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Der Anschlag - King, S: Anschlag

Der Anschlag - King, S: Anschlag

Titel: Der Anschlag - King, S: Anschlag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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weiter.«
    »Das Familienleben dieses Mannes brauchst du nicht zu entschlüsseln. George de Mohrenschildt ist der Kerl, für den du dich interessieren musst. Du musst dich vergewissern, dass er nichts mit dem Attentat auf General Walker zu tun hat. Sobald das feststeht, ist die letzte Ungewissheit beseitigt. Und betrachte mal die erfreuliche Seite. Falls Oswald dich dabei erwischt, dass du ihn bespitzelt, könnte das sein zukünftiges Handeln positiv beeinflussen. Vielleicht versucht er dann nicht mehr, Kennedy zu erschießen.«
    »Glaubst du das ernsthaft?«
    »Nein. Eigentlich nicht.«
    »Ich auch nicht. Die Vergangenheit ist unerbittlich. Sie will nicht verändert werden.«
    Er sagte: »Kumpel, jetzt liegst du …«
    »Richtig«, hörte ich mich murmeln. »Jetzt liege ich richtig.«
    Ich öffnete die Augen. Ich war doch eingeschlafen. Spätes Tages licht drang durch die geschlossenen Vorhänge. Nicht allzu weit entfernt, in der Davenport Street in Fort Worth, würden die Brüder Oswald und ihre Frauen sich zum Abendessen hinsetzen – Lees erste Mahlzeit in seinem alten Revier.
    Außerhalb meines eigenen kleinen Stücks von Fort Worth hörte ich einen Springseilvers, der sehr bekannt klang. Ich stand auf, ging durch mein dämmeriges Wohnzimmer (dessen gesamte Möblierung aus zwei Sesseln von einem Trödler bestand) und zog einen der Vorhänge einen Spalt weit auf. Die Vorhänge hatte ich gleich nach dem Einzug angebracht. Ich wollte beobachten, aber nicht beobachten werden.
    Die Nummer 2703, an deren windschiefer Veranda ein oben und unten befestigtes Schild ZU VERMIETEN verkündete, war weiter unbewohnt, aber der Rasen lag nicht leer da. Dort ließen zwei kleine Mädchen ein Springseil kreisen, während ein drittes im Stottertakt darüber hinweghüpfte. Natürlich waren das nicht die Mädchen, die ich auf der Kossuth Street in Derry gesehen hatte – diese drei, die statt neuer Shorts geflickte, ausgebleichte Jeans trugen, wirkten verkümmert und unterernährt –, aber der Gesang war der gleiche, nur diesmal mit texanischem Akzent.
    »Charlie Chaplin went to France! Just to watch the ladies dance! Salute to the Cap’un! Salute to the Queen! My old man drives a sub-ma-rine!«
    Das springende Mädchen verhedderte sich mit einem Bein im Seil und landete in der Fingerhirse, die vor der Nummer 2703 den Rasen ersetzte. Die beiden anderen Mädchen stürzten sich auf sie, und alle drei wälzten sich im Staub. Dann sprangen sie auf und flitzten davon.
    Ich sah ihnen nach und dachte dabei: Ich habe sie gesehen, aber sie mich nicht. Das ist schon etwas. Das ist ein Anfang. Aber wo ist mein Zieleinlauf, Al?
    De Mohrenschildt war der Schlüssel zu allem: Nur er hielt mich davon ab, Oswald zu ermorden, sobald er mir gegenüber ein zog. George de Mohrenschildt, ein auf die Exploration von Öllagerstätten spezialisierter Geologe, der mit Bohrrechten spekulierte. Ein Mann mit dem Lebensstil eines Playboys, den ihm vor allem das Geld seiner Frau ermöglichte. Wie Marina war er Exilrusse, aber im Gegensatz zu ihr stammte er aus einer Adelsfamilie – tatsächlich war er Baron de Mohrenschildt. Der Mann, der in den wenigen Monaten, die Lee Oswald noch zu leben hatte, sein einziger Freund werden würde. Der Mann, der Oswald suggerieren würde, die Welt sei ohne einen bestimmten rassistischen, rechtsextremen Exgeneral besser daran. Sollte sich herausstellen, dass de Mohrenschildt an Oswalds Attentat auf Edwin Walker aktiv beteiligt war, würde das meine Situation ungeheuer komplizieren; dann würden alle verrückten Verschwörungstheorien ins Spiel kommen. Al glaubte jedoch, dass der rus sische Geologe nichts weiter getan hatte (oder vielmehr tun würde; das Leben in der Vergangenheit war wie schon gesagt verwirrend), als einen Mann aufzuhetzen, der bereits krankhaft ruhmsüchtig und mental labil war.
    In seinen Notizen hatte Al festgehalten: Falls Oswald am Abend des 10. April 1963 allein war, geht die Wahrscheinlichkeit, dass am Attentat auf Kennedy sieben Monate später ein zweiter Schütze beteiligt war, gegen null.
    Darunter hatte er in Großbuchstaben sein abschließendes Urteil gesetzt: GROSS GENUG, UM DEN HUNDESOHN ZU ERLEDIGEN.
    9
    Die kleinen Mädchen zu beobachten, ohne selbst gesehen zu werden, hatte mich an den alten Hitchcock-Klassiker Das Fenster zum Hof mit James Stewart erinnert. Man konnte viel beobachten, ohne das eigene Wohnzimmer jemals verlassen zu müssen. Vor allem, wenn man die richtigen Hilfsmittel

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