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Der Anschlag - King, S: Anschlag

Der Anschlag - King, S: Anschlag

Titel: Der Anschlag - King, S: Anschlag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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vielleicht zunächst auch glauben, aber wie lange würde es dauern, bis sie entdeckte, dass der George Amberson aus der West Neely Street derselbe George Amberson war, der erst vor Kurzem »zufällig« am Tatort eines Gewaltverbrechens in der Bee Tree Lane in Jodie gewesen war? Das wäre eine Überprüfung wert, die bald zeigen würde, dass George Ambersons Lehrerbefugnis aus einer Titelmühle in Oklahoma stammte und alle seine Empfehlungen gefälscht waren. Daraufhin würde ich voraussichtlich verhaftet werden. Ein Richter würde der Polizei gestatten, mein Bankschließfach zu öffnen, wenn sie herausbekam, was wahrscheinlich war, dass ich eines besaß. Mr. Richard Link, mein Bankier, würde meinen Namen und/oder mein Gesicht in der Zeitung sehen und zur Polizei gehen. Was würde sie aus meinen biografischen Notizen entnehmen? Dass ich ein Motiv hatte – und sei es noch so verrückt –, Oswald zu ermorden.
    Nein, ich würde zum Kaninchenbau flüchten müssen, den Chevy irgendwo in Oklahoma oder Arkansas verstecken und mit Bus oder Zug weiterfahren. Und wenn ich es schaffte, ins Jahr 2011 zurückzukehren, konnte ich den Kaninchenbau nie mehr benutzen, ohne einen Neustart zu verursachen. Das würde bedeuten, Sadie – entstellt und allein – auf ewig zu verlassen. Natürlich ist er abgehauen, würde sie denken. Er hat so nett von Pockennarben erzählt, die hübsch wie Grübchen sind, aber als er Ellertons Prognose gehört hat – jetzt hässlich, für immer hässlich –, hat er sich schleunigst davongemacht.
    Sie würde es mir vielleicht nicht einmal verübeln. Das war die schrecklichste Möglichkeit von allen.
    Aber nein. Nein. Ich konnte mir eine noch schrecklichere den ken. Was war, wenn ich ins Jahr 2011 zurückkehrte und entdeckte, dass Kennedy trotz allem am 22. November 1963 ermordet worden war? Ich konnte immer noch nicht mit Sicherheit sagen, dass Oswald allein gehandelt hatte. Wie konnte ich behaupten, zehn tausend Verschwörungstheoretiker hätten unrecht, wenn ich selbst nur ein paar kümmerliche Informationen besaß, die auf eigenen Beobachtungen und Lauschangriffen basierten?
    Vielleicht würde ich in Wikipedia nachlesen und entdecken, dass der Schütze doch auf dem Grashügel auf der Lauer gelegen hatte. Oder auf dem Dach des Gerichts- und Ge fängnisgebäudes in der Houston Street – diesmal mit einem Scharf schützengewehr statt mit einem Mannlicher-Carcano aus dem Versandhandel. Oder in der Elm Street in einem Gully versteckt, von dem aus er Kennedys Nahen mit einem Periskop verfolgte, wie einige der wilderen Verschwörungstheoretiker behaupteten.
    De Mohrenschildt arbeitete irgendwie mit der CIA zusammen. Das gestand selbst Al Templeton ein, der sich fast hundertprozentig sicher war, dass Oswald allein gehandelt hatte. Nach Als Überzeugung war de Mohrenschildt nur ein ganz kleiner CIA -Informant, der Klatsch aus Süd- und Mittelamerika weitergab, um seine Ölspekulationen zu befördern. Aber was, wenn er mehr war? Die CIA hasste Kennedy, seit er sich geweigert hatte, die in der Schweinebucht belagerten Partisanen durch amerikanische Truppen heraushauen zu lassen. Seine elegante Beilegung der Raketenkrise hatte diesen Hass noch verstärkt; die Schlapphüte hatten sie als Vorwand dafür benutzen wollen, den Kalten Krieg ein für alle Mal zu beenden, weil es die oft zitierte »Raketenlücke« ihrer Überzeugung nach nicht gebe. Viel davon konnte man in der Tagespresse lesen – manchmal nur zwischen den Zeilen be stimmter Meldungen, gelegentlich auch ganz offen in Leitartikeln.
    Was war, wenn bestimmte Abweichler in der CIA George de Mohrenschildt dazu überredet hatten, einen weit gefährlicheren Auftrag zu übernehmen? Nicht den Präsidenten selbst zu erschießen, sondern mehrere Psychopathen anzuwerben, die bereit sein würden, diesen Job zu übernehmen? Hätte de Mohrenschildt ein solches Angebot angenommen? Ich hielt das für wahrscheinlich. Jeanne und er lebten auf großem Fuß, aber ich hatte keine richtige Erklärung dafür, womit er den Cadillac, den Country Club und ihr weit läufiges Haus in der Simpson Stuart Road finanzierte. Als Sollbruchstelle zwischen dem Präsidenten und einer Behörde, die theoretisch seine Weisungen ausführte, zu fungieren … das war gefährliche Arbeit, aber wenn die Bezahlung attraktiv war, konnte sie einem Menschen, der über seine Verhältnisse lebte, verlockend erscheinen. Und das Honorar brauchte nicht einmal in bar bezahlt zu werden, das war das

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