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Der Anschlag - King, S: Anschlag

Der Anschlag - King, S: Anschlag

Titel: Der Anschlag - King, S: Anschlag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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trinken?«
    Wenn ich daran dachte, dass meine schöne Sadie jetzt im Leichenschauhaus auf einer Steinplatte lag, hatte ich keine Lust, auf irgend jemand zu trinken. Ich war erfolgreich gewesen, aber der Erfolg schmeckte in meinem Mund wie Asche.
    »Nein.«
    »Ich auch nicht, aber ich bin verdammt froh, dass er lebt. Soll ich Ihnen ein Geheimnis verraten?«
    »Nur zu.«
    »Ich habe für ihn gestimmt. Vielleicht bin ich der einzige Agent im ganzen Bureau, der das getan hat.«
    Ich sagte nichts.
    Hosty sank in einen der beiden Sessel und ließ einen langen Seufzer der Erleichterung hören. Er stellte die Aktentasche zwischen seinen Beinen ab und drehte dann die Flasche, damit er das Etikett lesen konnte. »Ein 1958er. Weinkenner wüssten vermutlich, ob das ein gutes Jahr war, aber ich selbst bin eher ein Biertrinker.«
    »Ich auch.«
    »Dann wird Ihnen das Lone Star schmecken, das unten für Sie bereitsteht. Ein Kasten von dem Zeug, dazu ein gerahmtes Schreiben, das Ihnen für den Rest Ihres Lebens einen Kasten pro Monat garantiert. Und massenhaft Champagner – mindestens zwei Dutzend Flaschen. Von der Handelskammer Dallas bis zum Fremdenverkehrsamt haben alle eine geschickt. Sie haben einen original verpackten Zenith-Farbfernseher, einen goldenen Siegelring mit dem Bildnis des Präsidenten von Calloway’s Fine Jewelry, einen Gutschein für drei Anzüge von Dallas Menswear und alles mögliche weitere Zeug, darunter die Stadtschlüssel. Die Hoteldirektion hat ein Zimmer im ersten Stock für Ihre Geschenke reserviert, und ich vermute, dass morgen früh ein zweites dazukommen muss. Und all das Essen! Die Leute bringen Kuchen und anderes Gebäck, Aufläufe, Braten aller Art, Grillhähnchen und genügend mexikanische Gerichte für fünf Jahre Durchfall. Wir weisen sie alle ab, und sie ziehen äußerst ungern wieder ab, das kann ich Ihnen flüstern. Draußen vor dem Hotel sind Frauen, die … Na, ich sage bloß, dass selbst Jack Kennedy neidisch wäre, und der ist ein legendärer Frauenheld. Sie würden nicht glauben, was Hoover über das Sexleben dieses Mannes in seinen Akten hat.«
    »Sie wären vielleicht überrascht, was ich alles glauben kann.«
    »Dallas liebt Sie, Amberson. Teufel, das ganze Land liebt Sie.« Er lachte. Aus dem Lachen wurde ein Husten. Als es vorbei war, zündete er sich eine Zigarette an. Dann sah er auf seine Armbanduhr. »Seit einundzwanzig Uhr sieben Central Standard Time am 22. November 1963 sind Sie Amerikas absoluter Liebling.«
    »Was ist mit Ihnen, Hosty? Lieben Sie mich? Liebt Hoover mich?«
    Er legte seine Zigarette nach nur einem Zug im Aschenbecher ab, beugte sich vor und spießte mich mit seinem Blick auf. Obwohl die in tiefen Höhlen liegenden Augen müde gewirkt hatten, funkelten sie plötzlich hellwach.
    »Sehen Sie mich an, Amberson. Direkt in die Augen. Erzählen Sie mir dann, dass Sie nicht Oswalds Komplize waren. Aber sagen Sie die Wahrheit, ich merke nämlich, wenn Sie lügen.«
    Angesichts seines ungeheuerlichen Versagens im Fall Oswald glaubte ich das zwar eher nicht, aber ich glaubte, dass er es glaubte. Also sah ich ihm in die Augen und sagte: »Das war ich nicht.«
    Er antwortete nicht gleich. Dann seufzte er, lehnte sich zurück und griff wieder nach seiner Zigarette. »Nein, das waren Sie nicht.« Er stieß Rauch aus den Nasenlöchern aus. »Für wen arbeiten Sie also? Die CIA ? Vielleicht die Russen? Ich sehe das nicht so, aber Hoover glaubt, dass die Russen bereitwillig einen Schläfer opfern würden, um ein Attentat zu verhindern, das einen internationalen Zwischenfall auslösen könnte. Vielleicht sogar den Dritten Weltkrieg. Vor allem wenn die Leute von Oswalds Aufenthalt in Russland hören.« Hosty sprach Russland wie der Fernsehprediger Hargis in seinen Sendungen aus. Vielleicht hielt er das für witzig.
    Ich sagte: »Ich arbeite für niemand. Ich bin ein ganz normaler Bürger, Hosty.«
    Er deutete mit seiner Zigarette auf mich. »Darauf kommen wir noch zurück .« Er öffnete die Aktentasche und zog eine Akte heraus, die noch dünner als die Akte Oswald war, die ich auf Currys Schreibtisch gesehen hatte. Es war meine Akte, die aber allmählich anwachsen würde … wenn auch nicht so schnell, wie sie es im 21. Jahrhundert mit Computerhilfe getan hätte.
    »Vor Dallas waren Sie in Florida. In der Kleinstadt Sunset Point.«
    »Ja.«
    »Sie waren Aushilfslehrer im Schulbezirk Sarasota.«
    »Korrekt.«
    »Davor waren Sie unseren Recherchen nach eine Zeit lang in …

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