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Der Apotheker: Roman (German Edition)

Der Apotheker: Roman (German Edition)

Titel: Der Apotheker: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clare Clark
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umklammerten seine knochigen Hände die Lehnen.
    »Wo bist du, du dreckige Fotze?«
    »Sehr freundlich. Nun gut, wenn Sie nicht mit mir sprechen wollen …«
    »Komm zurück, du stinkende Schlampe. Wie kannst du es wagen?«
    »Wie ich es wagen kann?«, erwiderte ich sanft. »Mr Black, wenn Sie Mary wiedersehen möchten, würde es Ihnen besser anstehen, mir ein wenig mehr Höflichkeit entgegenzubringen.«
    »Sie gehört mir«, murmelte er schwer atmend. »Du hast etwas gestohlen, was mir gehört, das weißt du. Du bist eine Hure und eine Diebin.«
    »Sie liegt in den Wehen«, sagte ich leichthin.
    Mr Black starrte mich an, seine Pupillen weiteten sich wie Tintenkleckse. Hinter ihm keuchte Mrs Black erschrocken auf.
    »Sie …«
    »Das Kind kommt wahrscheinlich morgen früh.«
    »Morgen früh«, wiederholte er schwer atmend.
    »Sie können es haben. Wenn Sie gemäß meinen Bedingungen zahlen.«
    »Das ist Erpressung!«
    »Erpressung? Nein, Sir. Es sind noch Rechnungen zu begleichen. Die Gesetze dieser Stadt besagen eindeutig, dass alle derartigen Ausgaben vom leiblichen Vater des Kindes zu tragen sind.«
    »Du …«
    »Wenn Sie sich weigern, werde ich anderswo einen Wohltäter für das Kind finden. Sie sind sicherlich nicht der Einzige in London, der sich für Missgeburten interessiert.«
    Die Augen des Apothekers wurden immer größer, während er um Atem und Haltung rang.
    »Nein! Ich lasse mich nicht … von einer gemeinen Dirne … erpressen.« Seine Worte verloren sich erneut in einem Hustenanfall. Er wand sich keuchend auf seinem Stuhl.
    »Wie Sie möchten«, sagte ich. »Gute Nacht, Mr Black.«
    Ich winkte in Richtung der Fackel. Der Gaukler schwenkte sie zum Zeichen der Antwort. Gemächlich schlenderte ich davon, hoffte dabei aber inständig, dass ich den Apotheker nicht falsch eingeschätzt hatte.
    »Nein!«, rief Mr Black hinter mir her. »Nein! Komm zurück!«
    Ich blieb stehen, drehte mich aber nicht um.
    »Komm zurück!«, sagte er noch einmal. Diesmal war unverkennbar herauszuhören, dass er sich geschlagen gab.
    Die Vereinbarung entsprach im Großen und Ganzen meinen Erwartungen. Mr Black würde mir als Vorleistung auf der Stelle zwei Guineen geben. Den Rest sollte ich erhalten, wenn ich Mary und das Kind zurückbrachte. Der Apotheker wies seine Frau an, das Geld aus dem Tresor zu holen. Sie zählte es mir auf die Hand, aber so, als wäre jede einzelne Münze vergiftet.
    »Du widerliche Blutsaugerin, wie kannst du hierherkommen, wenn sie in den Wehen liegt? Was, wenn sie in der Zwischenzeit stirbt? Hast du nicht das geringste Mitgefühl?«
    »Mrs Black!«, krächzte der Apotheker. »Halten Sie den Mund!«
    Was Mrs Black auch tat. Als ich aufsah, starrte sie mich mit ihren stechenden Augen an, als wollte sie mir ihren Abscheu ins Gesicht ätzen. Ich verspürte kurz den Drang, die Wahrheit zu gestehen. Als ich jedoch das gierige Gesicht des Apothekers sah, verschloss sich mein Herz sofort wieder.
    »Und auch Ihnen eine gute Nacht, Madam«, sagte ich leise, nickte dem Apotheker zu und eilte davon.
    Am folgenden Abend kam ich zurück, ein eingewickeltes Bündel im Arm. Kaum hatte ich an die Tür geklopft, machte Mrs Black auch schon auf. Ich schob mich, das Bündel umklammernd, an ihr vorbei und lief die Treppe hoch, bevor sie mich aufhalten konnte. Erst vor dem Arbeitszimmer des Apothekers blieb ich stehen. Ich klopfte einmal an die Tür und trat ein.
    Der Apotheker lag ausgestreckt auf der Couch. Er schaffte es kaum, den Kopf zu heben, als ich hereinkam, aber seine Augen flackerten, und er wedelte mit den Händen vor seinem Gesicht.
    »Ist es da?«, stieß er atemlos hervor. »Und ist es, ist es …?«
    Ich kniete mich vor ihm hin und streckte ihm mit verkniffenem Gesicht das Bündel entgegen. »Sie sind wahrlich ein Werkzeug des Satans«, sagte ich ruhig.
    Mr Blacks Hände zitterten heftig, als er an dem Tuch nestelte. »Näher!«
    Ich hörte, wie sich hinter mir die Tür öffnete und Mrs Black gemessenen Schrittes das Zimmer durchquerte. Wortlos blieb sie neben mir stehen. Ich rückte noch näher an den Apotheker heran und zog dem Wesen das Tuch vom Gesicht. Mrs Black keuchte auf. Sie hielt sich die Hand vor den Mund. Beim Apotheker hingegen strafften sich die Nackenmuskeln derart, dass sich seine gelbe Haut über die spitzen Wangenknochen spannte. Einen Augenblick wünschte ich, er wäre tot. Dann entspannte sich seine Miene, und sein Mund verzog sich zu einem schlaffen, schrecklichen

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