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Der Architekt

Der Architekt

Titel: Der Architekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas Winner
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sich jedoch, kaum dass Ben ihn einordnen konnte, schon wieder verflüchtigte, weil sich das Licht, das unter dem Boden aus Glas angegangen war, stabilisierte.
    »Berlin, ja, ja.« Sebastian schien vollkommen ignorieren zu wollen, dass er ihn hier ertappt hatte. »Götz hat es anfertigen lassen, als er begann, sich mit Stadtplanung zu beschäftigen.«
    Staunend begriff Ben, dass unter dem gläsernen Fußboden des Arbeitsraums ein gewaltiges Modell Berlins aufgebaut war, das die ganze Fläche des Zimmers einnahm.
    »Alles da. Reichstag, Brandenburger Tor, sogar den Zoo hat er modellieren lassen.« Sebastian feixte. »Hat Ihnen Sophie das nicht gezeigt?«
    Ben kniete sich auf den Glasboden. Direkt unter ihm stach die Spitze des Fernsehturmes bis knapp unter die Scheibe in die Höhe. »Wahnsinn.«
    »Sie brauchen sich nicht hinzuknien, Ben. Hier, sehen Sie sich das an.«
    Sebastian durchquerte den Raum und drückte neben dem Architektentisch gegen die Korkwand. Eine Tür öffnete sich, die Ben dort nicht vermutet hätte, weil ein großer Papierbogen sie ganz bedeckte.
    »Hier können wir nach unten zum Modell!« Sebastian trat in die Lücke, die sich in der Wand aufgetan hatte. »Wollen Sie es sich einmal von unten anschauen?« Er hielt die Tür mit seinem Rücken auf und wies ein paar Steinstufen hinab, die dahinter nach unten liefen.
    Ben trat an Sebastian vorbei in den Zwischenraum, in den die Tür führte. Ein relativ schmaler Spalt von nicht mehr als einem Meter Breite, der sich zwischen der Innenwand des Arbeitszimmers und der Außenwand der Villa befinden musste.
    »Götz hat das Haus ja selbst entworfen«, meinte Sebastian und trat zur Seite, so dass die Tür hinter ihm zufiel. »Da konnte er sich so eine Spielerei natürlich einbauen.«
    Jetzt, da die Tür geschlossen war, sah Ben, dass die Treppe, die nach unten zum Modell führte, auf der anderen Seite, hinter Sebastian, auch nach oben verlief.
    »Und wo kommt man da hin?« Er nickte die Treppe hinauf.
    »Wollen Sie sich nicht erst mal das Modell ansehen?«
    Das kannte er doch jetzt schon. »Sind Sie schon mal dort hochgegangen?« Ben machte ein dümmliches Gesicht.
    »Um ehrlich zu sein, nein«, antwortete Sebastian und sah nun ebenfalls die Treppe hoch.
    »Lassen Sie uns doch mal gucken«, meinte Ben und machte Anstalten, an Sebastian vorbeizugehen.
    Aber der wollte sich anscheinend nicht überholen lassen, denn er begann, selbst die Stufen emporzusteigen.
    »Faszinierend, oder?«, hörte Ben ihn sagen, während sie hintereinander die Treppe erklommen. »Wissen Sie, worauf mich das bringt?« Sebastian blieb stehen und drehte sich zu Ben um. Die in die Wand versenkten Leuchten zeichneten auf sein Gesicht mehr Schatten als Helligkeit. »Wenn Götz es nicht war, und er war es ja nicht, nicht wahr …«
    Ben zuckte mit dem Kopf ein wenig zur Seite.
    »Wer war es dann?« Sebastian beugte sich nach vorn. »Haben Sie sich das schon mal gefragt?«
    »Hm.« Nimm dich in Acht vor ihm, ermahnte sich Ben.
    »Ich meine, wer kommt denn dafür überhaupt in Frage?«
    Du, schoss es Ben unwillkürlich durch den Kopf. Aber er sagte nur: »Keine Ahnung.«
    Sebastian drehte sich um und stieg die Treppe weiter nach oben. Nach zehn, fünfzehn Stufen endete sie an einem Absatz. Sebastian wandte sich nach links.
    »Hier ist noch so ein Zwischengeschoss wie unten bei dem Modell«, verkündete er und betrat geduckt die nur knapp eineinhalb Meter hohe, unbeleuchtete Zwischenebene.
    Ben hatte hinter ihm inzwischen ebenfalls den Treppenabsatz erreicht. Das Zwischengeschoss wurde nur durch den Widerschein beleuchtet, der vom Treppenaufgang aus hineinfiel.
    Ben zog den Kopf ein und folgte ihm.
    »Das gefällt dir, was? Hier herumzuschnüffeln.«
    Ben fuhr zurück. Hatte er sich verhört? Er sah nach vorn.
    Sebastian hatte ihm den Rücken zugewandt und lief weiter gebeugt durch das Geschoss.
    »Im Dreck zu wühlen, dich in Betten zu wälzen, in denen du nichts verloren hast, hm? Je schmutziger, schmieriger, desto besser, was?«
    Ben war stehen geblieben. »He, was soll das?« Er ließ sich hier doch nicht beleidigen!
    Jetzt wandte sich Sebastian um. »Gib’s doch zu. Manch einer fühlt sich erst wohl, wenn er seine Nase tief in den Dreck anderer Leute stecken kann!«
    Ben war so überrumpelt, dass er sich aufzurichten versuchte. Hart schlug sein Hinterkopf gegen die unverputzte Betondecke.
    »Soll ich dir das Zimmer der Kinder zeigen? Das Zimmer von Pia. Von Svenja. Willst du dich in

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