Der Anschlag - King, S: Anschlag
sein, Coach?«, fragte Deke. »Haben Sie eine Ahnung?«
»Allerdings«, sagte Borman. »Und wenn er glaubt, dass ich ihn das Ding bei einer Spielübertragung einsetzen lasse, täuscht er sich gewaltig. Glaubt ihr etwa, ich will, dass jeder, der ein Radio besitzt, mithören kann, wie ich meine Jungs als eine Bande von Schlappschwänzen bezeichne, wenn sie nicht mal im dritten Down auf kurze Distanz einen Rush abwehren können?«
Ich wandte mich ihm ganz langsam zu. »Wovon reden Sie eigentlich?«
»Ich hab ihm nicht geglaubt, also hab ich’s selbst ausprobiert«, sagte der Coach. Dann mit wachsender Empörung: »Da hab ich gehört, wie Boof Redford einem Neuntklässler erzählt, dass meine Eier größer als mein Gehirn sind!«
»Also wirklich?«, sagte ich. Mein Puls hatte sich spürbar beschleunigt.
»Duffer da sagt, dass er das Gerät in seiner gottverdammten Ga rage gebaut hat«, knurrte der Trainer. »Bei voller Antennenleistung kann er angeblich ’ne Katze noch eine Straße weiter furzen hören. Das ist natürlich Unsinn, aber Redford war auf der anderen Seite vom Spielfeld, als ich seine freche Bemerkung gehört hab.«
Der Sportreporter, der gerade mal wie vierundzwanzig aussah, hob den Blechkasten hoch und winkte uns mit der freien Hand zu. Coach Borman winkte zurück, aber dann murmelte er: »Der Spieltag, an dem ich ihn mit diesem Ding auf mein Feld lasse, ist der Tag, an dem ich ’nen Kennedy-Sticker an meinen beschissenen Dodge klebe.«
13
Es war schon fast dunkel, als ich die Kreuzung von Highway 77 und State Road 109 erreichte, aber im Osten ging ein aufgedunsener orangeroter Mond auf, der mir die Werbetafel deutlich genug zeigte. Jim LaDue, dem eine schwarze Locke heroisch in die Stirn fiel, lächelte mit seinem Helm in der einen und einem Football in der anderen Hand auf mich herab. Über dem Bild stand in mit US -Sternen verzierten Lettern: GLÜCKWUNSCH AN JIM LADUE, ALL-STATE QUARTERBACK 1960 UND 1961! VIEL GLÜCK IN ALABAMA! WIR WERDEN DICH NIE VERGESSEN!
Und darunter in roten Lettern, die zu schreien schienen:
»JIMLA!«
14
Zwei Tage später betrat ich den Satellite-Electronics-Laden und wartete, während mein Lieferant einem Kaugummi kauenden Teenager ein Transistorradio von der Größe eines iPods verkaufte. Als er zur Tür hinaus war (schon mit dem kleinen Hörer im Ohr), wandte Silent Mike sich mir zu. »He, wenn das nicht mein alter Kumpel Doe ist! Was kann ich heute für Sie tun?« Er senkte die Stimme zu einem Verschwörerflüstern: »Noch mehr verwanzte Lampen?«
»Heute nicht«, sagte ich. »Sagen Sie, haben Sie schon mal was von einem Richtmikrofon gehört?«
Er grinste breit. »Mein Freund«, sagte er. »Sie sind wieder mal an der richtigen Quelle.«
Kapitel 18
KAPITEL 18
1
Ich ließ ein Telefon installieren und rief als Erste Ellen Dockerty an, die mir bereitwillig Sadies Adresse in Reno gab. »Ich habe auch die Telefonnummer der Pension, in der sie wohnt«, sagte Ellen. »Wenn Sie die wollen.«
Ich wollte sie natürlich, aber wenn ich sie hätte, würde ich irgendwann der Versuchung erliegen, Sadie anzurufen. Irgendetwas sagte mir, dass das ein Fehler gewesen wäre.
»Danke, die Adresse genügt.«
Sobald ich aufgelegt hatte, schrieb ich Sadie einen Brief; ich hasste meinen gestelzten, künstlichen Plauderton, wusste aber nicht, wie ich davon wegkommen sollte. Der gottverdammte Besenstiel lag weiter zwischen uns. Und was war, wenn sie dort draußen einen spendablen Sugardaddy kennenlernte und mich ganz vergaß? War das nicht denkbar? Mit ihr konnte er jedenfalls eine Menge Spaß im Bett haben; sie hatte schnell gelernt und war dort so agil wie auf der Tanzfläche. Da meldete sich wieder mein Eifersuchtsnerv, und ich beendete den Brief eilig mit dem Bewusstsein, dass das Geschriebene wehleidig und gefühllos klang. Ich wollte die Künstlichkeit irgendwie durchbrechen und etwas Ehrliches sagen:
Du fehlst mir sehr, und es tut mir verdammt leid, dass wir so auseinandergegangen sind. Ich weiß nur nicht, wie ich daran etwas ändern soll. Ich habe einen Job zu erledigen, der erst im kommenden Frühjahr abgeschlossen sein wird. Vielleicht nicht einmal dann, obwohl ich es hoffe. Bitte vergiss mich nicht. Ich liebe Dich, Sadie.
Ich unterschrieb mit George, was das bisschen Ehrlichkeit, zu der ich mich durchgerungen hatte, wieder aufzuheben schien. Darunter setzte ich den Nachsatz Nur für den Fall, dass du anrufen möchtest und meine neue Telefonnummer. Dann ging ich
Weitere Kostenlose Bücher