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Der Architekt

Der Architekt

Titel: Der Architekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas Winner
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langsam, bevor er fortfuhr. »Seit langem schon bin ich auf der Suche nach einem Stoff, der mehr ist als nur ein gewöhnlicher Krimi, ein beliebiger Thriller. Ein Stoff, in dem Wahrheit steckt – Wahrheit und Emotion. Sie können es wahrscheinlich nicht so sehen, Herr Götz, aber für mich ist Ihre Geschichte das Größte und Packendste, was ich jemals gehört habe.«
    Götz’ Kopfhaut schien sich ein wenig nach hinten zu schieben. »Sie wollen aus meinem Leben ein Buch machen«, sagte er. »Sich ranhängen an das, was ich erlebt habe. Es zu Geld machen. Sehe ich das richtig?«
    Es kribbelte Ben am ganzen Körper. Er hatte nicht damit gerechnet, dass Götz sofort derart auf Konfrontation gehen würde. Wenn er kein bisschen an dem Buchprojekt interessiert war, warum hatte er dem Treffen dann zugestimmt? Seewald hatte ihm doch mit Sicherheit gesagt, in welcher Angelegenheit Ben ihn sprechen wollte.
    »Ich hänge mich ran, von mir aus können Sie das so sagen – aber ich hätte es nicht gewagt, Sie um ein Gespräch zu bitten, wenn ich nicht fest davon überzeugt wäre, dass mein Projekt für uns beide Vorteile hat – auch wenn das vielleicht ein wenig herzlos für Sie klingen mag.« Wenn Götz die Dinge beim Namen nannte, würde er es auch tun, dachte Ben.
    »Und wie?«
    »Das habe ich schon versucht, Herrn Seewald zu erklären: Indem ich die Ereignisse aus Ihrer Sicht darstelle. Egal wie der Prozess ausgeht, mit meinem Buch haben Sie eine in sich stimmige Beschreibung der Zusammenhänge, die nur einen Schluss zulässt: Dass Sie unschuldig sind.«
    »Woher wissen Sie das?«
    Ben hatte das Gefühl, Fuß zu fassen. »Sie sind ein begnadeter Baumeister, Herr Götz, kein durchgeknallter Mörder.«
    Götz’ Mund war nur ein Strich.
    »Haben Sie mal einen meiner Filme gesehen?«
    »Was schreiben Sie, TV -Zeug?« Götz schnalzte mit der Zunge. »Tut mir leid, ich schaue mir so was nicht an.« Und dann geschah etwas, womit Ben nicht gerechnet hatte. Götz stand auf. Die Stuhlbeine schabten über den Linoleumboden. »Sorry, Herr Lindner –«
    »Ich schreibe den Anfang, okay?«, fiel Ben ihm hastig ins Wort. »Ich schicke Ihnen das hierher, und Sie sehen sich das in Ruhe an.« Seine Stimme klang hell. »Und wenn es Ihnen gefällt, helfen Sie mir, die Fakten richtig hinzubekommen.«
    Götz war am Tisch stehen geblieben, seine Augen, die jetzt beinahe indisch wirkten, so dunkel und groß waren sie, blinkten. »Sie sind ja mächtig motiviert, Junge, das muss ich Ihnen lassen.«
    Lass mich jetzt nicht im Stich, stieß Ben innerlich hervor. »Sie kennen meinen Namen nicht, aber Seewald kann Ihnen eine Vita von mir vorlegen. Ich habe eine ganze Reihe von Drehbüchern zu Filmen geschrieben, die gut gelaufen sind. Doch es hat begonnen, mich zu langweilen, verstehen Sie? Ich habe von Ihrem Fall gehört und gewusst: Das ist es. Das ist, wonach ich gesucht habe! Ich habe alle Aufträge abgesagt und begonnen, Ihrem Prozess zu folgen.«
    Götz schien noch immer nachzudenken.
    »War er es – oder nicht? Das Rätsel, das sich darin verbirgt, ist wie eine Droge. Niemand kann sich dem Sog, der davon ausgeht, entziehen.« Ben spürte, wie eindringlich er klang. »Jeder, der einmal von Ihrem Fall gehört hat, wird von so etwas wie einer inneren Unruhe gepackt. Denn es kann nicht
beides
wahr sein: Dass Sie ein unschuldiges Opfer sind – und dass Sie ein Mörder sind, der nicht davor zurückschreckt, seine beiden Töchter zu erschlagen. Was aber
ist
wahr? Das ist es, was einem keine Ruhe lässt.« Ben hatte sich vorgebeugt, den Blick auf Götz’ Gesicht geheftet. »Wir werden den Menschen das geben, wonach sie sich mehr als nach allem anderen sehnen. Wir werden ihnen zeigen, dass Sie
nicht
zugeschlagen haben! Dass es dieses Monstrum nicht gibt, dass niemand jahrzehntelang erfolgreich sein Leben lebt und plötzlich aus heiterem Himmel beginnt, die hilflosen Liebsten um sich herum zu erschlagen. Wir werden den Menschen zeigen, dass die Welt genau das ist: so heil, wie sie sich das immer vorgestellt, ja, gewünscht haben! Dass es den Abgrund des Bösen zwar gibt: Jemand hat Ihre Familie ausgelöscht. Aber das Böse trägt nicht die Maske des Guten, es verbirgt sich nicht hinter einer Fassade des Erfolgs, das Böse lauert nicht unter der Oberfläche des Julian Götz – es lauert nicht in einer Villa in Wannsee. Der Täter hat ein anderes Gesicht, wer ihn sieht, erkennt ihn sofort. Mit uns erlebt der Leser, wie die Dinge wieder

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