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Der Anschlag - King, S: Anschlag

Der Anschlag - King, S: Anschlag

Titel: Der Anschlag - King, S: Anschlag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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beiden Jugendlichen sahen sich abermals an und hielten wieder ihre stumme Zwiesprache mit Blicken. Das dauerte sehr lange – vielleicht zehn Sekunden lang. Es war ein langer Blick von der Art, wie Liebende ihn tauschten, aber diese Teenager waren bestimmt kein Liebespaar. Allerdings gewiss gute Freunde. Enge Freunde, die gemeinsam etwas Schlimmes durchgemacht hatten.
    »Tuggas Familie wohnt in der Cossut Street«, sagte Richie schließlich. So klang es jedenfalls.
    »Cossut?«
    »So wird es hier ausgesprochen«, erklärte Beverly mir. » K-O-S-S-U-T-H. Cossut.«
    »Verstanden.« Die einzige Frage war nun, wie viel diese beiden über unsere verrückte Unterhaltung am Rand der Barrens ausplau dern würden.
    Beverly betrachtete mich mit ernstem, beunruhigtem Blick. »Aber ich kenne Tuggas Dad, Mr. Amberson. Er arbeitet im Center Street Market. Er ist ein netter Mann, der immer lächelt. Er …«
    »Der nette Mann wohnt nicht mehr daheim«, unterbrach Richie sie. »Seine Frau hat ihn rausgeworfen.«
    Sie wandte sich ihm mit erstaunt aufgerissenen Augen zu. »Hat Tug dir das erzählt?«
    »Nee. Ben Hanscom. Tug hat’s ihm erzählt.«
    »Er bleibt trotzdem ein netter Mann«, sagte Beverly mit dünner Stimme. »Lacht viel, macht immer Scherze und ist kein Grapscher.«
    »Auch Clowns reißen Witze«, sagte ich. Beide fuhren zusammen, als hätte ich sie wieder in das empfindliche Nervenbündel gezwickt. »Das macht sie noch längst nicht nett.«
    »Das wissen wir«, flüsterte Beverly. Sie betrachtete ihre Hände. Dann sah sie zu mir auf. »Wissen Sie von der Schildkröte?« Sie sprach das Wort Schildkröte mit eigenartiger Betonung aus.
    Ich weiß von den Teenage Mutant Ninja Turtles, wollte ich sagen, ließ es dann aber doch bleiben. Für Leonardo, Donatello, Raphael und Michelangelo war es Jahrzehnte zu früh. Ich schüttelte nur den Kopf.
    Sie sah zweifelnd zu Richie hinüber. Er musterte mich, dann sah er wieder sie an. »Aber er ist gut. Ich bin mir ziemlich sicher, dass er gut ist.« Sie berührte mein Handgelenk. Ihre Finger waren kalt. »Mr. Dunning ist ein netter Mann. Und dass er nicht mehr zu Hause lebt, bedeutet nicht, dass er das nicht ist.«
    Ein überzeugendes Argument. Meine Frau hatte mich verlassen, aber nicht, weil ich nicht nett war. »Das weiß ich.« Ich stand auf. »Ich werde eine Zeit lang in Derry sein, und es wäre gut, nicht allzu viel Aufmerksamkeit zu erregen. Könnt ihr beide für euch behalten, worüber wir gesprochen haben? Ich weiß, dass das viel verlangt ist, aber …«
    Sie wechselten einen Blick, dann brachen sie in Gelächter aus.
    Als Beverly wieder sprechen konnte, sagte sie: »Wir können ein Geheimnis bewahren.«
    Ich nickte. »Das könnt ihr bestimmt. Ihr habt diesen Sommer eine ganze Reihe bewahrt, möchte ich wetten.«
    Darauf gaben sie keine Antwort.
    Ich wies mit dem Daumen auf die Barrens. »Habt ihr jemals dort unten gespielt?«
    »Früher mal«, sagte Richie. »Jetzt nicht mehr.« Er stand auf und klopfte sich die Sitzfläche seiner Jeans ab. »War nett, mit Ihnen zu reden, Mr. Amberson. Lassen Sie sich hier nicht übers Ohr hauen.« Er zögerte. »Seien Sie vorsichtig in Derry. Ist zwar besser geworden hier, aber ich glaube kaum, dass jemals alles, Sie wissen schon, ganz in Ordnung kommt.«
    »Danke. Ich danke euch beiden. Vielleicht hat auch die Familie Dunning eines Tages Grund, euch zu danken, aber wenn alles so klappt, wie ich hoffe …«
    »… wird sie nie etwas ahnen«, ergänzte Beverly für mich.
    »Genau.« Dann fiel mir etwas ein, was Fred Toomey gesagt hatte: »Die Antwort ist rrrichtig. Passt gut auf euch beide auf.«
    »Das tun wir«, sagte Beverly und kicherte dann wieder. »Waschen Sie weiter Ihre Sachen in Ihrem Norgie, Georgie.«
    Ich tippte lässig mit zwei Fingern an die Krempe meines neuen Strohhuts und machte Anstalten zu gehen. Dann fiel mir etwas ein, und ich drehte mich noch einmal zu ihnen um. »Spielt der Plattenspieler auch Dreiunddreißiger?«
    »Sie meinen Langspielplatten?«, fragte Richie. »Nee. Das kann unsere Stereoanlage zu Hause. Der von Bevvie ist nur eine kleine Kiste, die mit Batterien läuft.«
    »Pass auf, wie du von meinem Plattenspieler sprichst, Tozier«, sagte Beverly. »Ich hab lange genug auf ihn gespart.« Sie wandte sich an mich. »Er spielt nur Achtundsiebziger und Fünfundvierziger. Nur hab ich leider das Ding für das Loch in den Fünfundvierzigern verloren, sodass er jetzt nur Achtundsiebziger

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