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Der Apotheker: Roman (German Edition)

Der Apotheker: Roman (German Edition)

Titel: Der Apotheker: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clare Clark
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waren rot und entzündet, die Lider verkrustet. Am Hals bildeten sich Furunkel, und die Zähne taten mir weh. Deshalb aß ich auch nur wenig von dem harten, knorpeligen Hammelfleisch, das mir Mrs Black anstelle von Rind vorsetzte. Mein Appetitmangel erzürnte sie. Wenn ich den Teller beiseiteschob, packte sie ihn und stocherte mit den Fingern in dem Essen herum, das ich kaum angerührt hatte. Das Fleisch solle mich kräftigen, fuhr sie mich an. Der Apotheker werde wütend, wenn ich nichts äße. Es würde keinen guten Eindruck machen, wenn jemand in seinem Haushalt krank sei. Die Leute würden reden.
    Ich hörte sie kaum. Die Worte klapperten in meinem Kopf wie Würfel in einem Becher und waren ebenso schnell wieder verklungen. Ich erledigte meine nicht enden wollenden Pflichten, als läge ein grauer Schleier des Elends und der Erschöpfung auf mir. Ich hörte auf, an den Wurm zu denken. Mir fehlte sogar die Kraft, mich zu sorgen, was aus mir werden würde. Ich fürchtete, den Verstand zu verlieren. Und manchmal bedauerte ich, ihn nicht verloren zu haben.
    Am sechsten Tag bekam ich Blutungen. Als ich die klebrige Feuchtigkeit zwischen den Schenkeln spürte, wusste ich zuerst nicht, was geschehen war. Erst als ich die Röcke hob und die rostfarbenen Flecken auf meiner Haut und den blutverschmierten Unterrock sah, begriff ich. Die Schmerzen ließen nicht lange auf sich warten und versetzten mich in ein verzweifeltes Hochgefühl. Endlich, endlich war es so weit. Das Warten war vorüber. Triumphierend schleppte ich mich zur Dachkammer hinauf. Die Schmerzen wurden stärker. Ich klammerte mich an das Treppengeländer, als sich vom Rücken her ein neuer Krampf wie ein Metallband um mich legte, das sich immer enger zusammenzog. Laut stöhnend ergab ich mich den Schmerzen, spornte sie sogar noch an und biss mir auf die Lippe, um sie leichter zu ertragen. Ich hatte von ihnen nichts zu befürchten. Jeder Krampf brachte mich der Erlösung, der Rettung näher. Ich bog den Rücken durch, das Gesicht schweißnass, und schmeckte Blut im Mund. Ich versuchte nicht mehr, mich zu bewegen. In diesem Zustand fand mich Mrs Black. Vollkommen erschöpft, die Arme um den Bauch geschlungen, kauerte ich auf den Stufen. Als die Krämpfe nachließen und ich wieder Atem schöpfen konnte, sah ich sie an und begann zu lachen, so laut und hysterisch, dass sie mich erschrocken anstarrte.
    An beiden Armen, aber keineswegs grob, zog sie mich hoch. Als sie Mary auftrug, mir etwas Wein und eine Wärmepfanne zu bringen, lag in ihrer Stimme kein so steifer Ton wie sonst. Nachdem sie mir in die Dachkammer und ins Bett geholfen hatte, stopfte sie mir ein Kissen in den Rücken und riet mir, so aufrecht zu sitzen wie nur möglich. Durch meine halb geschlossenen Lider sah ich die Wölbung der Kuppel, deren Konturen sich gebieterisch gegen den grauen Himmel abhoben. Der Schmerz kam schubweise und in heftigen Krämpfen, als schnürte mir der Teufel selbst das Mieder zu. In den Atempausen dazwischen starrte ich auf das schimmernde Kreuz auf der Kuppel, und bei jeder neuen Schmerzwelle konnte ich es hinter meinen zusammengepressten Lidern sehen, rot wie Blut. Ich spürte, wie mir die Kräfte schwanden, und das Gefühl der Befreiung verflog.
    Ich wusste, ich würde sterben.
    Der Himmel verdüsterte sich allmählich, Wolkenfetzen verteilten sich über das dunkler werdende Blau. Der Apotheker kam herauf und unterhielt sich an der Tür eindringlich flüsternd mit meiner Herrin. Das goldene Kreuz der Kuppel nahm eine zarte Bronzetönung an, die schließlich in ein dunkles, samtiges Bleigrau überging. Bei Einbruch der Dunkelheit hatten die Krämpfe ein wenig nachgelassen und waren die Ruhepausen dazwischen länger geworden. Mrs Black legte mir einen heißen Wickel um den Bauch. Sie wollte mich nicht einschlafen lassen, obwohl mir vor Müdigkeit die Augen zufielen und mein Kopf ganz benebelt war. Um mich wachzuhalten, flößte sie mir warmen Wein mit Kräutern ein und massierte mir die Schultern mit einem streng riechenden Öl. Sie aß nicht zu Abend, trug aber Mary auf, dem Herrn etwas zu essen zu machen. Sie harrte bei mir aus und ließ mich nicht aus den Augen. Als der Nachtwächter die zwölfte Stunde ausrief, hatten die Blutungen aufgehört. Mary musste die beschmutzten Leintücher zum Waschen hinunterbringen. Schließlich löschte Mrs Black die Kerze und wünschte mir eine gute Nacht. Das Kissen nahm sie mit.
    Ich legte mich vorsichtig auf den Rücken und sog

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