Der Anschlag - King, S: Anschlag
waren das Zeitreisen mit eingebautem Sicherheitsschalter.
Das war beruhigend, aber in einer Welt, in der Farbfernseher der größte technische Durchbruch in der Unterhaltungselektronik waren, ein solches Handy mit sich herumzutragen war keineswegs tröst lich. Sollte ich damit angetroffen werden, würde ich zwar nicht als Hexe auf dem Scheiterhaufen enden, aber ich konnte von der hiesigen Polizei verhaftet und eingesperrt werden, bis einige von Edgar J. Hoovers Jungs aus Washington eintrafen, um mich zu vernehmen.
Ich legte es aufs Bett, dann holte ich alles Kleingeld aus meiner rechten Hosentasche. Die Münzen teilte ich in zwei Häufchen. Die von 1958 und früher wanderten wieder in meine Tasche. Die aus der Zukunft kamen in einen Briefumschlag aus der Schreibtischschublade (in der auch eine Gideon-Bibel und die Speisekarte des Hi-Hat lagen). Ich zog mich an, nahm den Schlüssel mit und verließ das Zimmer.
Draußen war das Zirpen der Grillen viel lauter. Am Nachthimmel hing eine schmale Mondsichel. Die Sterne am übrigen Himmel hatte ich noch nie so funkelnd und nahe gesehen. Auf der 196 brummte ein Lastwagen vorbei, dann herrschte wieder Stille. Ich war hier auf dem Land, und das Land schlief. In der Ferne pfiff ein Güterzug ein Loch in die Nacht.
Auf dem Hof standen nur zwei Wagen, und die dazugehörigen Zimmer waren dunkel. Das Gleiche galt für die Rezeption. Ich kam mir wie ein Verbrecher vor, als ich das Feld hinter dem Rasthof betrat. Hohes Gras streifte die Beine meiner Jeans, die ich morgen gegen die neuen Ban-Lon-Slacks eintauschen würde.
Ein Gitterzaun begrenzte das Motelgrundstück. Dahinter lag ein kleiner Teich, eigentlich nur ein Weiher. In seiner Nähe schliefen ein halbes Dutzend Kühe in der warmen Nacht. Eine davon sah zu mir, als ich über den Zaun kletterte und zu dem Weiher ging. Dann verlor sie das Interesse an mir und ließ den Kopf wieder sinken. Sie reagierte auch nicht, als mein Nokia-Handy ins Wasser klatschte. Den Umschlag mit den Münzen klebte ich zu und warf ihn hinterher. Dann ging ich auf demselben Weg zurück und blieb an einer Ecke des Hauptgebäudes stehen, um mich zu vergewissern, dass der Hof weiter leer war. Das war er.
Ich schlüpfte in mein Zimmer, zog mich aus und war fast augenblicklich eingeschlafen.
Kapitel 6
KAPITEL 6
1
Am nächsten Morgen holte mich der kettenrauchende Taxifahrer ab, und als er mich bei Titus’ Chevron-Tankstelle absetzte, war das Cabrio noch da. Damit hatte ich gerechnet, aber es war trotzdem eine Erleichterung. Ich trug ein unscheinbares, graues Sportsakko, das ich bei Mason’s Menswear von der Stange gekauft hatte. Meine neue Geldbörse aus Straußenleder steckte sicher in der Innentasche und war mit fünfhundert Dollar aus Als Bargeldbeständen gespickt. Titus kam herüber, während ich den Ford bewunderte, und wischte sich die Hände mit einem Lappen ab, der dem gestrigen täuschend ähnlich sah.
»Ich habe darüber geschlafen, und ich will ihn«, sagte ich.
»Das ist gut«, sagte er, dann machte er ein bedauerndes Gesicht. »Aber ich hab auch drüber geschlafen, Mr. Amberson, und es entsprach wohl nicht ganz der Wahrheit, als ich gesagt hab, über den Preis könnten wir noch reden. Wissen Sie, was meine Frau heute Morgen gesagt hat, als wir unsere Pfannkuchen gegessen haben? Sie hat gesagt: ›Bill, du wärst ein Idiot, wenn du den Sunliner für weniger als drei fünfzig hergeben würdest.‹ Und sie hat gesagt, es sei verdammt dämlich von mir gewesen, den Preis so niedrig anzusetzen.«
Ich nickte, als hätte ich das erwartet. »Okay«, sagte ich.
Er wirkte überrascht.
»Ich sage Ihnen, was ich tun kann, Mr. Titus. Ich kann Ihnen einen Scheck über drei fünfzig ausstellen – einen gedeckten Scheck, Hometown Trust, Sie können anrufen und sich erkundigen – oder dreihundert Dollar in bar auf die Hand zahlen. Weniger Papierkram, wenn wir es so machen. Was sagen Sie dazu?«
Titus grinste und ließ dabei verblüffend weiße Zähne sehen. »Ich sage, dass sie sich draußen in Wisconsin aufs Handeln verstehen. Sagen wir drei zwanzig, dann lege ich eine Plakette und ein Zweiwochenkennzeichen drauf, und Sie können gleich losbrausen.«
»Drei zehn.«
»Ah, Sie quetschen mich aus«, sagte er, aber ich merkte ihm an, dass ihm das Spaß machte. »Legen Sie einen Fünfer drauf, dann sind wir uns einig.«
Ich streckte ihm die Hand hin. »Dreihundertfünfzehn – abgemacht!«
»Jawollja!« Diesmal schüttelte er mir die Hand,
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