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Der Anschlag - King, S: Anschlag

Der Anschlag - King, S: Anschlag

Titel: Der Anschlag - King, S: Anschlag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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müsstest, und dass auch ich mich dafür nicht schämen müsste. Das sind Dinge, die ich selbst entscheiden muss. Letztlich läuft es auf eines hinaus: Entweder der Besen verschwindet, oder du musst gehen.«
    »Wenn du es wüsstest, würdest du nicht …«
    »Dann erzähl’s mir!«
    »Ich kann nicht. « Mein Zorn fiel in sich zusammen wie ein durchlöcherter Ballon und hinterließ eine emotionale Leere. Als ich den Blick von ihrem unbewegten Gesicht abwandte, fiel er zufällig auf ihren Schreibtisch. Was ich dort sah, ließ mir den Atem stocken.
    Dort lag ein kleiner Stapel Bewerbungen für ihren Sommerjob in Reno. Die oberste war ein Vordruck von Harrah’s Hotel and Casino. In der ersten Zeile hatte sie in sauberer Druckschrift ihren Namen eingetragen. Ihren vollständigen Namen, auch den zweiten Vornamen, nach dem ich sie bisher nie gefragt hatte.
    Ich streckte die Hände aus, ganz langsam, und bedeckte ihren ersten Vornamen und die zweite Silbe ihres Nachnamens mit den Daumen. So blieb DORIS DUN übrig.
    Ich erinnerte mich an den Tag, an dem ich mit Frank Dunnings Frau gesprochen und mich als Immobilienspekulant ausgegeben hatte, der sich für die West Side Recreation Hall interessiere. Sie war zwanzig Jahre älter als Sadie Doris Clayton, geborene Dunhill, gewesen, aber beide Frauen hatten blaue Augen, einen makellosen Teint und eine gute, vollbusige Figur. Beide Frauen rauchten. Das alles hätte ein Zufall sein können, aber es war keiner. Und das wusste ich.
    »Was machst du?« Der anklagende Ton bedeutete, dass die eigentliche Frage lautete: Warum weichst du weiter aus und entziehst dich mir?, aber ich war nicht mehr wütend. Nicht einmal andeutungsweise.
    »Bist du dir sicher, dass er nicht weiß, wo du bist?«, fragte ich.
    »Wer? Johnny? Meinst du Johnny? Warum …« In diesem Moment kam sie zu dem Entschluss, dass die Sache aussichtslos war. Das sah ich auf ihrem Gesicht. »George, du musst jetzt gehen.«
    »Aber er könnte es herausfinden«, sagte ich. »Weil deine Eltern es wissen, und deine Eltern haben ihn immer für den Größten gehalten, das hast du selbst gesagt.«
    Ich trat einen Schritt auf sie zu. Sie wich einen Schritt zurück. Wie man vor jemandem zurückwich, der sich als geistesgestört erwiesen hatte. Ich sah Angst in ihrem Blick, auch Verständnislosigkeit, und konnte trotzdem nicht aufhören. Man sollte mir zugutehalten, dass ich selbst verängstigt war.
    »Auch wenn du sie gebeten hast, es niemand zu sagen, kann er es aus ihnen rauskriegen. Weil er charmant ist. Das ist er doch, Sadie? Wenn er sich nicht zwanghaft die Hände wäscht, seine Bücher alphabetisch einordnet oder darüber spricht, wie widerwärtig es ist, eine Erektion zu bekommen, ist er sehr, sehr charmant. Jedenfalls hat er dich bezaubert.«
    »Bitte geh jetzt, George.« Ihre Stimme zitterte.
    Ich trat einen weiteren Schritt auf sie zu. Sie machte einen Ausgleichsschritt rückwärts, prallte an die Wand … und fuhr zusammen. Dieser Anblick wirkte wie ein Schlag ins Gesicht eines Hysterikers oder ein Glas Wasser ins Gesicht eines Schlafwandlers. Ich zog mich in den Durchgang zwischen Wohnzimmer und Küche zurück und hob die Hände wie jemand, der sich ergab. Was ich wirklich tat.
    »Gut, ich gehe. Aber, Sadie …«
    »Ich begreife nur nicht, wie du das tun konntest«, sagte sie. Jetzt kamen die Tränen; sie rollten langsam über ihre Wangen. »Oder wieso du dich weigerst, es ungeschehen zu machen. Wir hatten eine so gute Beziehung.«
    »Die haben wir immer noch.«
    Sie schüttelte den Kopf. Das tat sie langsam, aber nachdrücklich.
    Ich durchquerte die Küche meinem Gefühl nach mehr schwe bend als gehend, holte die Packung Vanilleeiscreme aus einer der Tüten auf der Arbeitsplatte und stellte sie in das Gefrierfach ihres Coldspots. Einerseits wollte ich mir einreden, dass dies alles nur ein schlechter Traum war, aus dem ich bald erwachen würde. Andererseits wusste ich es besser.
    Sadie stand im Durchgang und beobachtete mich. In einer Hand hielt sie eine frisch angezündete Zigarette, in der anderen ihre Bewerbungen. Sie sah Doris Dunning fast unheimlich ähnlich, das erkannte ich jetzt. Was die Frage aufwarf, warum mir das nicht schon früher aufgefallen war. Weil ich mit anderen Dingen beschäftigt gewesen war? Oder weil ich die Ungeheuerlichkeit der Dinge, mit denen ich spielte, immer noch nicht ganz begriffen hatte?
    Ich ging durch die Fliegengittertür hinaus, blieb auf dem Podest stehen und sah sie durch das

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