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Der Architekt

Der Architekt

Titel: Der Architekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas Winner
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Innenhauses. Der Architekt – aber nicht der Bauherr. Götz wusste Bescheid. Er wusste zu viel. Sie mussten ihn schützen. Diejenigen, die mit dem Innenhaus Geld verdienten.
    Ben sah auf, sein Blick wanderte durch den Gerichtssaal, in dem noch immer Sebastians Vater einvernommen wurde. Die Ausstrahlung des unnahbaren, über jeden Zweifel erhabenen Großbürgers, die von Gebhart Voss schon im Garten der Villa ausgegangen war und Ben bereits damals irritiert hatte, schien sich hier vor Gericht noch einmal zu verstärken. Und er kam damit durch!
    Wiederholt hatte die Staatsanwaltschaft Sebastian und seinen Vater vorgeladen und die beiden Männer befragt. Soweit Ben wusste, hatten die Staatsanwälte auch Teile der Unternehmungen der beiden durchleuchtet. Aber weder Sebastian noch seinem Vater konnte nachgewiesen werden, dass sie eine Rolle im Mordfall Lillian Behringer gespielt hatten oder in unsaubere Geschäfte verwickelt waren. Eine Zeitlang hatte die Staatsanwaltschaft zwar den Verdacht verfolgt, Sebastian könnte mit dem Tod von Lillian in Verbindung gebracht werden, weil ein Mann, an dessen Kleidung Spuren ihrer DNA sichergestellt worden waren, Sebastians Namen ins Spiel gebracht hatte. Zuletzt ließ sich jedoch weder eindeutig nachweisen, dass dieser Mann sie getötet hatte, noch dass er von Sebastian beauftragt worden war.
    Der Mordfall Lillian Behringer war bis heute nicht aufgeklärt.
    Nachdenklich starrte Ben auf Gebharts Profil, sah, wie sich dessen Lippen bewegten. Als hätte der Alte Bens Blick gespürt, drehte er sich ein wenig zur Seite und blickte ihm entgegen, ohne jedoch in seinem Redeschwall innezuhalten. Und plötzlich kam es Ben so vor, als würde ein Schalter umgelegt. Gebhart! War er nicht das gemeinsame Glied, das alles miteinander verband? Alle Verbrechen, deren sich Sebastian und Sophie, vor allem aber Christine schuldig gemacht hatten!
    »Dazu kann ich nichts sagen«, war Gebharts Stimme zu hören. »Ich bin dem Angeklagten nur einmal begegnet, ich maße mir kein Urteil an.«
    Diesmal hielt er den Blick starr auf den Richter geheftet. Konnte das wirklich sein? Ben sah, wie sich der Richter an seine Kollegen auf der Richterbank wandte, um zu hören, ob sie noch Fragen an den Zeugen hätten.
    Konnte das wirklich sein? Die Kriminaltechniker hatten keinen Zweifel gelassen. Die unbekannte Person in der Kammer hatte Christine Götz erschlagen. Zuvor aber war es Christine selbst gewesen, die ihre Kinder getötet hatte. Ben hatte sich die Unterlagen von seinem Verteidiger besorgen lassen. Die Sachverständigen hatten argumentiert, dass Christine durch die Situation in der Villa, durch die Gefangenschaft einer unbekannten Person, unter extremem Druck gestanden haben musste. Dass sie den Tod ihrer gemeinsamen Kinder womöglich als Racheakt für die Untreue des Mannes geplant haben könnte. Aber wie auch immer sie versucht hatten, Christines Tat zu erklären: Es blieb ein unbegreiflicher Rest. Welche Faktoren die Experten auch ins Feld führten, jeder, der mit dem Fall zu tun bekam, spürte instinktiv, dass noch etwas anderes hinzugekommen sein musste. Etwas, ohne das unbegreiflich blieb, wie Christine dazu fähig war, ihre sechsjährige Tochter Pia und ihre achtjährige Tochter Svenja zu erschlagen.
    War es Gebhart? War er der Schlüssel, der fehlende Rest? War er der Grund, weshalb Christine zu einer so unvorstellbaren Tat getrieben worden war? War er letztlich der Verantwortliche, nicht nur für das, was seine Tochter Christine getan hatte, sondern auch für das, was sein Sohn Sebastian und seine Tochter Sophie getan hatten? Was hatte er seinen Kindern angetan?
    Ben lehnte sich zurück. In seinen Händen kribbelte es.
    Oder gab es noch eine andere Erklärung für das Unbegreifliche? Etwas anderes, was die drei Geschwister mit dem Vater teilten?
    Das Haus.
Fast war es, als würde Ben jemanden in sich hören, der ihm das einflüsterte.
    Das Haus im Haus, das Götz gebaut hatte, das niemand anders als Gebhart finanziert haben konnte, das der Grund dafür sein musste, dass Sebastian alles dafür getan hatte, seinen Schwager Götz von dem Mordverdacht zu befreien. Sie alle waren darin gewesen, dessen war Ben sich sicher. In dem Haus, das ihr Vater hatte bauen lassen: Christine, Sebastian, Sophie … Musste es nicht das Haus gewesen sein, das sie in den Wahnsinn getrieben hatte?

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    »Musste es nicht das Haus gewesen sein, das sie in den Wahnsinn getrieben hatte?«
     
    ENDE
     
    Was? Ende? Das

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