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Der Anschlag - King, S: Anschlag

Der Anschlag - King, S: Anschlag

Titel: Der Anschlag - King, S: Anschlag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Weg den Flur entlang zu Chief Currys Dienstzimmer, und da hatten Fritz und Hosty, zwei große Kerle, mich untergefasst und ziemlich abgeschirmt. Außerdem hatte ich wegen der grellen Scheinwerfer den Kopf gesenkt gehalten. In Jodie gab es massenhaft Fotos von mir – sogar eine Porträtaufnahme im DCHS -Jahrbuch für das Jahr, in dem ich dort voll unterrichtet hatte –, aber in dieser Ära vor JPEG -Bildern oder auch nur Telefaxen würde es bis Dienstag oder Mittwoch kommender Woche dauern, bevor sie aufgespürt und veröffentlicht werden konnten.
    »Hier ist eine Geschichte für Sie«, sagte Hosty. »Sie mögen Geschichten, oder? Welche wie diese mit der offenen Tür.«
    »Ich bin Englischlehrer. Ich liebe Geschichten geradezu.«
    »Dieser Bursche, dieser George Amberson, ist so untröstlich über den Tod seiner Freundin …«
    »Verlobten.«
    »Verlobten, richtig. Er ist so tief betrübt, dass er den ganzen Krempel hinwirft und einfach abhaut. Will nichts mit der Öffentlichkeit, geschenktem Champagner, Orden vom Präsidenten oder Konfettiparaden zu tun haben. Er will nur fort und seinen Verlust in aller Stille betrauern. Amerikaner lieben solche Storys. Im Fernsehen kriegen sie die dauernd vorgesetzt. Statt ›Die offene Tür‹ heißt sie ›Der bescheidene Held‹. Und dann gibt es diesen FBI -Agenten, der bereit ist, jedes Wort zu bestätigen und sogar eine Erklärung zu verlesen, die Sie zurückgelassen haben. Na, wie klingt das?«
    Das klang wie Manna vom Himmel, aber ich ließ mein Pokergesicht aufgesetzt. »Sie scheinen sich sehr sicher zu sein, dass ich verschwinden kann.«
    »Das sind wir.«
    »Und Sie meinen es wirklich ernst, wenn Sie sagen, dass ich nicht auf Befehl des Direktors auf dem Boden des Trinity River verschwinden werde?«
    »Nichts dergleichen.« Er lächelte. Das Lächeln sollte beruhigend wirken, aber es erinnerte mich an eine Redensart aus meiner Jugend: Keine Sorge, du wirst nicht schwanger, ich hatte mit vierzehn Mumps.
    »Weil ich vielleicht eine kleine Rückversicherung habe, Agent Hosty?«
    Ein Augenlid zuckte. Das war das einzige Anzeichen dafür, dass diese Vorstellung ihm Sorgen machte. »Wir glauben, dass Sie verschwinden können, weil wir annehmen … sagen wir einfach, dass Sie Unterstützung anfordern können, sobald Sie Dallas verlassen haben.«
    »Keine Pressekonferenz?«
    »Das ist das Letzte, was wir wollen.«
    Er öffnete die Aktentasche wieder und zog einen Schreibblock heraus. Er legte ihn mir zusammen mit dem Füller aus der Brusttasche seines Jacketts vor mich hin. »Schreiben Sie mir einen Brief. Fritz und ich finden ihn, wenn wir Sie morgen früh abholen kommen, aber Sie können als Anrede ›An alle, die es angeht‹ schreiben. Sehen Sie zu, dass er gut wird. Dass er genial wird. Das schaffen Sie doch, oder?«
    »Klar«, sagte ich. »Phantastische Geschichten aus dem Stegreif sind meine Spezialität.«
    Er grinste humorlos und griff nach der Champagnerflasche. »Vielleicht koste ich davon, während Sie dichten. Sie kriegen allerdings nichts. Vor Ihnen liegt eine lange Nacht. Viele Meilen, bevor Sie zum Schlafen kommen, und so weiter.«
    10
    Ich gab mir viel Mühe beim Schreiben, aber ich brauchte trotzdem nicht lange. In einem Fall wie diesem (nicht dass es in der gesamten Weltgeschichte jemals einen vergleichbaren Fall gegeben hätte) hielt ich kürzer für besser. Dabei konzentrierte ich mich vor allem auf Hostys Idee von dem bescheidenen Helden. Ich war froh, dass ich die Chance, ein paar Stunden zu schlafen, genutzt hatte. Es war zwar ein unruhiger Schlaf gewesen, durchsetzt mit Albträumen, aber mein Kopf war relativ klar.
    Als ich fertig war, war Hosty beim dritten Glas Champagner angelangt. Er hatte verschiedene Gegenstände aus seiner Aktentasche geholt und auf dem Couchtisch verteilt. Ich gab ihm den Block, und er las, was ich geschrieben hatte. Draußen donnerte es wieder, und Blitze erhellten kurz den Nachthimmel, aber ich glaubte, dass das Gewitter noch weit entfernt war.
    Während Hosty las, begutachtete ich die Sachen auf dem Couchtisch. Dort lag zum Beispiel meine Timex, die ich aus irgendeinem Grund nicht mit meinem sonstigen Eigentum zurückbekommen hatte, als wir das Revier verlassen hatten. Und eine schwarze Hornbrille. Ich probierte sie auf und stellte fest, dass die Gläser aus Fensterglas waren. Weiterhin ein aus einem Hohlzylinder bestehender Schlüssel ohne Einkerbungen. Ein Briefumschlag mit schätzungsweise tausend Dollar in Zwanzigern

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