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Der Anschlag - King, S: Anschlag

Der Anschlag - King, S: Anschlag

Titel: Der Anschlag - King, S: Anschlag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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wandte sich mir widerstrebend zu, behielt dabei aber John und Marsha, oder wie immer sie hießen, seitlich im Auge.
    »Was darf’s sein?«
    »Nichts, aber Sie können mir einen Gefallen tun. Für den ich Sie mit fünf amerikanischen Dollars entschädigen werde.«
    Er wirkte unbeeindruckt. »Wirklich. Was für einen Gefallen?«
    Ich legte den Umschlag auf die Theke. »Den übergeben Sie, wenn der Betreffende reinkommt.«
    Er las den Namen auf dem Briefumschlag. »Was wollen Sie von Billy Turcotte? Und warum geben Sie ihm das hier nicht selbst?«
    »Das ist ein ganz einfacher Auftrag, Pete. Wollen Sie den Fünfer oder nicht?«
    »Klar. Wenn es niemand schadet. Billy ist ein anständiger Kerl.«
    »Es schadet ihm garantiert nicht. Vielleicht nützt es ihm sogar.«
    Ich legte einen Fünfer auf den Umschlag. Pete ließ ihn verschwinden und wandte sich wieder der Seifenoper zu. Ich verließ das Lokal. Turcotte würde den Briefumschlag vermutlich bekommen. Ob er etwas unternahm, nachdem er meine Mitteilung gelesen hatte, war eine andere Frage – eine der vielen, auf die ich niemals eine Antwort bekommen würde. Geschrieben hatte ich Folgendes:
    Lieber Bill,
    mit Ihrem Herzen ist etwas nicht in Ordnung. Sie müssen bald zum Arzt gehen, sonst ist es zu spät. Sie halten dies vielleicht für einen Scherz, aber es ist keiner. Sie werden denken, das kann keiner wissen, aber ich weiß es. Ich weiß es so sicher, wie Sie wissen, dass Frank Dunning Ihre Schwester Clara und Ihren Neffen Mikey ermordet hat. BITTE GLAUBEN SIE MIR UND GEHEN SIE ZUM ARZT!
    Ein Freund
    16
    Ich stieg in meinen Sunliner, und als ich rückwärts aus der schrägen Parklücke stieß, sah ich Mr. Keenes schmales, misstrauisches Gesicht, mit dem er mich durchs Schaufenster des Drugstores beobachtete. Ich kurbelte das Seitenfenster herunter, streckte den Arm ins Freie und zeigte ihm den Stinkefinger. Dann fuhr ich den Up-Mile Hill hinauf und verließ Derry zum letzten Mal.

Kapitel 11
    KAPITEL 11
    Als ich auf dem Mile-A-Minute Highway, wie der Maine Turnpike genannt wurde, nach Süden fuhr, versuchte ich mir einzureden, mit Carolyn Poulin brauchte ich mich nicht abzugeben. Ich redete mir ein, dass sie Al Templetons Experiment war, nicht meines, und dass sein Experiment jetzt wie sein Leben zu Ende war. Ich rief mir ins Gedächtnis zurück, dass der Fall der kleinen Poulin sich sehr von dem von Doris, Troy, Tugga und Ellen unterschied. Ja, Carolyn würde von der Taille abwärts gelähmt bleiben, und ja, das war ein schreckliches Schicksal. Aber durch einen Schuss gelähmt zu werden war nicht das Gleiche, wie mit einem Vorschlaghammer erschlagen zu werden. Auch im Rollstuhl hatte Carolyn Poulin ein erfülltes, fruchtbares Leben vor sich. Ich sagte mir, dass es verrückt wäre, meinen wirklichen Auftrag dadurch zu gefährden, dass ich die unerbittliche Vergangenheit ein weiteres Mal herausforderte.
    Nichts davon war überzeugend.
    Ich hatte die erste Nacht meiner Reise in Boston verbringen wollen, aber das Bild von Dunning auf dem Grab seines Vaters mit dem zerdrückten Blumenkorb unter sich stand mir immer wieder vor Augen. Er hatte es verdient, zu sterben – Teufel, das musste er –, aber am 5. Oktober hatte er seiner Familie noch nichts angetan. Jedenfalls nicht seiner zweiten. Ich konnte mir sagen (und machte mehrfach davon Gebrauch!), dass er seiner ersten Familie genug angetan habe und schon vor dem 13. Oktober 1958 ein Doppelmörder gewesen sei, wobei zu seinen Opfern auch ein Beinahe-noch-Säugling gehört habe, was ich allerdings nur aus Bill Turcottes Erzählung wusste.
    Ich schätze, letztlich wollte ich wohl etwas, was sich schlecht anfühlte, so notwendig es auch gewesen sein mochte, durch etwas ausgleichen, was sich gut anfühlte. Statt nach Boston weiterzufahren, verließ ich den Turnpike in Auburn und fuhr nach Westen in das Seengebiet von Maine. In der Abenddämmerung mietete ich mich in eines der Blockhäuser ein, in denen Al häufig gewesen war. Die größte der vier Unterkünfte am See bekam ich zu einem lachhaft niedrigen Nachsaisonpreis.
    Die kommenden fünf Wochen waren vielleicht die besten meines Lebens. Ich sah keinen Menschen außer dem alten Ehepaar, bei dem ich zweimal in der Woche ein paar Lebensmittel einkaufte, und dem Besitzer der kleinen Ferienanlage, Mr. Winchell. Er kam jeweils sonntags vorbei, um sich zu vergewissern, dass mir nichts fehlte und ich einen angenehmen Aufenthalt hatte. Das versicherte ich ihm jedes Mal, wenn er

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