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Der Architekt

Der Architekt

Titel: Der Architekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas Winner
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wie sich ein Kloß in ihrem Hals bildete. Ihre Mutter griff nach Mias Hand. Der Fettspritzer glitzerte noch immer am Knöchel des Daumens. »Was habt ihr denn gemacht in Berlin, Dunja, der Marco und du.«
    »Nichts!«
    Der Blick der Mutter ruhte auf ihr, jetzt kam er Mia vor wie der Blick eines Hundes.
    Nichts.
    Sie konnte nicht darüber sprechen.

12
    Die Bar, die Georg genannt hatte, befand sich in der Veteranenstraße, gegenüber vom Volkspark, wo es – für Berlin ungewöhnlich – ein wenig bergauf geht. Ben zog die Glastür auf. Er war am Ende des Prozesstages direkt vom Kriminalgericht hierhergekommen. Ein paar Gesichter wandten sich ihm zu. Einen blassen Typen mit zu wenig Haaren, der an der Theke stand und versuchte, den Barkeeper auf sich aufmerksam zu machen, kannte er, die anderen nicht. Ben öffnete den Reißverschluss seiner Jacke, in der Bar war es wesentlich wärmer als draußen, und ließ die Glastür hinter sich zufallen.
    Der Geräuschpegel war ziemlich hoch, der Raum beengt. Aus kleinen Lautsprechern klimperte Musik, und alle sprachen durcheinander. Dann sah er ihn. Georg stand am Ende der Theke, von sechs, sieben Leuten umringt. Seine Haare standen noch mehr ab als gewöhnlich, er lachte und wirkte bestens gelaunt. Ben schob sich durch die anderen Gäste hindurch auf ihn zu.
    »Ben!« Georg hob die Hand, damit Ben hineinklatschen konnte. »Freut mich, dass du kommen konntest.«
    Ben schlug ein, nickte und zog ein Päckchen aus der Tasche seiner Jacke, das er noch rechtzeitig vor Ladenschluss gekauft hatte. »Kannst du ja nachher auspacken«, sagte er, als er Georg das Geschenk reichte.
    Georg grinste, wedelte mit dem Päckchen zweimal vor seinem Gesicht hin und her, wie um zu prüfen, ob er dadurch erraten konnte, was sich darin befand, und ließ es in eine nachgemachte Fahrradkurier-Tasche gleiten, die zwischen ihm und der Theke stand.
    »Alles klar an der Uni?« Ben grinste ebenfalls. Er hatte Georg seit mindestens sechs Wochen nicht gesehen, freute sich, dass es ihm offensichtlich gutging.
    »Ja.« Georg zog die Augenbrauen hoch. »Das Semester hat ja gerade erst begonnen, das heißt eine Menge Vorbereitung.«
    »Was machst du denn?«
    »Eine Vorlesung.« Er zeigte die Zähne. »Ja, ja, die erste, das ist ganz schön aufregend, und dazu ein Proseminar. Da lasse ich aber vor allem die Studenten schuften.« Er lachte.
    »Und worüber?«
    »Gotik. Die Kathedralen von Reims, Chartres und Sevilla. Jeweils vier Veranstaltungen pro Bau.«
    Ben machte mit dem Mund ein anerkennendes Plopp-Geräusch.
    »Im Herbst geht’s dann ja richtig los«, sagte Georg und drehte sich so zur Theke, dass er direkt neben Ben zu stehen kam. »Habe ich dir davon eigentlich schon erzählt?«
    Ben bemerkte, dass Georg die anderen, die um ihn herumstanden, durch seine Bewegung eher ausgeschlossen hatte. Er wandte ihnen ebenfalls den Rücken zu und stellte sich neben Georg an die Theke. »Nee, was?«
    »Ich hab eine Stelle gekriegt, drüben, in den USA .«
    Ben spürte, wie seine Hände kalt wurden. Er nickte.
    »Kansas University, meine Diss hat ihnen gefallen. Sie haben angefragt, per Mail, das musst du dir mal vorstellen. Ob ich Lust hätte, ein paar Semester lang bei ihnen zu unterrichten.«
    »Und?«
    »Ich bin hingeflogen, Ende Februar. Hat mir gut gefallen.« Georg presste die Lippen so aufeinander, dass sich seine Wangen aufblähten. »Das wollte ich ja schon immer – drüben mal lehren.«
    Ben hatte plötzlich einen seltsamen Druck auf der Brust. »Du gehst weg aus Berlin …« Es war keine Frage, natürlich nicht. Georg hatte es ihm ja eben gesagt: Er ging weg aus Berlin. Es kam Ben so vor, als wäre ihm leicht schwindlig.
    Georg sagte nichts. Er hatte die Hände auf die Theke gestützt, sah an die Wand mit den Gläsern, vor der die beiden Barkeeper bedienten.
    »Schade«, sagte Ben.
    Georg sah ihn nicht an.
    »Nein, ich meine, freut mich natürlich für dich«, beeilte sich Ben zu ergänzen. »Aber schade – dass du gehst, meine ich.« Fast hätte er den Kopf hängen lassen.
    Er fühlte, wie Georg ihm gegen den Arm stieß. »Du musst kommen, Ben, okay? Ich hab das auch schon den anderen gesagt, ihr lasst mich da nicht allein!«
    Ben grinste. »Ja, sowieso …« Seine Stimme klang merkwürdig.
    »Georg?«
    Hinter ihnen hatte jemand seinen Namen gerufen.
    Georg wandte sich um. »Hi!« Er legte den Kopf auf die Seite. »Ich dachte, du kommst gar nicht mehr.«
    Ben drehte sich ebenfalls um. Ein Mädchen,

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