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Der Archipel in Flammen

Titel: Der Archipel in Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Meeres erwarte oder erhoffe.
    Was aber nicht weniger seltsam war, das war dies plötzliche Verschwinden der Brigg jenseits vom Kanal von Casos, gerade als die "Syphanta" sie einholen zu können meinte.
    Henry d'Albaret hatte auch noch immer die Partie nicht aufgeben wollen, und, ehe er in Arkassa vor Anker ging, alle Buchten und Baien der Küste, soweit es ihm der Tiefgang seiner Korvette gestattete, abgesucht. Aber in solchem Sammelsurium von Klippen, wie es an dieser Küste auftritt, unter dem Schutze hoher steiler Felsufer, mußte es für ein Schiff wie die verfolgte Brigg leicht sein, Unterschlupf oder Versteck zu finden. Zwei Tage lang suchte die Korvette, ohne den geringsten Anhalt zu finden: genau so unsichtbar war und blieb die Brigg, als wenn sie hinter Casos jäh unter Wasser gegangen wäre.
    Am andern Tage, zwischen 3 und 5 Uhr nachmittags, sammelte sich in der kleinen Stadt Arkassa allerhand Volk von der Insel, die vielen Fremden aus Europa und Asien ungerechnet, an deren Zulauf es bei solcher Gelegenheit nicht fehlen konnte: es war nämlich großer Markttag. Unglückliche Wesen jeglichen Alters und jeglichen Standes, die Kriegsgefangenen der Türken während der letzten Wochen, sollten hier zur Versteigerung kommen, auf dem "Batistan" oder dem Sklavenbazar, den man in vielen Städten der Barbareskenstaaten antrifft. An die hundert Gefangene, Männer, Weiber und Kinder, lagen zur Zeit im Batistan von Arkassa, in einem Hofe, der keinen Schatten gegen die Sonne bot, bunt durcheinander gewürfelt, mit Fetzen auf dem Leibe, Verzweiflung auf dem Antlitz, von Hunger und Durst geplagt, schlotterig an Leib und Gliedern. Bis Käuferlaune das Weib vom Manne, die Kinder von den Eltern trennen sollte, saßen die Unglücklichen familienweis zusammen; jedem anderen als diesen grausamen "Baschis", ihren Wächtern, die kein Schmerz, kein Herzeleid mehr rühren konnte, hätten sie das tiefste Mitleid eingeflößt ... und was waren die Qualen hier im Vergleich zu jenen, die ihrer in den sechzehn Bagnos von Algier, Tunis und Tripolis warteten, wo der Tod so schnelle Lücken riß, die unablässig gefüllt werden mußten?
    Indessen war den Gefangenen noch immer nicht alle Hoffnung, die Freiheit wieder zu erringen, genommen. Machten die Käufer ein gutes Geschäft beim Einkauf, so sicher kein schlechteres, wenn sie die Sklaven in die Freiheit zurück verkauften, was immer zu sehr hohen Preisen geschah, und durchaus keine Seltenheit war, denn wer noch Angehörige in der Heimat hatte, die über Mittel verfügten oder Mittel aufzubringen vermochten, der durfte rechnen, daß diese nicht eher ruhten, als bis solchen in Sklaverei schmachtenden Verwandten oder Familiengliedern die Freiheit winkte. Nicht selten nahm auch der Markt selber die Auslösung von Gefangenen in die Hand oder die reiche "Gnadenbrüderschaft" trat ein, die zu solchem Zwecke Kollekten in ganz Europa veranstaltete.
    Auf dem Markte von Arkassa fanden die Auktionen statt. Allen, Fremden wie Einheimischen, stand das Befugnisrecht zu, gleichwie das Recht des Bietens; heute aber waren nur Großkäufer für die Bagnos der Berberei zur Stelle, deshalb sollte heute kein Einzelverkauf, sondern nur Enbloc-Verkauf der am Markte befindlichen Ware erfolgen, die dann, je nachdem der Zuschlag lautete, en bloc nach Algier, Tunis oder Tripolis zur Verschiffung kam. Bis um 5 Uhr nachmittags dauerte die Versteigerung; ein Kanonenschlag von der Citadelle verkündete ihren Schluß und den Zuschlag.
    Am 3. September fehlte es im Batistan nicht an Kauflustigen. Aus Smyrna und anderen Nachbarplätzen Kleinasiens waren Agenten der Barbaresken-Bagnos zur Stelle. Der starke Zudrang war höchst erklärlich. Aus den letzten Kriegsereignissen ließ sich schließlich schließen, daß der Friede in naher Aussicht stand. Ibrahim Pascha war in den Peloponnes zurückgedrängt, während General Maison mit einem Korps von 2000 Franzosen in Morea gelandet war. Künftighin erlitt also die Ausfuhr von Gefangenen erhebliche Beschränkung, ihr Kaufwert mußte also, zur lebhaften Genugtuung des Kadis, bedeutend steigen.
    Im Lauf des Morgens hatten die Mäkler den Batistan besucht und die zu Markte kommende Ware besichtigt; sie hatten die Meinung mit hinweggenommen, daß dieselbe aller Wahrscheinlichkeit nach sehr hohe Preise erreichen würde.
    "Beim Mahomet!" rief ein Agent aus Smyrna, der unter seiner Sippe das Wort führte, "die Zeit der feinen Geschäfte ist vorbei! Gedenkt Ihr noch jener Zeiten, da

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