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Der Anschlag - King, S: Anschlag

Der Anschlag - King, S: Anschlag

Titel: Der Anschlag - King, S: Anschlag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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totzuschütteln. Sadie versperrte dem Mann den Weg und fuchtelte mit dem Messer vor seinem Gesicht herum. Die Haare hingen ihr in die Augen. Ihre Lippen waren zu einer grimmigen schmalen Linie zusammengepresst. Blut aus dem verletzten Arm des Studebaker-Cowboys tropfte auf den Asphalt. Autos flitzten weiter rechts und links an ihnen vorbei. Unglaublicherweise hörte ich jemand rufen: »Machen Sie ihn fertig, Lady!«
    Der Studebaker-Cowboy zog sich in Richtung Gehsteig zurück, wobei er das Messer keine Sekunde aus den Augen ließ. Ohne mich anzusehen, sagte Sadie: »Übernimm du ihn, Jake.«
    Ich wusste nicht gleich, was sie meinte, aber dann fiel mir meine Waffe ein. Ich zog den Revolver aus der Tasche und zielte damit auf ihn. »Sehen Sie den, Tex? Er ist geladen.«
    »Sie sind genauso verrückt wie sie.« Er hielt den verletzten Arm jetzt an die Brust gedrückt, sodass sein Trägerhemd Blutflecken bekam. Sadie lief um den Studebaker herum und riss die Beifahrertür auf. Sie starrte mich übers Autodach hinweg an und machte mit einer Hand eine ungeduldige Bewegung, die mich zur Eile aufforderte. Ich hätte nicht geglaubt, sie jemals noch mehr lieben zu können als ohnehin schon, aber in diesem Augenblick wurde mir klar, dass ich mich getäuscht hatte.
    »Sie hätten einfach das Geld nehmen oder weiterfahren sollen«, sagte ich. »Jetzt will ich sehen, wie Sie rennen können. Also los, sonst schieße ich Ihnen ins Bein, damit Sie gar nicht mehr laufen können.«
    »Du bist ’n Scheißkerl«, sagte er.
    »Ja, das bin ich. Und du bist ein dreckiger kleiner Dieb, der sich gleich ’ne Kugel einfängt.« Ich zog den Hammer zurück. Der Studebaker-Cowboy stellte mich nicht auf die Probe. Er machte kehrt und rannte den Harry Hines Boulevard entlang nach Westen davon: mit gesenktem Kopf, den verletzten Arm an die Brust gedrückt, schimpfend und eine Blutspur hinter sich herziehend.
    »Weiter so, bis zum Love Field Airport!«, rief ich ihm nach. »Drei Meilen weit immer geradeaus! Und grüß mir schön den Präsidenten!«
    »Steig ein, Jake. Wir müssen weg, bevor die Polizei kommt.«
    Ich glitt hinters Lenkrad des Studebakers und verzog dabei das Gesicht, weil mein geschwollenes Knie protestierte. Die Karre hatte Handschaltung, was bedeutete, dass ich mit meinem verletzten Bein die Kupplung treten musste. Ich fuhr den Sitz möglichst weit zurück, wobei der Müll hinter mir knisterte und knackte, und fuhr los.
    »Dieses Messer«, sagte ich. »Ist das …«
    »Ja. Das Messer, mit dem Johnny mich verletzt hat. Sheriff Jones hat es mir nach der gerichtlichen Feststellung der Todesursache zurückgegeben. Er dachte, es gehört mir, und vermutlich liegt er damit richtig. Aber es stammt nicht aus meinem Haus in der Bee Tree Lane. Ich weiß ziemlich sicher, dass Johnny es aus unserem Haus in Savannah mitgebracht hat. Ich habe es seither in meiner Tasche, um mich verteidigen zu können. Nur für den Fall, dass …« Ihre Augen füllten sich mit Tränen. »Und dieser Fall ist jetzt eingetreten, oder? Aber ich bin froh, dass ich’s getan habe.«
    »Steck’s wieder ein.« Ich trat die Kupplung, was schrecklich viel Kraft erforderte, und schaffte es, den zweiten Gang einzulegen. Das Wageninnere stank wie ein Hühnerstall, der seit ungefähr zehn Jahren nicht mehr ausgemistet worden war.
    »Aber dann ist alles voller Blut.«
    »Steck’s trotzdem ein. Du kannst nicht mit einem Messer in der Hand durch die Gegend laufen – vor allem nicht, wenn der Präsident kommt. Schatz, du warst unglaublich tapfer.«
    Sie steckte das Messer weg, dann wischte sie sich mit zu Fäusten geballten Händen die Tränen aus den Augen wie ein kleines Mädchen, das sich das Knie aufgeschürft hat. »Wie spät ist es?«
    »Zehn vor elf. Kennedy landet in vierzig Minuten auf dem Love Field Airport.«
    »Alles ist gegen uns«, sagte sie. »Hab ich recht?«
    Ich sah zu ihr hinüber und sagte: »Jetzt hast du’s kapiert.«
    8
    Wir schafften es bis zur North Pearl Street, bevor der Motor des Studebakers platzte. Unter der Motorhaube quoll Dampf hervor. Irgendetwas Metallisches schepperte auf die Straße. Sadie schrie frustriert auf, hämmerte sich mit der Faust auf den Oberschenkel und gebrauchte mehrere Ausdrücke, die sie nicht auf dem Schoß ihrer Mutter gelernt hatte, aber ich war fast erleichtert. Wenigstens musste ich mich jetzt nicht mehr mit der Kupplung abplagen. Ich kuppelte aus und ließ den dampfenden Wagen an den Straßenrand rollen. Zum Stehen kam

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