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Der Anruf kam nach Mitternacht

Der Anruf kam nach Mitternacht

Titel: Der Anruf kam nach Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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sich aufgebracht ab. »Ach, verdammt!«, brach es aus ihm heraus. Nach einer Pause setzte er leise hinzu: »Ich nehme es zurück! Es war ganz und gar meine Absicht!«
    Sarah trat einen Schritt zurück. Was war nur mit ihr los? Noch vor wenigen Tagen glaubte sie sich heftig in Geoffrey verliebt, und jetzt, in diesem Augenblick, war Nick O’Hara der einzige Mann, den sie sich wünschte. Sie spürte noch immer die Berührung seiner Lippen, fühlte noch den Druck seiner Hände, wie er sie an sich zog, und sie konnte nur noch daran denken, wie schön es wäre, ihn wieder zu küssen. Nein, sie durfte ihn nicht bei sich haben. Nicht jetzt, nachdem das geschehen war.
    »Bitte, Nick«, sagte sie, »fahren Sie wieder nach Washington zurück. Ich muss Geoffrey wiederfinden, und zwar ganz allein.«
    »Warten Sie! Sarah!«
    Aber sie war schon weitergegangen.
    Schweigend näherten sie sich dem Dorf. Sie wusste plötzlich nicht mehr, was sie zu ihm sagen sollte. Alles war so viel leichter gewesen, als sie lediglich Freunde gewesen waren, zwei Menschen, die nach einer Antwort suchten. Jetzt entzündete ein einziger Blick zu ihm hin tief in ihrem Inneren ein loderndes Feuer. Ein Feuer, mit dem sie nie gerechnet hatte.
    In der vergangenen Nacht war sie viel zu müde und zu verängstigt gewesen, froh, mit ihm in einem Raum zu sein. Jetzt am Tage hatte sich das alles geändert. Sie musste Nick verlassen. Sobald sie wieder in London waren, würde sie ihre Sachen packen und aus dem Kenmore ausziehen. Sie musste sich allein auf die Suche nach Geoffrey machen.
    Als sie in Margate ankamen, hatte sich ihr Entschluss gefestigt. Kein Argument würde ihre Absichten ändern können, und sie sah ihm an, dass er alles versuchen würde. Sie sah es an dem entschlossenen Zug um seinen Mund.
    Wie zwei Fremde gingen sie nebeneinander auf den von Nick gemieteten Golf zu, der in einer Straße mit vielen kleinen Geschäften geparkt war. Direkt hinter dem Golf stand derselbe schwarze Ford, der ihnen den ganzen Weg von London her gefolgt war. Der CIA. Also hatte man die Geheimniskrämerei fallen gelassen und folgte ihnen jetzt völlig offen. Das wird es mir erleichtern, sie abzuhängen, dachte Sarah.
    Die Silhouette eines der Agenten hob sich gegen die getönte Scheibe des Wagenfensters ab. Als sie vorbeigingen, sah Sarah durch die Frontscheibe. Im Wageninneren rührte sich nichts. Das fiel offensichtlich auch Nick auf. Er blieb stehen und klopfte an das Fenster. Der Agent blieb regungslos sitzen und sagte auch nichts. Schlief er? Durch die dunklen Scheiben ließ sich das schwer erkennen.
    »Nick?«, flüsterte Sarah. »Stimmt etwas nicht mit ihm?«
    »Geh weiter«, ordnete Nick mit leiser Stimme an und drängte sie auf den Golf zu. »Ich möchte, dass du einsteigst.« Ruhig öffnete er ihr die Tür. »Steig ein und bleib drinnen.«
    »Nick …«
    Er näherte sich vorsichtig dem Ford. Brennende Neugier ließ sie ihm folgen. Sie stand hinter ihm auf dem Bürgersteig, als er sehr langsam und vorsichtig die Hand auf den Griff der Beifahrertür legte. Der Agent rührte sich noch immer nicht. Nick zögerte nur eine Sekunde, dann riss er die Tür auf.
    Der Mann fiel mit der Schulter voran seitlich aus dem Fahrzeug. Das Gesicht glitt an der Scheibe vorbei, ein Gesicht mit weit aufgerissenen, starren Augen. Der Arm fiel aus dem Wagen und hing baumelnd herab. Nick machte entsetzt einen Satz rückwärts, als das Blut auf den Asphalt zu tropfen begann.

7. KAPITEL
    Sarah schrie auf. Im nächsten Augenblick kamen Schüsse aus dem Ford, und Sarah und Nick duckten sich Schutz suchend. Nick fiel direkt auf Sarah, als sie zu Boden stürzten. Sie konnte sich nicht bewegen, nicht einmal schreien, der Sturz und die Panik raubten ihr den Atem.
    Nick rollte zur Seite und schob Sarah vorwärts. »In den Wagen – schnell!«, schrie er ihr zu.
    Sein rauer Befehl ließ sie sofort auf die Beine kommen. Wie ein verängstigtes Tier rannte sie gebückt zu dem Golf und stieg ein. Unter den Schüssen zerbarsten die Schaufensterscheiben, und um sie herum schrien Menschen. Nick raste hinter Sarah her, kroch über sie hinüber zum Lenkrad. Er zerrte die Zündschlüssel aus der Tasche und steckte sie ins Schloss.
    Der Motor heulte auf. Sarah versuchte panisch, die Seitentür zu schließen, aber Nick schrie: »Herunter! Zum Teufel, duck dich!« Sie rutschte auf den Boden des Wagens.
    Mit Wucht setzte Nick den Wagen rückwärts. Er knallte in den Ford. Dann legte Nick den ersten Gang ein,

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