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Der Arzt von Stalingrad

Der Arzt von Stalingrad

Titel: Der Arzt von Stalingrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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in den Tod … aber nicht allein. Ich gehe mit ihm …
    Wenn die Tür öffnet, werde ich abdrücken … erst er, dann ich … Dann haben wir Ruhe, soviel Ruhe. Und seine Liebe gehört nur mir allein …
    Mit einem Ruck wurde die Tür aufgerissen. Die Pistole in ihrer Hand fuhr empor. In der Tür stand Dr. Kresin …
    Major Worotilow stand am Fenster und starrte auf die verschneiten Baracken. Er stand mit dem Rücken zu Dr. Böhler, der am Tisch saß und eine von Worotilows türkischen Zigaretten rauchte. Die Finger des Majors trommelten nervös auf die vereiste Scheibe … es war das einzige Geräusch, das im Zimmer zu hören war.
    »Ich muß Ihre Meuterei nach Moskau melden«, sagte Worotilow plötzlich. Seine Stimme zerriß die Stille. Fast erschrocken über diesen plötzlichen Laut blickte Dr. Böhler auf.
    »Das sollen Sie auch.«
    »Man wird Sie nach 5110/36 bringen. Nach Workuta am Eismeer! Dort haben Sie keinerlei Hoffnung mehr, Köln je wiederzusehen. In Workuta sind bis jetzt 300.000 Sträflinge gestorben.«
    »Und darauf sind Sie als Russe stolz!«
    Worotilow wich einer Antwort aus – er trommelte wieder gegen die Scheibe. »Es wird sich nichts ändern, wenn Sie weg sind. Ich werde die halben Portionen ausgeben und alle Vergünstigungen sperren, bis sich die Täter gemeldet haben! Wir kommen auch ohne einen Dr. Böhler aus.«
    »Das glaube ich gern. Darum möchte ich auch gehen. Ich will nicht zusehen, wie Tausende vor die Hunde gehen, nur weil ein russischer Major die Wahnidee hat, daß das Grauen, daß die Grausamkeit allein Sieger über den Menschen ist! Sie sind Russe, aber Sie sind auch Offizier. Und davon kommen Sie nicht los … das ist die Tragik Ihres Lebens! Sie müssen ein Sowjet sein – und wären doch lieber ein Soldat im Sinne von Clausewitz.«
    »Halten Sie den Mund!« schrie Worotilow vom Fenster her. »Ich habe bereits Kommissar Kuwakino von Ihrer Meuterei berichtet – genügt Ihnen das?! Ihre Stelle wird Dr. von Sellnow einnehmen, der übermorgen von Stalingrad-Stadt geholt wird! Dr. Schultheiß bleibt auch, die deutschen Schwestern …«
    »Dr. Schultheiß, die Schwestern und das gesamte Sanitätspersonal legen gleichfalls die Arbeit nieder.«
    »Dann kommen auch sie in ein Straflager!« brüllte Worotilow. »Ich werde das Lazarett mit meinen russischen Ärzten weiterführen, bis ich aus anderen Lagern wieder deutsche Ärzte bekommen habe. Es gibt Tausende von gefangenen Ärzten!«
    »Das streite ich nicht ab. Aber auch sie werden nicht anders reagieren, wenn sie sehen, was hier gespielt wird! Man hat einen Verräter, einen Lumpen, einen Spion zu ersäufen versucht. Walter Grosse ist in unseren Augen ein Schwein, auch wenn er unter dem Druck Kuwakinos handelte. Er gab sich aus Feigheit in seine Hand und opferte seiner Angst Hunderte von Kameraden! Ich möchte wissen, Major Worotilow, was man in Rußland täte, würde man solche Männer in den Reihen der Sowjetsoldaten entdecken. Wie würde die Rote Armee handeln, Major Worotilow?!«
    »Warum unterhalte ich mich überhaupt mit Ihnen?« Worotilow drehte sich herum. »Sie sind ein Plenni! Das scheinen Sie wohl ganz vergessen zu haben! Machen Sie, daß Sie 'rauskommen!«
    Dr. Böhler erhob sich. Er drückte seine Zigarette aus und nahm seine Fellmütze vom Tisch. »Ich werde das Lazarett gleich räumen und mir in einer Baracke eine Schlafstelle suchen.«
    »Sie bleiben im Lazarett, bis man Sie abholt!«
    »Aber ich werde nicht praktizieren.«
    »Sie werden!« Worotilow trat näher. Er griff nach seinem Koppel zog die langläufige Pistole aus dem Futteral und legte sie auf den Tisch vor Dr. Böhler. »Ich werde neben Ihnen stehen mit dieser Pistole. Und neben dieser Pistole werden Sie operieren!«
    »Das werde ich nicht! Eher werden Sie schießen!«
    »Ich werde nicht zögern.«
    »Dann sind wir uns ja einig.« Dr. Böhler grüßte. »Um halb elf soll eine erfrorene Hand amputiert werden. Ich erwarte Sie um halb elf im Operationszimmer. Mit Pistole, Major. Wenn Sie mich erschossen haben, wird ja wohl Dr. Kresin die Amputation machen …«
    Worotilow schüttelte den Kopf. »Nein, Dr. Böhler. Wir werden den Mann mit der erfrorenen Hand wieder zurückbringen.«
    »Das wäre sein Tod! Er würde den Brand bekommen!«
    »Wenn auch! Sie wollten nicht operieren … Dr. Kresin braucht nicht zu operieren! Einen anderen Chirurgen haben wir nicht da! Also wird der Mann sterben – und nicht nur dieser, sondern alle, die in Zukunft operiert werden

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