Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Arzt von Stalingrad

Der Arzt von Stalingrad

Titel: Der Arzt von Stalingrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
sich streichelnd über die Brüste. Das Gefühl, schreien zu müssen, nahm ihr den Atem. Keuchend ließ sie sich auf das Bett fallen und vergrub das Gesicht in den Kissen.
    So traf sie Dr. Sergeij Basow Kresin an, als er ohne anzuklopfen eintrat.
    Einen Augenblick blieb er verblüfft an der Tür stehen. Dann setzte er sich räuspernd auf einen Stuhl und lächelte sarkastisch, als Alexandra herumfuhr und das Bettuch über ihre Blöße zog.
    »Bei der Morgengymnastik, Täubchen?« fragte Dr. Kresin ironisch. »Ein wenig anstrengend, finde ich.«
    »Warum haben Sie nicht angeklopft? Was wollen Sie hier?« schrie ihn die Kasalinsskaja an. In ihren Augen flackerte der Jähzorn. Sie wickelte sich in das Laken und setzte sich auf den Bettrand.
    »Was wollen Sie?!« schrie sie wieder. Das dünne Leinen klebte auf ihrem nackten Körper.
    »Ich wollte Ihnen sagen, daß Sie krank sind, Alexandra.«
    Sie lachte schrill auf und warf die Beine auf das Bett. Sie lag jetzt halb, nur der Oberkörper und der Kopf waren aufgerichtet.
    »Was soll ich haben?«
    »Eine innere Krankheit. Außerdem sind Sie sehr überarbeitet. Sie brauchen Ruhe!« Dr. Kresin kniff die Augen zusammen. »Was halten Sie von einer Ausspannung? Von Ferien? Sagen wir zwei Wochen.«
    »Im Winter?« Alexandra sah Dr. Kresin mißtrauisch an. »Im Schneesturm?«
    »Schneeluft ist rein und gesund.«
    »Sie wollen mich abschieben, Genosse Kresin?«
    »Alexandra.« Dr. Kresin hob beschwörend beide Hände. »Sie sind uns unentbehrlich. Aber Ihre Gesundheit geht uns vor! Sie haben in der letzten Zeit sehr nachgelassen – nicht in der Arbeit, das will ich damit nicht sagen, aber im Aussehen. Ihre Nerven machen nicht mehr mit. Ich werde Sie für vierzehn Tage nach Stalingrad schicken, in unser Erholungsheim …«
    Die Kasalinsskaja zuckte mit den schönen bloßen Schultern. Sie waren ein bißchen gelblich … ihr ganzer Körper war es, eine Haut wie eine Kalmückin, wie eine Mandschufrau – gelbliches Weiß von porzellanhafter Zartheit und Durchsichtigkeit.
    »Wenn Sie es so wollen, Genosse Kresin«, sagte sie mit gelangweilter Stimme. »Wann soll ich fahren?«
    »Am besten übermorgen. Dann hat sich der Sturm gelegt. Ich bringe Sie selbst hin, Alexandra.«
    »Das ist nett.« Sie lächelte rätselhaft. »Irre werden immer von ihren Ärzten begleitet.«
    »Was Sie nur haben.« Er erhob sich und gab ihr die Hand. Ihre Finger waren kalt, wie abgestorben, und er hätte geschworen, daß sie heiß sein müßten. Ein leichtes Zittern ließ ihre Hand erbeben. Sie hat sich gut in der Gewalt, stellte er fest. Nur wenn sie allein ist, bricht sie zusammen. Sie hat die Achtung vor sich selbst verloren, das wird es sein. Sie schlägt über sich selbst zusammen wie Wellen an einer Klippe.
    Als er hinausgehen wollte, hielt ihn ihre Stimme fest.
    »Wie geht es Dr. von Sellnow?« fragte sie.
    »Verhältnismäßig gut. Wir nehmen an, daß es eine Vergiftung war.«
    »Eine Vergiftung? Wie kommen Sie darauf?« Ihr Blick wurde starr.
    »Wegen der Symptome, Genossin. Es spricht vieles dafür. Nur wissen wir noch nicht, wie es geschah. Wenn wir das erst wissen, sehen wir weiter. Und Gnade Gott, wenn es ein Anschlag war. Den Täter bringe ich eigenhändig um!«
    Er verließ den Raum. Als er die Tür hinter sich schloß, stand Alexandra immer noch wie erstarrt vor ihrem Bett.
    Am Nachmittag, beim Nachlassen des Schneetreibens, wurden die Untersuchungen fortgeführt. Jetzt assistierte Dr. Kresin dem deutschen Arzt, während Worotilow mißmutig auf seinem Stuhl hockte und sich quälte, ein diensteifriges Gesicht zu zeigen. Kommissar Wadislav Kuwakino war sehr zufrieden. Der Hase hatte vorzüglich geschmeckt, der Wodka war alt und stark, Bascha hatte geile Augen gemacht, als er ihr beim Servieren in die volle Brust kniff … Kuwakino war sehr fröhlich und machte sich ein Vergnügen daraus, mit einem langen Lineal den Gefangenen auf den nackten Hintern zu schlagen und jedes Klatschen mit einem genießerischen Nicken zu begleiten.
    Leutnant Markow war nicht mehr gekommen. Er lag auf seinem Bett im Nebenzimmer und wälzte tausend Rachegedanken. Weniger das an seinen Kopf geschleuderte Tintenfaß regte ihn so auf, als vielmehr das Bravo, das aus der langen Reihe der wartenden Plennis gekommen war. Er nahm sich vor, nichts Menschliches mehr im Umgang mit den Deutschen zu zeigen, und er weidete sich an den Bildern, die seine Phantasie vorspiegelte.
    Dr. Böhler untersuchte schnell und energisch. Seine

Weitere Kostenlose Bücher