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Der Anschlag - King, S: Anschlag

Der Anschlag - King, S: Anschlag

Titel: Der Anschlag - King, S: Anschlag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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beantworten: »Ich heiße Jake Epping. Ich bin gekommen, um Ihnen eine Frage zu stellen.«
    »Dann stellen Sie sie, und lassen Sie mich dann in Ruhe.« Von seiner Hutkrempe tropfte Regenwasser. Von meiner auch.
    »Was ist das Wichtigste im Leben, Dunning?«
    »Was?«
    »Für einen Mann, meine ich.«
    »Was sind Sie – plemplem? Und was soll das Kissen?«
    »Tun Sie mir den Gefallen. Beantworten Sie die Frage.«
    Er zuckte die Achseln. »Seine Familie, nehme ich an.«
    »Das glaube ich auch«, sagte ich und drückte zweimal ab. Der erste Knall war ein dumpfer Schlag wie von einem Teppichklopfer auf einem schweren Teppich. Der zweite war etwas lauter. Ich fürchtete, das Kissen könnte Feuer fangen – das hatte ich in Der Pate 2 gesehen –, aber es schwelte nur ein bisschen. Dunning klappte zusammen und zerquetschte dabei den Blumenkorb, den er aufs väterliche Grab gestellt hatte. Ich ließ mich neben ihm auf ein Knie nieder, das sofort die Nässe vom Boden aufnahm, hielt die zerfetzte Seite des Kissens an seine Schläfe und drückte noch einmal ab. Nur um sicherzugehen.
    12
    Ich schleifte ihn ins Tracker-Mausoleum und ließ das angesengte Kissen auf sein Gesicht fallen. Als ich wieder ging, fuhren einige Autos langsam durch den Friedhof, und an mehreren Gräbern standen Leute unter Regenschirmen, aber niemand achtete auf mich. Ich schlenderte ohne Hast zur Friedhofsmauer und blieb zwischendurch mehrmals stehen, um Grabsteine oder -denkmäler zu betrachten. Sobald ich die Mauer überwunden hatte, trabte ich im Schutz der Bäume zu meinem Ford zurück. Wenn ich ein Auto kommen sah oder hörte, wich ich einfach tiefer in den Wald zurück. Bei einem dieser Rückzüge verscharrte ich den Revolver knöcheltief unter Erde und Laub. Der Sunliner stand unbeschädigt dort, wo ich ihn zurückgelassen hatte, und der Motor sprang auch sofort an. Ich fuhr zu meinem Apartment zurück und hörte mir dort noch die Schlussphase des Baseballspiels an. Ich weinte ein bisschen, glaube ich. Es waren Tränen der Erleichterung, nicht der Reue. Unabhängig davon, was mit mir geschah, war die Familie Dunning in Sicherheit.
    In dieser Nacht schlief ich wie ein Baby.
    13
    Die Montagsausgabe der Derry Daily News war voll mit Artikeln über die World Series – dabei auch ein nettes Foto von Schoendienst, der nach einem Fehler von Tony Kubek mit dem spielentscheidenden Run auf die Home Plate rutschte. Wie Red Barber in seiner Kolumne schrieb, waren die Bronx Bombers erledigt. »Spießt sie mit ’ner Mistgabel auf«, meinte er. »Die Yanks sind tot, es leben die Yanks.«
    Zu Beginn der Arbeitswoche in Derry erschien nichts über Frank Dunning, aber in der Dienstagsausgabe schaffte er es auf die Titelseite – sogar mit einem Foto, auf dem er sein Die-Ladys-lieben-mich-Grinsen zur Schau trug. Auch sein verschmitztes George-Clooney-Zwinkern war gut getroffen.
    GESCHÄFTSMANN ERMORDET AUF FRIEDHOF AUFGEFUNDEN Dunning war Förderer vieler Wohltätigkeitsprojekte
    Nach Aussage des hiesigen Polizeichefs verfolgten seine Ermittler alle möglichen Erfolg versprechenden Spuren, sodass eine baldige Verhaftung zu erwarten sei. In einem kurzen Telefoninterview erklärte Doris Dunning, sie sei schockiert und am Boden zerstört. Dass der Ermordete und sie zuletzt getrennt gelebt hatten, wurde nicht erwähnt. Verschiedene Freunde und Mitarbeiter aus dem Center Street Market zeigten sich ähnlich schockiert. Alle schienen sich darüber einig zu sein, dass Frank Dunning ein absolut toller Kerl gewesen war, und niemand konnte auch nur Vermutungen darüber anstellen, weshalb jemand ihn hätte erschießen wollen.
    Tony Tracker zeigte sich besonders empört (vielleicht weil der Ermordete im Mausoleum seiner Familie aufgefunden worden war). »Für diesen Kerl sollten sie die Todesstrafe wieder einführen«, sagte er.
    Am Mittwoch, dem 8. Oktober 1958, siegten die Yankees im County Stadium mühsam zwei zu eins gegen die Braves; am Donnerstag erzielten sie beim Stand von zwei zu zwei im achten Inning vier Runs und hatten damit die World Series gewonnen. Am Freitag kam ich ins Mermaid Pawn & Loan und erwartete, von Mrs. Grantig und Mr. Trübselig empfangen zu werden. Die beleibte Dame übertraf meine Erwartungen sogar. Sie verzog das Gesicht, als sie mich sah, und rief: »Chazzy! Mr. Geldsack ist da!« Dann verschwand sie durch den Vorhang zum Korridor und aus meinem Leben.
    Frati kam heraus und trug dasselbe Streifenhörnchengrinsen zur Schau, das ich von meinem

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