Der Archipel in Flammen
getroffen.
"Es geht nicht, Hadschina ... es geht nicht!" wiederholte Elisundo. "Es kann nichts draus werden!"
"Vater, wirst du mir sagen, warum du dein Wort zurücknimmst, das du ihm und mir gegeben?" fragte das junge Mädchen; "du weißt, es ist meine Gewohnheit nicht, darüber zu rechten, was du als deinen Willen erklärt hast, und auch heute wird das geschehen, gleichviel wie du entscheidest! ... Aber wirst du mir den Grund sagen, weshalb ich auf die Heirat mit Henry d'Albaret verzichten muß?"
"Weil es sein muß, Hadschina! weil du das Weib eines andern werden mußt!" murmelte Elisundo.
So leise er auch gesprochen hatte, das Mädchen hatte doch verstanden.
"Eines andern!" wiederholte sie, von diesem zweiten Schlage nicht minder grausam getroffen als von dem ersten ... "und dieser andere ... wer ist das?"
"Kapitän Starkos!"
"Den Menschen? ... den?"
Unwillkürlich entschlüpften diese paar Worte Hadschinas Lippen. Sie mußte sich am Tische festhalten, um nicht umzusinken.
Dann rief sie, in einer letzten Aufwallung gegen diese Entschließung sich wehrend:
"Vater, in diesem Befehle, den du mir wohl gar wider Willen gibst, liegt etwas mir Unerklärliches! liegt ein Geheimnis versteckt, das du mir nicht sagen magst!"
"Frage mich nicht!" schrie Elisundo, "frage mich nichts!"
"Nichts fragen soll ich? ... Vater! Vater! ... Nun, es sei ... Aber wenn ich auch, dir gehorsam, verzichten kann darauf, Henry d'Albarets Frau zu werden, so kann ich doch, und müßte ich daran sterben, Nikolas Starkos zum Manne nicht nehmen! ... Das würdest du nicht wollen."
"Es muß sein, Hadschina!" wiederholte Elisundo.
"Mein Glück steht auf dem Spiele!" rief das junge Mädchen.
"Und meine Ehre!"
"Kann Elisundos Ehre abhängig sein von einem andern als ihm selber?" fragte Hadschina.
"Ja! ... von einem andern ... und dieser andere .. ist Nikolas Starkos!"
Als diese Worte den Weg über seine Lippen gefunden hatten, stand der Bankier auf, mit geisterhaftem Blick, mit verzerrtem Gesicht, ganz so, als ob er einen Schlaganfall gehabt hätte.
Vor diesem Bilde fand Hadschina all ihre Seelenstärke wieder ... und Seelenstärke brauchte sie, fürwahr! um von dem Vater zu gehen mit den Worten:
"Es sei, Vater! ... ich will dir gehorchen!"
Ihr Leben war gebrochen auf ewig, aber sie hatte begriffen, daß es sich hier um irgend ein furchtbares Geheimnis in dem Verhältnis des Bankiers zum Kapitän der "Karysta" handeln müsse ... sie hatte begriffen, daß sich ihr Vater in den Händen dieses abscheulichen Menschen befand ... sie beugte sich ... sie brachte sich zum Opfer! ... die Ehre ihres Vaters erheischte dieses Opfer!
Xaris fing das einer Ohnmacht nahe junge Mädchen in den Armen auf und trug sie in ihr Zimmer. Dort erfuhr er alles von ihr, was sich zugetragen, in welchen Verzicht sie gewilligt hatte ... Kein Wunder, daß sich der Haß, den er gegen Nikolas Starkos im Herzen trug, verzehnfachte.
Eine Stunde darauf trat Henry d'Albaret seiner Gewohnheit gemäß in das Bankhaus. Eine Dienstfrau beschied ihn, Hadschina Elisundo sei nicht zu sprechen. Er fragte nach dem Bankier: der Bankier könne ihn nicht vorlassen. Er fragte nach Xaris: derselbe sei nicht im Kontor.
Aufs höchste beunruhigt, kehrte Henry d'Albaret ins Hotel zurück. Solcher Bescheid war ihm noch niemals erteilt worden. Er nahm sich vor, gegen Abend nochmals vorzusprechen, und wartete in Seelenangst.
Um 6 Uhr wurde im Hotel ein Brief für ihn abgegeben. Er sah die Adresse an: er erkannte, daß sie von Elisundo selber geschrieben war. Der Brief enthielt nur die wenigen Zeilen:
"Herr Henry d'Albaret wird ersucht, das zwischen ihm und der Tochter des Bankiers Elisundo geplante Heiratsprojekt fallen zu lassen. Aus Gründen, die mit ihm selber nicht das geringste zu tun haben, kann diese Verheiratung nicht stattfinden. Herr Henry d'Albaret wird deshalb gut tun, seine Besuche im Bankhause hinfort zu unterlassen.
Elisundo."
Im ersten Moment verstand der junge Offizier kein Wort von dem, was er gelesen hatte. Dann las er den Brief noch einmal ... er war wie vom Donner gerührt. Was war bei Elisundo vorgegangen? Weshalb solche Abfertigung? Noch tagsvorher war er dort gewesen und hatte gesehen, wie rege die Zurüstungen zur Hochzeit betrieben wurden; der Bankier hatte mit ihm verkehrt wie immer; nichts an dem jungen Mädchen hatte solche Veränderung ihm gegenüber ahnen lassen! –
"Aber der Brief ist ja auch nicht mit Hadschina unterzeichnet!" sprach er bei sich;
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