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Der Architekt

Der Architekt

Titel: Der Architekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas Winner
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Umfeld zeigen. Je mehr man darüber erfährt, desto deutlicher sieht man, wie absurd es ist zu glauben, er könnte seine Frau und seine beiden Töchter getötet haben.«
    Gebhart schwieg, ohne seine Position zu ändern.
    »Und warum sind Sie so sehr davon überzeugt, dass er es nicht war?« Sebastian hatte das Kinn nach oben gereckt und sah Ben über die Wangenknochen hinweg an.
    »Sind Sie es nicht?« Ben hielt dem Blick stand.
    Sebastian holte Luft und sah seinen Vater an.
    »Natürlich sind wir das!«, sagte Franziska. »Julian … Ich erinnere mich, als er das erste Mal bei uns war, das ist über fünfzehn Jahre her, oder?« Sie sah zu Sophie, die nickte.
    »Christine war noch ein Teenager. Es ging um einen Erweiterungsbau von Gebharts Firma. Julians Entwurf hat meinem Mann so gut gefallen, dass er ihn gleich mit nach Hause gebracht hat.«
    Gebhart brummte.
    »Wir waren sofort sehr angetan von ihm.«
    »Sie verstehen sich sicher auch schon deshalb so gut mit ihm, weil Sie beide so kreative Berufe haben«, rief Sebastian dazwischen. »Autor und Architekt – ich möchte nicht wissen, zu welchen Höhenflügen Sie sich gemeinsam emporschwingen, wenn Sie in der U-Haft zusammensitzen.«
    »Genug!«, entfuhr es Gebhart zu Bens Linker. Er stieß sich vom Tisch ab, stand auf und schritt, ohne sich noch einmal umzusehen, zu den Kindern, die noch immer am Goldfischteich hockten und mit Stöcken die Fische anlockten.
    »Christine fehlt ihm«, sagte Sophie halblaut zu Ben, wie um die schroffe Reaktion ihres Vaters zu entschuldigen.
    »Papa!« Sebastian war ebenfalls aufgesprungen und lief ihm nach. Aber Ben kam es so vor, als würde sich der alte Mann unwillkürlich abwenden, als sein Sohn ihn erreichte und ihm eine Hand auf die Schulter legte.

31
    »Wenn du sie herunternimmst, mach ich es auch.«
    Mias Lippen hatten fast sein Ohr berührt, das unter den schwarzen Locken hervorsah. Sie hatten sich in eine Ecke des Saals zurückgezogen. Fast zehn Meter von ihnen entfernt befand sich die Tanzfläche, auf der einige Gäste begonnen hatten, sich zu dem stampfenden Sound zu bewegen, der, aus unsichtbaren Lautsprechern kommend, über den Boden zu fließen schien. Einzelne heruntergedimmte, niedrig plazierte Stehlampen warfen Licht auf Gruppen von Sesseln und Sofas, auf denen weitere Gäste nur als Silhouetten zu erkennen waren.
    Der Mann wandte den Blick nicht von der Tanzfläche. »Behalt deine auf«, hörte Mia ihn sagen. Dann sah sie, wie er eine Hand hob und die ausgestreckten Finger unter den Rand der Maske schob, die sich unterhalb seines Kinns in die Haut bohrte. Es quietschte, seine Wangen wurden durch das Gummi noch tiefer eingeschnitten, sein Arm spannte sich. Dann bog er die Maske über das Kinn hinweg, ließ sie zwischen Oberlippe und Nase auf das Gesicht zurückschnalzen. Seine Lippen waren ebenmäßig. Mia konnte sehen, wie sauber und großzügig seine Mundpartie geschnitten war. Seine Augen hinter den Sichtlöchern glänzten im Dunkeln. Er hob ihre Hand an die Lippen. Sie waren kühl und trocken, drückten sich vorsichtig auf ihre Finger. Fast wäre ihr Körper gegen seinen gesunken. Sie fing sich jedoch rechtzeitig ab und verlagerte ihr Gewicht auf das andere Bein.
    »Weiter.« Ihre Stimme war kaum zu hören.
    Sein Mund verzog sich zu einem Lächeln, ein spöttischer, schalkhafter Ausdruck.
    »Mach du es.«
    Vorsichtig griff sie nach dem Gummi, das sich unterhalb seiner Nase fest an sein Gesicht presste. Sie zog es hoch, spürte, wie es sich verformte, dehnte, spannte, hob es über die Nasenspitze, achtete darauf, die Augen nicht zu berühren, ließ es auf die Stirn schnappen.
    Er lachte sie an. Sein Gesicht passte gut zu den schwarzen Locken. Sie schätzte, dass er Anfang dreißig war, vielleicht jünger.
    Sie griff nach ihrer eigenen Maske, wollte sich ebenfalls entblößen, gleichziehen, auf eine Stufe stellen, aber er hielt ihre Hand fest, führte sie wieder an die Lippen, küsste sie.
    »Nicht …« Und noch einmal, noch leiser, vorsichtiger, bittend beinahe. »Nicht, okay?«

32
    »Aaaaaaaaahhh!« Antonia kreischte freudestrahlend, so laut sie konnte, und rannte über den Rasen. Hinter ihr Sebastian. »Uuuuuuuhhhhh!« Er hatte die Arme ausgebreitet, die Hände nach unten geklappt, die Finger gespreizt und gekrümmt, als würde er sich jeden Augenblick auf seine Tochter stürzen und sie mit seinen Klauen zerreißen wollen. Ben sah ihnen vom Tisch aus zu, an dem er sitzen geblieben war. Katharina und ihre

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