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Der Architekt

Der Architekt

Titel: Der Architekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas Winner
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Leute … genau, das war’s: Gebrochen werden sollten sie. Bei dem einen gelingt es, bei dem anderen nicht.«
    »Hast du das Buch schon geschrieben?«
    »Angefangen. Mir sind dann, wie immer, andere Sachen dazwischengekommen.«
    Sie zögerte, sprach es dann aber doch aus. »Ich habe noch nie ein Drehbuch gesehen, weißt du. Also ein echtes, nicht so ein Transkript, das von einem fertigen Filmklassiker abgeschrieben worden ist.«
    »Scheint dich ja wirklich zu interessieren.«
    »Kannst du mir nicht mal eins mailen?« Sie richtete sich im Sitzen gerade auf. »Ich verspreche auch, dass ich es nicht weiterverschicke.«
    Ein altes Drehbuch von ihm, das bereits verfilmt worden war? Klar, das konnte er machen. Andererseits, eines von seinen Standardserien-Skripts würde ihr wahrscheinlich nicht gerade besonders viel Spaß machen …
    »Das mach ich eigentlich eher ungern, die Bücher so rausschicken.«
    »Nein, ich mache ja nichts weiter damit! Ich drucke es nur aus und lese es, okay? Ich würde einfach gern mal sehen, wie so etwas aufgebaut ist, wie das genau gemacht ist, weißt du?« Sie sah ihn an, lächelte.
    »Ist ja jetzt nichts Großes, aber … Nein, ich glaube schon, dass du sorgfältig damit umgehst, es ist nur … ich habe mir angewöhnt, die Sachen nicht so herumzumailen.«
    Sollte er sie fragen? Wenn es sie wirklich interessierte? Ben wagte es nicht, auf seine Armbanduhr zu sehen. Er versuchte, die Zeit abzuschätzen. Kurz vor halb eins? Und es war Freitag.
    »Wenn du wirklich ein Drehbuch sehen willst, kann ich dir ja mal eins mitbringen.«
    Sie sah ein wenig enttäuscht aus.
    »Oder, was soll’s, von mir aus gebe ich dir gleich jetzt einen Ausdruck mit, wenn du möchtest …« Ben fuhr sich durch die Haare. »Ein Ausdruck ist für mich kein Problem, den kann man nicht einfach verändern, weitermailen. Ist vielleicht ein bisschen übervorsichtig, aber …« Aber so mach ich das nun mal, dachte er.
    »Okay, du meinst, wir sollen gleich einen holen?« Es war, als ob sie mit den Spitzen ihrer Fingernägel über seinen Nacken gefahren wäre und sich das Gefühl bis in seine Bauchhöhle hinein fortgesetzt hätte.
    Sie stand schon neben dem Tresen. »Oder wohnst du am anderen Ende der Stadt?«
    »Nein, ist nicht weit.« Er kramte einen Zehn-Euro-Schein aus der Tasche und warf ihn auf die Theke. »Lass stecken, komm.« Sie hatte Anstalten gemacht, ihren Kaffee selbst zu bezahlen.
    Dann ging er hinter ihr durch das Café zum Ausgang. Um ein Haar hätte er ihr vorsichtig seine beiden Hände auf die Hüften gelegt, um zu spüren, wie sie sich bewegte.

15
    »Und ich kann das mitnehmen?« Sibylle hatte sich auf der flachen, breiten Couch niedergelassen, die mitten in seinem Apartment stand.
    Sie hielt das Skript von
Tod auf Raten
in der Hand, das er ihr gegeben hatte, und sah Ben zu, der an der Küchenzeile stand und damit beschäftigt war, einen Kaffee aufzusetzen.
    Nachdem ein Taxi sie vor seinem Haus abgesetzt hatte und sie in seine Wohnung hinaufgegangen waren, war Ben ein wenig enttäuscht gewesen, dass Sibylle sich nicht beeindruckter gezeigt hatte. Immerhin handelte es sich bei seiner Wohnung um eine umgebaute Fabriketage, einen fast zweihundert Quadratmeter großen Raum, den er bewohnbar gemacht hatte, indem er Glastrennwände hatte einziehen lassen, die sich je nach Bedarf verschieben ließen.
    »Du kannst es mir bei Gelegenheit ja wieder vorbeibringen.« Er drehte sich zu ihr um. »Aber das sag ich dir gleich: Die ganze Drehbuchschreiberei kommt dir vielleicht auf den ersten Blick wie eine tolle Sache vor. Im alltäglichen Geschäft aber ist es … eher unerfreulich.«
    Sie spitzte die Lippen. Hatte sie den Lippenstift nachgezogen, als sie vorhin noch kurz im Bad war?
    »Das hat damit zu tun, dass dir furchtbar viele Leute reinreden«, sagte er. »Du hast eine Idee, schreibst sie auf. Das ist ja eine Sache des Bauchgefühls, das kommt von hier.«
    Er hielt die rechte Hand mit der Handfläche nach oben auf der Höhe seines Bauchnabels. ›Oder von hier‹, dachte er und sah sich die Hand noch ein wenig tiefer halten, ließ es aber bleiben. »Und dann lesen die Leute in der Redaktion, in der Produktionsfirma deinen Text und haben ganz andere Ideen dazu. Man setzt sich zusammen, bespricht, welche Änderungen sie wollen. Wenn du diese Änderungen aber einarbeitest, arbeitest du nur noch mit dem Kopf«, sagte er und tippte sich an die Stirn. Sie sah aus, als ob sie ihm folgen würde. »Mit deinem

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