist hier los?, fragte er sich. Was ist passiert? Er beugte sich vor und sah seinem Freund eindringlich in die Augen.
»Was versuchst du, mir klarzumachen, Tim?«, fragte er ruhig.
Tim machte ein unglückliches Gesicht. »Sie hat dich zum Narren gehalten, Nick. Mein Kumpel vom FBI hat sich laufend über sie informieren lassen, über ihre Kontakte, wohin sie ging … Er hat mich gerade angerufen und mir gesagt …«
»Was hat er dir gesagt?«
»Sie weiß etwas. Sie muss etwas wissen. Das ist die einzige Erklärung für das, was sie getan hat …«
»Verdammt, Tim! Was ist passiert?«
»Kurz nachdem du ihr Apartment verlassen hattest, nahm sie ein Taxi zum Flughafen. Sie ist abgeflogen.«
Nick starrte seinen Freund ungläubig an. Sarah hatte die Stadt verlassen? Weshalb?
»Wohin ist sie gereist?«, fragte er verblüfft.
Tim sah ihn mitfühlend an. »Nach London.«
London. Das war der logischste Ort, die Suche zu beginnen. Jedenfalls hatte Sarah so ein Gefühl.
Das Taxi setzte sie vor dem Savoy-Hotel ab. Am Empfang sah die junge, hübsche Frau in ihrem ordentlichen Blazer hoch und lächelte Sarah an. Ja, erklärte sie ihr, sie könne ein Zimmer haben.
Sarah füllte ihr Anmeldeformular aus und sagte ganz nebenbei: »Übrigens war mein Mann vor ungefähr zwei Wochen hier.«
»Wirklich?« Die Angestellte warf einen Blick auf die Namenseintragung. »Oh! Sie sind Mrs. Fontaine? Heißt Ihr Mann Geoffrey Fontaine?«
»Ja. Erinnern Sie sich an ihn?«
»Selbstverständlich, gnädige Frau. Ihr Gatte ist regelmäßiger Gast in unserem Hause. Ein reizender Herr. Eigenartig, ich hätte nie gedacht, dass Sie Amerikanerin sein könnten. Ich war immer der Meinung …« Sie brach ab und betrachtete aufmerksam Sarahs Anmeldung. »Wird Ihr Mann Sie hier in London treffen?«
»Nein, eigentlich nicht.« Sarah schwieg. »Ich habe eher mit einer Nachricht von ihm gerechnet. Könnten Sie einmal nachsehen?«
Die Empfangsdame warf einen Blick über die Brieffächer. »Ich sehe nichts.«
»Es hat auch niemand angerufen? Für keinen von uns?«
»Nein, dann würde hier ein Zettel sein. Ich bedaure.« Die Frau wandte sich wieder ihrer Arbeit zu.
Sarah sagte einen Moment lang nichts. Was sollte sie als Nächstes tun? Sein Zimmer durchsuchen? Das war doch schon vor Wochen in Ordnung gebracht worden.
»Hätte eine Nachricht vorgelegen«, sagte die Angestellte jetzt, »dann würden wir sie ohnehin an die Anschrift Ihres Hauses in Margate weitergeleitet haben. Das pflegen wir immer so zu halten.«
Sarah zwinkerte vor Überraschung. »Margate?«
Die Frau war zu beschäftigt, um aufzusehen. »Ja.«
Welches Haus in Margate?, fragte Sarah sich. Besaß Geoffrey hier in England ein Haus, von dem er ihr nie erzählt hatte?
Sarah legte ihre Hände ruhig auf den Empfangstresen und hoffte, sie könne überzeugend lügen. »Hoffentlich … ich hoffe, Sie haben nicht die falsche Adresse«, sagte sie. »Wir leben noch in Margate, aber wir sind … wir sind vergangenen Monat umgezogen.«
»Ach du meine Güte«, seufzte die junge Frau und ging in das hintere Büro. »Ich werde sofort nachsehen, ob die Anschrift auf dem neuesten Stand ist …«
Einen Augenblick später kam sie mit einer Anmeldekarte wieder zurück. »Whitstable Lane fünfundzwanzig. Ist das die alte oder die neue Adresse?«
Sarah antwortete nicht. Sie war zu sehr damit beschäftigt, sich die Anschrift einzuprägen.
»Mrs. Fontaine?«, fragte die Empfangsdame.
»Ich bin sicher, sie stimmt«, sagte Sarah, hob rasch ihren Koffer hoch und wandte sich dem Aufzug zu.
»Mrs. Fontaine, Sie müssen den Koffer nicht tragen. Ich werde den Gepäckträger rufen …«
Aber Sarah stieg bereits in den Fahrstuhl. »Whitstable Lane fünfundzwanzig«, murmelte sie, während die Tür sich schloss. »Whitstable Lane fünfundzwanzig …«
Die Wellen des Meeres schlugen gegen die weißen Kalkklippen. Von dem schmutzigen Weg aus, den Sarah entlangging, konnte sie die Brandung gegen die Felsen unten donnern sehen. Die Sonne brach bereits durch den Frühdunst, und in den Vorgärten der Häuser wuchsen und blühten die Blumen üppig trotz der Salzluft und der kalkigen Erde.
Das Haus, nach dem sie suchte, fand Sarah am Ende der Whitstable Lane. Es war nur ein kleines Bauernhaus, das sich hinter einem weißen Holzzaun versteckte. Im winzigen Garten davor blühten prachtvolle Rosenbüsche neben farbenfrohen Ringel- und Kornblumen. Das Geräusch einer Gartenschere lenkte
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