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Der Archipel in Flammen

Titel: Der Archipel in Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Kreta bis Mitylene, von Rhodus bis Negroponte stand der Archipel im Feuer.
    Sogar auf Scio selber machten diese aus dem Auswurf der Nationen zusammengewürfelten Banden alle Küsten, alle Wege und Stege unsicher, um dem in der Citadelle eingeschlossenen Pascha gegen den Obersten Fabvier zu Hilfe zu kommen, der unter mehr als ungünstigen Bedingungen zur Belagerung sich anschickte.
    Die Reeder auf den ionischen Inseln, denen der Schreck über solche in der ganzen Levante eingerissenen Zustände in die Glieder gefahren war, hatten sich, wie der Leser weiß, endlich aufgerafft und sich zur Armierung einer Korvette zusammengetan, welche den Korsaren auf den Leib rücken sollte. Seit fünf Wochen war die "Syphanta" nun von Korfu bereits unterwegs, um die Meere des Archipels "reinzufegen", wie die Korfioten sagten. Aus ein paar Affären hatte sie sich nicht ohne Glück herausgebracht, auch ein paar mit Fug und Recht für verdächtig erachtete Schiffe aufgebracht: Umstände, die zur eifrigen Fortsetzung des begonnenen Werks nur anspornen konnten. Ihr Kommandant Stradena, der in den Gewässern von Psara, Skyros, Zea, Lemnos, Paros, Santorin wiederholt erschienen war, auch hin und wieder Scharmützel bestanden hatte, erfüllte seine Aufgabe mit Kühnheit nicht minder als mit Glück. Bloß eines schien ihm nicht vergönnt zu sein: dem Korsaren Sakratif in den Weg zu kommen, dessen Auftreten nach wie vor durch die blutigsten Greuel gekennzeichnet wurde, den niemand fangen konnte, weil ihn niemand zu Gesicht bekam, und der doch in aller Munde war!
    Vor höchstens vierzehn Tagen, um den 13. November herum, war die "Syphanta" in der Nähe von Scio gesehen worden. Am selben Tage wurde sogar eine von ihr aufgebrachte Prise in den Hafen der Insel gesteuert, und Fabvier übte an ihrer Korsarenbesatzung prompte Justiz.
    Aber seitdem hatte von der Korvette nichts weiter verlautet; niemand konnte Auskunft darüber geben, in welchen Gewässern des Archipels sie jetzt hinter dem räuberischen Gesindel her war. Man hatte schließlich gerechte Ursache, sich ihretwegen in Unruhe zu setzen: war es doch bislang in diesen engbegrenzten, von Inseln und Eilanden übersäeten, mithin an Schlupfwinkeln reichen Gewässern nur selten vorgekommen, daß ein paar Tage verstrichen, ohne daß Meldung von dem Aufenthalt der Korvette erstattet worden war.
    So lagen die Dinge, als am 27. November Henry d'Albaret auf Scio eintraf, acht Tage nach seiner Abfahrt von Korfu. Dort war er mit seinen alten Waffengefährten zusammengetroffen, und unter seinen Kameraden gedachte er wieder in den Kampf gegen die Türken zu treten.
    Hadschinas Verschwinden hatte ihm einen furchtbaren Schlag versetzt. Freilich stieß sie Nikolas Starkos als einen ihrer unwürdigen Schurken von sich, weigerte sich selber aber auch, als seiner unwürdig, demjenigen anzugehören, dem sie sich vorher verlobt hatte! Was für ein Geheimnis verbarg sich hinter all diesen Dingen? wo sollte er dasselbe suchen? in ihrem so stillen, so lauteren Leben? Nein, ganz gewiß nicht! Also im Leben ihres Vaters? Aber in welchem Zusammenhange standen denn Elisundo, der korfiotische Bankier, und Nikolas Starkos, der Kapitän einer Sakolewa?
    Wer konnte Antwort geben auf diese Fragen? Das Haus des Bankiers stand leer. Auch Xaris mußte es gleichzeitig mit dem jungen Mädchen verlassen haben. Henry d'Albaret konnte auf niemand zählen, diese Geheimnisse des Hauses Elisundo aufzudecken, als auf sich selber.
    Nun kam er auf den Einfall, erst die Stadt, dann die ganze Insel Korfu abzusuchen. Vielleicht hatte Hadschina sich an irgend einen einsamen Fleck, den niemand kannte, wo niemand sie vermuten konnte, geflüchtet? Es gibt ja tatsächlich auf Korfu, verstreut über die Landfläche, eine gewisse Zahl von Ortschaften, wo sich leicht sichere Zuflucht finden läßt. Wer sich vor den Menschen verbergen, sich in völlige Vergessenheit bringen will, der findet in Benizza, Santa Dekka, Leukimne und ein paar Dutzend anderer Dörfchen ganz sicher Stellen, wo ihn niemand sucht. Henry d'Albaret lief alle Straßen und Wege ab, durchstöberte die unscheinbarsten Weiler, um eine Spur des Mädchens aufzufinden: aber er fand nichts; bloß zuletzt erhielt er, schon im Begriffe, seine Suche einzustellen, einen Wink, der ihm die Vermutung nahe legte, daß Hadschina Elisundo die Insel Korfu verlassen haben müßte. In dem kleinen, im Westnordwesten der Insel gelegenen Hafen Alipa hörte er nämlich, es sei vor kurzem eine leichte

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