Der Archipel in Flammen
"sondern mit Elisundo! ... Nein, Hadschina hat nicht gewußt und weiß nicht, was ihr Vater mir schreibt ... ohne ihr Wissen hat er seine Absichten geändert! Warum? ich habe doch keinen Anlaß dazu gegeben! ... Ha! ich muß wissen, welcher Natur das Hindernis ist, welches sich zwischen das Mädchen und mich gestellt hat!" und da er im Hause des Bankiers keinen Zutritt fand, schrieb er an den Bankier und bat um Bekanntgabe der Gründe, weshalb er diese Hochzeit, die sozusagen vor der Tür gestanden, rückgängig gemacht habe, mit dem Bemerken, daß er ein unbedingtes Recht habe, dieselben kennen zu lernen.
Sein Brief blieb ohne Antwort. Er schrieb einen zweiten, dritten, vierten: ganz das gleiche Schweigen!
Nun wandte er sich an Hadschina selber, beschwor sie im Namen ihrer Liebe, ihm Antwort zu geben, und wenn sie ihm auch nur sollte schreiben können, daß jedes Wiedersehen ausgeschlossen sei.
Dem jungen Mädchen war sein Brief, allem Anschein nach, nicht in die Hände gekommen. Zum wenigsten mußte das Henry d'Albaret annehmen. Kannte er doch ihren Charakter genug, um recht gut zu wissen, daß sie ihm Antwort gegeben haben würde.
Nun suchte der junge Offizier in seiner Verzweiflung, Xaris zu treffen. Er wich nicht mehr von der Strada Reale. Ganze Stunden lang streifte er um das Haus des Bankiers herum. Umsonst: Xaris, vielleicht den Befehlen des Bankiers, vielleicht auch der Bitte des Mädchens gehorsam, setzte keinen Fuß mehr aus dem Hause.
So verstrichen über vergeblichen Bemühungen der 24. und der 25. Oktober. Unter unsäglicher Angst meinte Henry d'Albaret, die äußerste Grenze des Herzeleids erreicht zu haben.
Er irrte sich.
Am 26. kam eine Neuigkeit in Umlauf, die ihn mit einem noch schrecklicheren Schlage treffen sollte.
Nicht bloß sein Verlöbnis mit Hadschina Elisundo war gebrochen – eine Tatsache, die nun die ganze Stadt wußte – sondern Hadschina Elisundo ging ein Verlöbnis ein mit einem andern!
Henry d'Albaret war, als ihm diese Kunde zu Ohren kam, vernichtet – ein anderer sollte Hadschinas Gatte sein!
"Ich muß wissen, wer es ist!" schrie er; "sei wer es sei, ich will ihn kennen! ... ich werde den Weg zu ihm finden! ... will mit ihm reden! ... und Rede und Antwort soll er mir stehen!"
Es sollte nicht lange dauern, bis der junge Offizier den Namen seines Nebenbuhlers erfuhr. Ja er sah ihn in das Bankhaus gehen; er wartete, bis er herauskam; er ging ihm hinterdrein; er spähte ihm nach bis zum Hafen, wo am Fuße der Mole die Gig seiner wartete; er sah ihn zur Sakolewa hinüber fahren, die eine halbe Meile weit in offener See vor Anker lag.
Nikolas Starkos war es, der Kapitän der "Karysta"!
Das trug sich am 27. Oktober zu. Genaue Erkundigungen, die Henry d'Albaret einziehen konnte, ergaben, daß die Hochzeit von Nikolas Starkos und Hadschina Elisundo in allerehester Zeit stattfinden solle, denn die Vorbereitungen würden mit aller Hast betrieben. Die Trauung wurde auf den 30. laufenden Monats, also auf den gleichen Tag festgesetzt, an welchem Henrys Trauung mit Hadschina hatte stattfinden sollen. Bloß sollte nicht er, sondern dieser Schiffskapitän der Bräutigam sein, von dem niemand wußte, woher er kam, wohin er ging!
Kein Wunder, daß Henry d'Albaret, in einen Grimm verfallen, dessen er nicht Herr zu werden vermochte, willens war, Nikolas Starkos herauszufordern, und müßte er ihn von den Stufen des Altars reißen! Erschlug nicht er ihn, so würde ihm doch dieses Schicksal winken und dann würde es aus sein mit diesem unerträglichen Dasein!
Umsonst sagte er sich, daß diese Heirat, wenn sie stattfände, doch mit Elisundos Einwilligung stattfände! Umsonst sagte er sich, daß doch derjenige, der über Hadschinas Hand verfügte, ihr Vater sei!
"Ja! aber wider ihren Willen geht dies alles vor sich! ... sie erliegt einem Zwange, der sie an diesen Menschen liefert ... sie bringt sich zum Opfer!"
Im Laufe des 28. Oktobers versuchte Henry d'Albaret, Nikolas Starkos zu treffen. Er lauerte ihm am Hafen auf, an der Anlande, an der Tür zum Kontor. Umsonst. Und in zwei Tagen sollte diese schändliche Hochzeit stattfinden – in zwei Tagen, an denen der junge Offizier nichts unversucht ließ, zu dem jungen Mädchen zu gelangen oder Nikolas Starkos Auge in Auge gegenüber zu stehen.
Aber am 29., gegen 6 Uhr abends, vollzog sich ein unvermutetes Ereignis, das die Lösung des Knotens beschleunigen sollte ... am Nachmittag kam das Gerücht in Umlauf, der Bankier sei von einem
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