Der Archipel in Flammen
hatte noch keinerlei Wirkung getan und die Frage, ob sich die Mächte dem Sultan gegenüber nicht bloß auf offiziöse Noten, also völlig platonische Schritte beschränkten, lag äußerst nahe.
Zudem schienen die Türken, durch ihre Erfolge geblendet, von irgendwelchem Verzicht auf ihre Forderungen nicht das geringste wissen zu wollen. Trotz der beiden Geschwader, die jetzt im ägyptischen Meere kreuzten – eines britischen unter dem Kommando des Admirals Corington und eines französischen unter Admiral Rigny, – und trotzdem die griechische Regierung, um die Verhandlung unter besserer Sicherheit führen zu können, ihren Sitz nach Aegina verlegt hatte: entwickelten die Türken einen Starrsinn, der ganz danach angetan war, die Dinge, wenn sie nicht schon zum äußersten gelangt waren, zum äußersten zu treiben. Der Standpunkt der Türken war übrigens recht wohl begreiflich, angesichts der Flotte von 92 Schiffen türkischer, ägyptischer und tunisischer Flagge, die seit dem 7. September in der weiten Reede von Navarino lag, und die dem türkischen Befehlshaber Ibrahim Pascha ein unermeßliches Kriegsmaterial zuführte zur Deckung aller für einen Feldzug gegen die Hydrioten notwendigen Erfordernisse.
Und gerade Hydra war der Platz, wo Henry d'Albaret wieder zu dem Freiwilligen-Korps stoßen wollte. Diese an der Spitze von Argolis gelegene Insel ist eine der reichsten im ganzen Archipel. Blut und Geld hatte sie für die Sache der Hellenen in reichem Maße geopfert, ihre unerschrockenen Söhne Tombasis, Miaulis, Tsamados waren die Schrecken aller türkischen Seefahrer geworden, und nun drohte ihr die schrecklichste Vergeltung.
Henry d'Albaret mußte also, wenn er den Soldaten Ibrahims noch in Hydra zuvorkommen wollte, Korfu schnell verlassen. Infolgedessen setzte er seine Abfahrt auf den 21. Oktober fest.
Ein paar Tage vorher suchte der junge Offizier, gemäß seiner Absprache mit Hadschina, Elisundo auf und hielt um die Hand seiner Tochter an. Er verhehlte ihm nicht, daß sich Hadschina glücklich schätzen würde, wenn er seinem Antrage zustimmte. Zudem kam ja für's erste bloß seine Einwilligung in Betracht, denn die Hochzeit sollte erst nach Henrys Rückkehr aus dem Feldzug gefeiert werden. Lange würde übrigens, wenigstens hoffte er so, seine Abwesenheit nicht dauern.
Dem Bankier waren die Verhältnisse des jungen Offiziers, seine Stellung, sein Vermögen, die Achtung, in welcher seine Familie in Frankreich stand, zur Genüge bekannt. In dieser Hinsicht war irgend welche Auseinandersetzung nicht von nöten. Nicht anders stand es auf seiner Seite. Sein Ruf stand außer Frage, über sein Haus hatte niemals das geringste verlautet, was dessen Ansehen hätte gefährden können. Da Henry d'Albaret mit keinem Worte die Vermögensverhältnisse des Bankiers berührte, unterließ dies auch der Bankier. Ueber den Antrag selbst sprach er sich günstig aus und gab seine Zustimmung: da er einzig und allein das Glück seines Kindes im Auge hätte, könne ihn selber der Antrag des Offiziers nur glücklich machen.
Die ganze Unterhaltung wurde in ziemlich kühlem Tone geführt: wichtig dabei war zunächst nur, daß sie überhaupt zustande gekommen war. Henry d'Albaret hatte jetzt das Wort des Bankiers, und der Bankier erhielt hierfür den Dank von seiner Tochter, den er mit seiner gewohnten Zurückhaltung entgegennahm.
Alles schien also zur größten Zufriedenheit des jungen Paares zu verlaufen, aber auch, wie nicht ungesagt bleiben darf, zur höchsten Freude des alten Xaris. Der vortreffliche Mensch weinte wie ein Kind und hätte den jungen Offizier für sein Leben gern geherzt und geküßt.
Die Zeit, die Henry nun noch bei Hadschina verweilen konnte, war nur noch kurz. Die Brigg, auf der er sich einschiffen wollte, sollte von Korfu am 21. laufenden Monats nach Hydra in See gehen. Das junge Paar wich kaum voneinander. In süßem Geplauder saßen sie in der untern Stube, im Erdgeschoß des düstern Gebäudes, sprachen von der Zukunft, die ihnen gehörte, wenn auch die Gegenwart ihnen noch entrönne. Darüber vergaßen sie aber der griechischen Sache nicht, in deren Dienst sich Henry wieder stellte.
So kam der 20. Oktober heran, der letzte Tag, der ihnen blieb, denn der andere Tag stand für die Abfahrt des Offiziers fest. Wieder saßen sie unten in dem großen Wohnraume und plauderten, als plötzlich Xaris hineingestürmt kam.
Er fand keine Worte. Er war außer Atem. Er war gerannt, gerannt wie ein Toller! In
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