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Der Assistent der Sterne

Der Assistent der Sterne

Titel: Der Assistent der Sterne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linus Reichlin
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Plan.«
    »Falls sie allein ist«, sagte sie, »führst du mich an ihren Tisch. Wenn sie nicht allein ist, muss ich mir etwas überlegen. Mir wird schon etwas einfallen. Geh jetzt, bitte.«
    Er strich ihr über die Wange, sie versuchte zu lächeln.
    »Ich bin nervös«, sagte sie.
    Das war er auch. Außerdem fiel ihm ein, dass er gar nicht wusste, wie Vera Lachaert aussah.
    »Das ist kein Problem«, sagte Annick. »Sie ist dunkelhäutig, sie ist im Kongo geboren worden. Das weißt du doch.«
    Woher hätte er es wissen sollen?
    »Nein«, sagte er. »Ich wusste das nicht. Du hast das nie erwähnt.«
    »Ich dachte, ich hätte es dir gesagt. Sie ist ein Adoptivkind. Trees und Jorn haben sie adoptiert, als sie fünfzehn Monate alt war. Sie lebte in einem Waisenhaus, ihre Eltern sind von Banditen umgebracht worden.« Annick schwieg einen Moment. »Halt einfach Ausschau nach einer dunkelhäutigen Frau. Sie ist neunundzwanzig Jahre alt.«
    »Mehr weißt du nicht? Das trifft auf viele Frauen in Antwerpen zu. Hast du denn kein Foto dabei?«
    Die Aktion war schlecht organisiert.
    »Du wirst sie schon finden«, sagte Annick.

    Es war laut, die Luft roch nach mit Käse überbackenem, nach billigem Weißwein, Fertigsoßen. Die Kellner, in langen, weißen Schürzen, bewegten sich akrobatisch zwischenden Tischen, die sehr eng standen, es war ein Lokal mit Ellbogenkontakt. Eine Art Dampf stieg von den Tischen auf, erzeugt von Speisen und Menschen, denen beim Essen warm wurde. Jensen zog den Reißverschluss seiner Skijacke hinunter, ihm stand bereits der Schweiß auf der Stirn. Er war allergisch gegen überfüllte Mittagskasernen, in denen die Menschen unter Zeitdruck ein Menü hinunterschlangen und gleichzeitig versuchten, interessante Gesprächspartner zu sein; wer am schnellsten kaute, konnte am ehesten wieder zu dem Stimmengewirr beitragen, das Jensen konfus machte. Benommen schaute er sich um, sah aber nur Details, Krawatten, Frisuren, Aktenmappen, ein Glas zerschellte am Boden, der Verursacher des Malheurs lachte mit rotem Gesicht.
    Hinter diesem verlegenen Gast wuchs sie aus dem Boden, so sah es aus, denn sie stieg aus dem Untergeschoss hoch, wo sich die Toiletten befanden.
    Sie war es, er täuschte sich nicht.
    Eine andere Frisur, aber sonst …
    Sie schaute ihn an, über alle Köpfe hinweg. Sie hatte ihn erkannt, so wie er sie. Ihr Blick war wie eine Berührung.
    Jensen drehte sich zu Annick um.
    »Sie ist nicht hier. Komm. Lass uns gehen.« Ihm brach der Schweiß aus.
    »Bist du sicher? Jorn sagte, dass sie immer hier isst. Jeden Freitag.«
    »Heute aber nicht«, sagte Jensen. »Vielleicht sind wir zu früh. Wir warten draußen auf sie.« Er drängte Annick zum Ausgang. Sie sträubte sich.
    »Schau dich doch wenigstens noch einmal um«, sagte sie. »Es ist ein großes Lokal, ich kann das hören. Und nach ein paar Sekunden willst du schon wissen, dass sie nicht hier ist. Du gibst dir keine Mühe.«
    »Doch! Komm jetzt!« Aber es war zu spät, er spürte ihre Anwesenheit, es war, als habe sein Rücken Augen, sie stand dicht hinter ihm, und jetzt konnte er auch ihr Parfüm riechen.
    »Was ist mit dir los?«, fragte Annick.
    »Nichts!« Wie niederträchtig das war! Ihm wurde übel, vor Aufregung und vor Ekel über diese unerträgliche Situation. Eine Gruppe munterer Geschäftsleute drängte in das Lokal, sie versperrten Jensen den Ausweg, schlimmer noch: Sie schoben ihn und Annick unter lauen Entschuldigungen zur Seite, sodass er mit Ilunga Likasi zusammenstieß.
    »Entschuldigen Sie«, sagte er, ohne sich nach ihr umzudrehen.
    »Das macht doch nichts«, sagte Ilunga Likasi. Sie war Herrin der Lage und nahm ihre Chance sofort wahr.
    »Sind Sie zu zweit?«, fragte sie. »Sie und die Dame?«
    Er drehte sich um und sagte mit falschem Lächeln: »Ja. Wir sind zu zweit.« Er nahm Annick bei der Hand. »Komm jetzt. Gehen wir.« Bitte, dachte er.
    »Ist es, weil Sie keinen Platz gefunden haben?«, fragte Ilunga Likasi. »Wenn Sie möchten, können Sie sich an meinen Tisch setzen. Ich hatte für drei Personen reserviert, aber meine Freundinnen haben mich versetzt. Und ich glaube, es sind die einzigen zwei freien Plätze.«
    »Das ist sehr nett von Ihnen«, sagte Annick.
    »Vielen Dank«, sagte Jensen. »Aber wir warten lieber draußen.« Er hatte einen metallischen Geschmack im Mund, seine Niederlage stand fest.
    Ilunga Likasi lachte. »Ich sehe, Sie sind sich nicht einig. Sie können das auch gern noch miteinander besprechen. Mein

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