Der Archipel in Flammen
allein im Leben, im Besitze von soviel Millionen?"
Nicht ohne Anstrengung richtete der Bankier sich auf und stieß rasch, wie jemand, der ein Geständnis macht, das ihm schwer wird, die Worte hervor:
"Allein stehen im Leben wird meine Tochter nicht!"
"So? also verheiraten wollen Sie das Mädel?" versetzte der Kapitän; "und mit wem, bitte? wer wird Hadschina Elisundo nehmen wollen, sobald er weiß, woher das Vermögen ihres Vaters zum größten Teile stammt? ja ich möchte fragen: wem wird Hadschina Elisundo die Hand zu reichen wagen, sobald sie das erfährt?"
"Wie soll sie das erfahren?" versetzte der Bankier; "bis jetzt weiß sie nichts, und wer wird's ihr sagen?"
"Ich, wenn's sein muß!"
"Sie?"
"Ich! Hören Sie mich an, Elisundo, und rechnen Sie mit meinen Worten," versetzte der Kapitän der "Karysta" mit berechneter Unverschämtheit, "denn ich werde auf meine heutigen Worte nicht wieder zurückkommen. Dieses ungeheure Vermögen rührt vornehmlich her von mir, von den Geschäften, die wir zusammen gemacht haben und bei denen ich Kopf und Kragen riskiert habe! Nur durch den Handel mit geraubtem Gut, nur durch den Einkauf und Verkauf Kriegsgefangener während des Unabhängigkeitskrieges haben Sie diese Gewinne aufgestapelt, deren Summe sich auf Millionen beläuft! Nun meine ich, daß es nur gerecht sein dürfte, wenn diese Millionen wieder an mich fielen. Vorurteile kenne ich nicht, das ist Ihnen nicht fremd; ich kümmere mich also nicht darum, woher Ihr Vermögen rührt. Sobald der Krieg aus ist, werde auch ich mich von den Geschäften zurückziehen. Aber ich mag nicht allein im Leben dastehen und rechne darauf, – verstehen Sie recht: ich rechne darauf – daß Hadschina Elisundo das Weib von Nikolas Starkos wird!"
Der Bankier sank in seinen Sessel zurück. Er fühlte recht gut, daß er sich in dieses Mannes Händen befand, dessen Helfershelfer er seit langen Jahren war. Er wußte, daß dieser Mann vor nichts zurückschrecken würde, um zum Ziele zu gelangen. Er zweifelte keine Sekunde, daß der Kapitän der Mann wäre, nötigenfalls die ganze Vergangenheit des Bankhauses bloßzulegen.
Dem Bankier blieb als Ablehnung dieser Zumutung aus Nikolas Starkos' Munde, auf die Gefahr hin, einen Auftritt hervorzurufen, bloß eine Antwort übrig, und diese Antwort gab er nicht ohne einiges Zaudern.
"Meine Tochter kann Ihre Frau nicht werden, Nikolas Starkos, weil sie die Frau eines andern Mannes werden muß!"
"Eines andern Mannes?" schrie Nikolas Starkos. "Na, wahrhaftig! da bin ich ja gerade zurecht gekommen! So so! die Tochter des Bankiers Elisundo vermählt sich ...?"
"Binnen heut und fünf Tagen."
"Und wen heiratet sie?" fragte der Kapitän der "Karysta", dessen Stimme vor Zorn bebte.
"Mit einem fränkischen Offizier!"
"Mit einem Franken? mit einem fränkischen Offizier?" wiederholte der Kapitän der "Karysta" – "so so! wohl mit solchem Philhellenen, deren wir mehr als genug im Lande haben?"
"Ja."
"Sein Name?"
"Kapitän Henry d'Albaret."
"Hm, Meister Elisundo," fuhr Nikolas Starkos fort, dicht an den Bankier herantretend, und ihm während der ganzen Zeit scharf in die Augen sehend, "ich sage Ihnen nochmals: sobald dieser Herr Henry d'Albaret weiß, was für ein Herr Sie sind, wird er sich schön bedanken für Ihre Tochter, und wenn Ihre Tochter weiß, aus welcher Quelle das Vermögen ihres Vaters stammt, wird sie nicht mehr daran denken, die Frau dieses Herrn Henry d'Albaret zu werden! Wenn Sie also dieses Verlöbnis nicht heute auflösen, wird es sich morgen von selber auflösen ... denn morgen werden Braut und Bräutigam wissen, wie alles steht ... jawohl! jawohl! sie sollen's wissen! Mord und Brand! ich müßte nicht Nikolas Starkos sein!"
Der Bankier richtete sich nochmals auf. Starr sah er dem Kapitän der "Karysta" ins Auge, und dann sprach er, mit einer Verzweiflung, über die keine Täuschung möglich war:
"Es sei! ... ich bringe mich um, Nikolas Starkos, um nicht länger eine Schande zu sein für mein Kind!"
"Das werden Sie in Zukunft bleiben," erwiderte der Kapitän, "wie Sie es zur Zeit sind! denn durch Ihren Tod werden Sie nicht austilgen, daß Elisundo der Bankhalter der Seeräuber im Archipel war!"
Niedergeschmettert sank Elisundo zurück – außer stande, zu antworten, als der Kapitän hinzusetzte:
"Und darum, Elisundo, wird Hadschina die Frau nicht dieses Henry d'Albaret, sondern von Nikolas Starkos werden!"
Noch eine halbe Stunde lang währte dieses Zwiegespräch unter
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