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Der Architekt

Der Architekt

Titel: Der Architekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas Winner
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ihre Betten legen? Vielleicht kann Sophie ja noch mal die blutigen Laken für dich aufziehen!«
    Die Worte trafen Ben wie Pfeilspitzen. Er war viel zu empört, als dass er gewusst hätte, was er antworten sollte. Er wollte nur noch raus aus diesem Zwischengeschoss, aus der Dunkelheit, in der er glaubte, kaum noch Luft zu bekommen. Da war Sebastians quälende Stimme erneut zu vernehmen.
    »Oder was ist es, was du hier willst, hm?«
    Er ist verrückt, dachte Ben, und gleichzeitig platzte es aus ihm heraus: »Was denn? Wollen Sie mich so lange in die Enge treiben, bis ich nicht mehr anders kann? Bis ich es Ihnen ins Gesicht schreien muss – dass ich
Sie
für den Täter halte?!«

33
    Ben stand geduckt in dem viel zu niedrigen Stockwerk. Er hatte die Hände auf die Oberschenkel gestützt, sein Rücken war schmerzhaft verkrampft.
    Die Vorstellung, nach unten in den Garten zu den anderen zu gehen und so zu tun, als wäre nichts geschehen, erschien ihm unerträglich. Von der Luft, der Enge in dem niedrigen Geschoss kam er sich regelrecht verdreckt und staubig vor. Und doch machte er nicht gleich kehrt, um Sebastian zu folgen, der, ohne noch etwas zu sagen, an ihm vorbei zum Ausgang gegangen war. Die Neugier hatte Ben gepackt. Er wollte sehen, wohin ihn das Zwischengeschoss führte.
    Kurz darauf gelangte er an die Mauer, die das Geschoss abschloss. Bens Hände glitten über den Putz, der ihm den Weg versperrte und ihm merkwürdig unregelmäßig vorkam. Er spürte, wie der Mörtel unter seinen Fingern bröckelte, klopfte dagegen, hörte, wie der Putz auf den Boden rieselte. Das Material darunter fühlte sich anders an. Holz?
    Er holte sein Handy aus der Tasche und ließ den kleinen Bildschirm aufleuchten. Jetzt war es deutlich zu erkennen: Ein Holzlädchen mit einem Griff. Vorsichtig rüttelte Ben an dem Knauf. Das Lädchen ließ sich zur Seite schieben! Dahinter kam eine Scheibe zum Vorschein.
    Ben hielt inne, wartete, bis das Handydisplay wieder verlosch. Dann drückte er den kleinen Holzladen, der sich gerade auf Augenhöhe befand, ganz zur Seite.
    Das Fensterchen dahinter war trübe und verschmiert. Ben starrte auf das Glas. Erst nach und nach begann er, Umrisse auszumachen, die er durch die Scheibe hindurch erkennen konnte. Das Fensterchen schien nicht nach draußen zu führen, sondern in einen anderen Raum des verschachtelten Baus.
    Er stutzte. Schräg unter ihm waren Möbel zu erkennen. Ein Schrank, ein Tisch, ein Sessel – und auf dem Sessel, mit der Rückenlehne zu Ben, ein Mann. Er hatte den Kopf weit in den Nacken gelegt, seine Hände ruhten auf den Armstützen.
    Schlagartig erkannte Ben ihn. Es war Gebhart Voss.
    Ben stieß mit der Nase gegen die trübe Scheibe. Gebhart war nicht allein dort unten. Jetzt nahm er eine Hand von der Armlehne und legte sie …
    Was war das? Hatte er eine Katze auf dem Schoß? Ben konnte nur schlecht erkennen, was es war, der Sessel stand zu ungünstig dafür. Gebhart schien etwas zwischen den Beinen zu haben, etwas, das sich bewegte – der Kopf einer Frau! Ben konnte ihre langen Haare sehen. Sie hockte vor dem Alten, ihre Arme lagen links und rechts auf seinen gespreizten Beinen, das Gesicht über seinen Rumpf gebeugt …
    Mit einer entschlossenen Bewegung zog Ben das Holzlädchen wieder zu. Das Gefühl, sich beschmutzt zu haben, war überwältigend. Benommen und ärgerlich darüber, dass er sich von Sebastian im Arbeitszimmer hatte erwischen lassen, dass er sich nicht längst aus diesem Haus verabschiedet hatte, stapfte er durch das Geschoss zur Treppe.
    Als er die Tür unten an der Treppe erreicht hatte, ließ sie sich jedoch nicht öffnen.
    »Was soll das!« Die Wut schoss Ben mit solcher Macht zu Kopf, dass er mit voller Wucht gegen das Holz trat. Der Schmerz pulsierte durch seinen Fuß. Er riss an der Klinke. Die Tür sprang auf. Sie hatte nach oben und nicht nach unten gedrückt werden müssen!
    Der Zorn, der Ben für einen Moment geschüttelt hatte, ebbte ab. Wie gerädert und doch erleichtert, dass ihm die Tür den Weg freigab, trat er ins Arbeitszimmer.
     
    »Haben Sie jetzt genug gesehen?« Sebastian kam ihm lachend über den Rasen entgegen, als Ben kurz darauf in den Garten schritt. »Meine Schwester hat sie schon überall gesucht.«
    Ben zwang sich, ruhig zu bleiben. »Wo ist Sophie denn?« Er sah sich um und unterdrückte den Impuls, Sebastian ins Gesicht zu schlagen.
    »Sie holt sich einen Pullover aus ihrem Zimmer. Ihr war ein wenig kalt.« Sebastian lächelte.

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