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Der Atem der Angst (German Edition)

Der Atem der Angst (German Edition)

Titel: Der Atem der Angst (German Edition)
Autoren: Alexa Hennig von Lange
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ihrem Stuhl. Immer wieder warf sie einen unruhigen Blick auf Heidis Armbanduhr. Dann sah sie wieder Richtung Küche, wo ihre Mutter Tassen auf ein Tablett stellte. » Ich will nur hier nicht über ihn reden. Meine Eltern mögen ihn nicht besonders.«
    Heidi runzelte die Stirn. » Verstehe ich hier etwas nicht?«
    Jetzt beugte sich Henner zu Heidi herunter und flüsterte ihr, unhörbar für Michelle, ins Ohr. » Louis ist der Junge, dessen Schwester vor sieben Jahren entführt und ermordet wurde.«
    Heidi hob die Augenbrauen. » Tatsächlich? Na, was für ein Zufall?!«
    Michelle sah fragend zu Heidi, dann zu Henner. » Was ist los?«
    » Glaubst du«, Heidi räusperte sich, » glaubst du, deine Schwester wurde entführt?«
    Für Heidis Geschmack zuckte Michelle etwas zu lapidar mit den Schultern. » Ich weiß nicht. Ich hoffe nicht. Wirklich. Aber ich weiß es nicht.«
    » Glaubst du, er hat was damit zu tun?«
    » Wer?«
    » Dein Freund Louis.«
    » Was?« Michelle starrte Heidi an. » Was soll das denn?«
    Langsam ging Heidi die Geduld aus. » Findest du es nicht seltsam, dass deine Schwester auf die gleiche Weise verschwunden ist wie seine? Machst du dir denn gar keine Sorgen?«
    » Natürlich mache ich mir Sorgen! Was sollen diese Fragen?« Michelle fuhr sich hilflos durchs Haar. » Sie ist meine Schwester! Ich sterbe vor Sorgen. Okay? Aber Lou ist der liebste Mensch, den ich kenne.«
    Na, ging doch. Langsam ließ sich dieses Mädchen aus der Reserve locken. Heidi lächelte. » Er hat ein Verfahren wegen Körperverletzung laufen.«
    » Ja und?! Was hat das mit Nini zu tun?« Michelle fing haltlos an zu weinen und wischte sich wieder und wieder mit dem Frotteeärmel über die Augen. » Wie würde es ihnen denn gehen, wenn ihre kleine Schwester ermordet worden wäre? Hätten Sie sich da immer unter Kontrolle? Oder wären Sie vielleicht auch wütend aufs Leben und auf der Suche nach irgendeinem Schuldigen, der für den ganzen Schmerz büßen muss?!«
    » Genau das meine ich. Vermutlich würde ich durchdrehen und Dinge tun, die ich sonst nicht tun würde.«
    » Lou ist kein Mörder, wenn Sie das meinen!«
    Henner trat unruhig von einem Bein aufs andere. Das spürte Heidi, obwohl er hinter ihr stand. Sie ahnte, dass er gleich eingreifen würde. Sie wusste, dass sie weit ging. Womöglich zu weit. Dieses Mädchen war eine Zeugin, keine Verdächtige. Doch Heidis Aufgabe war es, unter allen Umständen das kleine Mädchen zu finden. Da heiligte der Zweck die Mittel.
    » Ich meine gar nichts. Ich frage dich nur nach deiner Meinung. Okay?« Heidis Blick blieb an Michelles abgekauten Nägeln hängen. Die Hände des Mädchens zitterten. » Was ist das da für eine Telefonnummer auf deinem Unterarm?«
    » Die?« Im Reflex zog Michelle den Ärmel des rosafarbenen Bademantels darüber. » Von einer Freundin.«
    » Von welcher Freundin?« Das Mädchen hatte Angst. Das sprach aus jeder ihrer Bewegungen. Hatte ihr jemand dazu geraten, nichts zu sagen?
    » Von einer Schulfreundin, mit der ich zusammen ein Referat machen soll. Für Bio.«
    » Okay. Du und deine kleine Schwester, ihr habt also gestern Louis’ Mutter getroffen. Habt ihr mit ihr gesprochen?«
    » Ja. Sie meinte, Nini und sie hätten ja noch eine Verabredung.«
    » Eine Verabredung?« Heidi sah irritiert zu Henner, der verärgert mit den Schultern zuckte, als schiene er nicht zu wissen, was Heidi mit dieser aggressiven Fragestunde erreichen wollte.
    » Warum erzählst du das alles erst jetzt? So was ist wichtig!« Heidi schlug mit der flachen Hand auf den Tisch. » All diese Informationen hast du uns gestern Abend vorenthalten, als wir dich im Hotel aufgesucht und vernommen haben!«
    » Tut mir leid! Sie ist doch nur die Mutter von Lou…«
    Da mischte sich Henner ein. Offenbar hatte dieses Mädchen den Vaterinstinkt in ihm geweckt. Seine Stimme klang warm und beschützend. » Das kommt öfter vor, dass Leute im Schock Dinge vergessen, die ihnen später erst wieder einfallen.«
    » Ach ja?« Heidi drehte sich um und warf ihm einen ärgerlichen Blick zu. Natürlich hatte er ihr im Auto vor der Turnhalle schon erklärt, dass sie die Leute hier etwas weicher anfassen sollte, weil sie alle ja so erschüttert von dieser alten Geschichte waren. Aber jetzt musste sie erst einmal dieses kleine Mädchen finden, bevor es eine neue Geschichte gab, über die sie hier erschüttert sein konnten. Sie fixierte Michelle erneut. » Also, um was für eine Verabredung handelte es sich
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