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Der Archipel in Flammen

Titel: Der Archipel in Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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vor Scio in Sicht, um dem Oberst Fabvier Hilfe zu bringen, aber zu spät, so daß er unverrichteter Sache wieder abziehen mußte.
    Ein paar Schiffe mit Freiwilligen waren mit dem griechischen Admiral nach Scio gegangen, die als Verstärkung zu dem Expeditionskorps rücken sollten. Darunter befand sich auch ein Weib, nämlich Andronika.
    Bis zuletzt hatte sie im Peloponnes mit gegen Ibrahims Soldaten im Felde gestanden, und war entschlossen, gleichwie zu Anfang des Krieges, nun auch beim Schlusse desselben nicht zu fehlen. Das war der Grund, der sie nach Scio führte.
    Der türkische Sultan hatte gerade den schrecklichen Bannfluch: Feuer, Eisen, Sklaverei! über Scio verhängt und den Kapudan-Pascha Kara-Ali mit der Vollführung desselben beauftragt. Und Kara-Ali vollführte den Fluch! seine blutdürstigen Horden faßten Fuß auf der Insel. Alle männliche Bevölkerung unter zwölf und alle weibliche über vierzig Jahre wurde erbarmungslos niedergemetzelt. Was übrig blieb, verfiel in Sklaverei und wurde auf die Märkte nach Smyrna und in die Berberei geschafft. Die ganze Insel wurde von 30 000 Türken mit Feuer und Schwert zur Oedenei gemacht; 23 000 Skioten waren niedergemetzelt worden, 47 000 sollten in die Sklaverei verkauft werden.
    Hierbei hatte Nikolas Starkos die Hand im Spiele gehabt. Seine Kameraden hatten mit ihm zuerst gemordet und geplündert, und dann die Hauptschacherer abgegeben, die eine ganze Herde von Menschen türkischer Habgier überlieferte. Auf den Schiffen dieses Piraten waren Tausende von Unglücklichen nach den Küsten von Kleinasien und Afrika geschafft worden, und eben diese schändlichen Machinationen waren es, die Nikolas Starkos in Beziehung zu dem Bankier Elisundo gebracht hatten. Aus ihnen ergab sich unermeßlicher Gewinn, der zum größten Teile Hadschinas Vater zufiel.
    Andronika wußte aber nun recht gut, in welchem Maße Nikolas Starkos teilgenommen hatte an dem Gemetzel von Scio und welche Rolle er bei diesen fürchterlichen Vorgängen gespielt hatte. Warum hatte sie die Stätte aufgesucht, wo sie hundertmal verflucht worden wäre, hätte man gewußt, daß sie die Mutter dieses Scheusals sei. Mitzukämpfen auf dieser Insel, ihr Blut zu vergießen für die gerechte Sache der Skioten, bedünkte ihr gleichsam als Buße, als Sühne für die verbrecherischen Taten ihres Sohnes.
    Aber von dem Moment an, da Andronika in Scio ans Land gestiegen war, konnte es bloß noch eine Frage der Zeit sein, daß sich Henry d'Albaret, der Offizier, der dieser Frau bei Chaidari das Leben gerettet hatte, in Scio mit ihr begegnete. Das war auch, und zwar verhältnismäßig kurze Zeit nachher, am 15. Januar, der Fall.
    Sie war es, die mit offenen Armen auf ihn zueilte und mit dem Rufe: "Henry d'Albaret!" ihn in die Arme schloß.
    "Ihr hier? Andronika? ... Ihr!" erwiderte der junge Offizier.
    "Ja!" versetzte sie – "ist dort nicht mein Platz, wo der Kampf wider die Bedrücker noch tobt?"
    "Andronika," rief Henry d'Albaret, "seid stolz auf Euer Vaterland! stolz auf seine Kinder, die es mit Euch verteidigt haben! Binnen kurzem wird kein türkischer Soldat mehr auf dem Boden Griechenlands weilen!"
    "Das weiß ich, Henry d'Albaret! Gott möge mir das Leben lassen bis zu diesem Tage!"
    Und nun mußte Andronika erzählen, was sie erlebt hatte, seit sich nach dem Treffen von Chaidari ihre Wege geschieden hatten. Sie berichtete von ihrer Wanderung nach dem Magnos, ihrer Heimat, die sie noch einmal habe wiedersehen wollen, dann von ihrem Wiedereintritt in das Korps, das auf dem Peloponnes focht, endlich von ihrer Landung auf Scio.
    Auch Henry d'Albaret erzählte ihr, unter welchen Verhältnissen er wieder nach Korfu gekommen, in welche Beziehungen er zu dem Bankier Elisundo getreten sei, erzählte ihr von seinem Verlöbnis mit Hadschina, Elisundos Tochter, und von dessen Lösung, von Hadschinas Verschwinden, und daß er noch immer darauf rechne, sie eines Tages wiederzufinden.
    "Jawohl, Henry d'Albaret!" antwortete Andronika, "wissen Sie auch noch nicht, welches Geheimnis über dem Leben dieses Mädchens liegt, so kann sie Ihrer doch nur würdig sein! ... Ja, Henry! Sie werden sie wiedersehen, und ihr werdet beide zusammen glücklich werden ganz nach euerm Verdienst!"
    "Aber sagt mir, Andronika," fragte Henry, "habt Ihr denn den Bankier Elisundo nicht gekannt?"
    "Nein," antwortete Andronika; "wie sollte ich ihn kennen und warum stellt Ihr mir diese Frage?"
    "Weil ich mehrfach Veranlassung gefunden. habe, Euern

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