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Der Architekt

Der Architekt

Titel: Der Architekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas Winner
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Schwiegermutter standen etwas abseits an einem Rosenbeet und schienen sich über den Schnitt der Pflanzen zu unterhalten. Gebhart hatte sich schon seit einer halben Stunde nicht mehr blicken lassen, und Sophie war kurz zuvor ins Haus gegangen, um, wie sie sagte, noch etwas zu holen.
    »Hab dich!« Sebastian packte seine Tochter in vollem Lauf und warf sie in die Höhe. »Rrrrrrrr«, knarrte er, klemmte sie sich unter den Arm und lief mit ihr im Kreis um den Goldfischteich. »Hast du gesehen, was ich mit Tante Christine gemacht habe?«, schnarrte er. »Jetzt bring ich dich in dein Zimmer und schlag dir den Kopf ein!«
    Bens Kopf sackte nach vorn.
Was?
    »Neiiiiin«, Antonia juchzte. »Nicht, Papa, bitte nicht!«
    »Doch! Und dann schnapp ich mir deinen Bruder Frieder und erschlag ihn in seinem Bett.« Sebastian rollte mit den Augen und begann, auf Frieder zuzurennen, der, etwas weniger vergnügt als seine ältere Schwester, seinem Vater entgegenstarrte.
    Ben stand auf. Das war ja völlig grotesk.
    »Das kann doch wohl nicht wahr sein«, kam es ihm unwillkürlich über die Lippen, als er sah, wie Sebastian seine Tochter auf den Rasen legte und sie mit einer Hand festhielt, während er die andere – umklammerte er eine imaginäre Messinglampe? – hoch über den Kopf hob und mit großer Geschwindigkeit heruntersausen ließ.
    »Los, du musst die Hände vors Gesicht halten, dich zu schützen versuchen«, schnaufte er Antonia Regieanweisungen zu. »Es ist doch schon alles voll Blut!«
    Ben wandte sich ab. Das war ja grauenvoll! Er marschierte auf die Terrassentür zu, durch die Sophie im Haus verschwunden war.
     
    »Ach, kommen Sie!« Sophie stand an dem polierten Eichenholztisch in der Küche und war dabei, einen Sektkübel mit Eiswürfeln zu füllen. »Das haben Sie falsch verstanden.«
    »Nein!« Ben ärgerte sich. Was heißt hier falsch verstanden? »Ich hab’s doch genau gesehen. Er hat so getan, als würde er sie mit einer Messinglampe erschlagen.«
    »Messing? Und woran haben Sie gesehen, dass die Lampe nicht aus Stahl war?« Sophie atmete hörbar aus. »Sebastian ist verrückt, daran besteht kein Zweifel. Fragen Sie meine Eltern. Aber so etwas macht er nicht.« Sie ließ frisches Wasser in die Behälter laufen, aus denen sie die Eiswürfel genommen hatte, und schob sie zurück in das Gefrierfach.
    »Denken Sie, ich habe mir das ausgedacht?«
    »Nein, natürlich nicht.« Bevor Sophie das Gefrierfach wieder verschloss, zog sie eine Flasche Champagner daraus hervor. »Er spielt mit seinen Kindern, das kam Ihnen nur so vor.« Sie bohrte die Champagnerflasche in die Eiswürfel. »Basti war vorhin ja wirklich nicht sehr freundlich zu Ihnen.« Sie unterbrach sich. »Wollen wir uns duzen? Ich bin Sophie.«
    Ben lächelte und gab ihr die Hand. »Ben.«
    »Wo bleibt der Sekt?«
    Sophie ließ ihre Hand noch einen Augenblick in Bens Hand liegen und sah durch das Küchenfenster in den Garten. Es war Sebastian. Er stand vor dem Fenster, Frieder auf dem Arm, und gestikulierte.
    Sophie ließ Bens Hand los. »Kommen Sie, komm …« Sie lächelte. »Wir trinken noch ein Glas zusammen.«
    In Bens Hand glühte das Gefühl der Berührung nach. »Gleich, ich müsste nur rasch noch einen Anruf erledigen.«
    »Okay.« Sie griff nach dem Tablett, auf das sie bereits Gläser und Sektkübel gestellt hatte, und schüttelte den Kopf, als er Anstalten machte, es ihr abzunehmen. »Das geht schon, danke. Telefonier nicht zu lange!«
     
    Während Ben durch das Fenster hindurch verfolgte, wie Sophie mit dem Tablett barfuß über den Rasen zum Gartentisch schritt, lauschte er in das stumme Handy an seinem Ohr. Schon bei seinem ersten Besuch in der Küche vor ein paar Tagen war ihm aufgefallen, dass es außer dem Durchgang zur Haupthalle ein paar Stufen gab, die in eine Art Seitenflügel der Villa zu führen schienen. Er nahm das Handy herunter, ließ es in die Innentasche seines Jacketts gleiten und ging die Stufen hinab. Sie brachten ihn in ein großes, lichtdurchflutetes Wohnzimmer, das, wie das Schlafzimmer der Eheleute, ganz in Weiß gehalten war und an dessen Wänden sorgfältig in Aluminium gerahmte Plakate von Kunstausstellungen der letzten Jahre hingen. An der gegenüberliegenden Wand befand sich ein weiterer Durchgang, durch den hindurch Ben einen großen hölzernen Tisch sehen konnte.
    Wenn sie mich hier beim Herumstöbern ertappen, ist es aus, dachte er, während er rasch durch das Wohnzimmer in den angrenzenden Raum ging und sich

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