Der Atem der Apokalypse (German Edition)
Administrator – gähnend –, dass die Systeme Der Bank von den Problemen mit den Leitungen nicht betroffen waren. Einige andere Firmen in der Gegend hätten jedoch weniger Glück gehabt; falls Die Bank in der Umgebung also ausgelagerte Büros oder Server hatte, könnten am nächsten Morgen noch Schwierigkeiten auftreten. Doch bis dahin sollte sich hoffentlich alles geklärt haben. Das Team arbeitete rund um die Uhr daran.
Auf dem Weg zum Lieferwagen hielt er den Kopf wieder gesenkt –
nicht um sich zu verstecken, sondern aus Müdigkeit
–, während die Kameras jede seiner Bewegungen aufzeichneten, obwohl die Scheiße schon am Dampfen sein würde, wenn schließlich jemand auf die Idee kam, seine Identität noch mal nachzuprüfen. Die Information, die Cass Jones benötigte, war auf diesem Laptop gespeichert, und die Server waren eine Zeitbombe mit Kurs auf Chaos. Alles in allem hatte sich die Nachtarbeit gelohnt.
Er stellte sich vor, wie Stephen Bestwick an seinen Schreibtisch zurückkehrte. Er hatte den Techniker sicher schon vergessen. Seine Welt würde demnächst zusammenbrechen. Doch auf Regen folgte nicht selten Sonnenschein und einen Monat später, wenn er auf dem Tiefpunkt angekommen sein würde, würde der mit Karacho gefeuerte Netzwerkadministrator einen Brief von einer ausländischen Bank erhalten, der Mr Bestwick deutlich aufheitern würde. Es gab wirklich schönere Möglichkeiten für Mr Bestwick und seine hübsche Frau Carole – die Personalakten Der Bank waren gut bestückt – ihre restlichen Lebensjahre zu verbringen denn als Sklaven Der Bank. Auf einem Boot in der Karibik zum Beispiel.
Der Motor brummte laut, als er den Lieferwagen wieder auf die Straße steuerte. Seine Kunden warteten auf ihn.
Es war nach vier Uhr morgens, als Maric sanft an die Wohnungstür klopfte. Er hatte den Lieferwagen und die Uniform wie verabredet in einer Tiefgarage gelassen und trug wieder seine teure verschlissene Jeans und sein Top im Surferstil.
Die stabile Arbeiteruhr hatte er durch seine Jaeger-LeCoultre ersetzt und auf seinen Converse-Stiefeln war kein einziger Fleck. Einen Augenblick lang stand er nur da und sah sie beide an. Erst als Cass schon glaubte, die Zeit wäre stehen geblieben und hätte ihn irgendwo hängen lassen, grinste Maric. Vor Erleichterung brannten Cass’ Augen und der Flur füllte sich – zumindest für ihn – mit Gold, das aus dem dezemberkalten Gemeinschaftsraum verdampfte. Er war erstaunt, dass die anderen nichts dazu sagten, doch so wie Freeman gezittert hatte, als er den Hacker ins Haus gelassen hatte, war ihm das Strahlen anscheinend nicht aufgefallen. Cass hatte sich abgewendet.
Es gibt kein Leuchten
war zwar nicht mehr sein Mantra, doch er war auch noch nicht so weit, es für sich anzunehmen.
Nachdem sie zunächst den Erfolg begossen hatten, überließ Cass Brian Freeman und Maric dem Champagner, ging in ein anderes Zimmer und klappte mit schwitzigen Fingern den schmalen Laptop auf. Sein Herz schlug heftig. Eigentlich müsste er müde sein, doch seit Maric losgefahren war, pumpte das Adrenalin durch seine Adern und in diesem speziellen Augenblick verspürte er in der Schulter nicht den Hauch von Schmerzen.
Als die zahlreichen kopierten Ordner den Bildschirm füllten, steckte er sich trotz seines trockenen Mundes eine Zigarette an. Brian Freemans kehlige Lache drang bis in sein Zimmer, aber er nahm es kaum wahr. Es gab nur noch ihn und den Computer. Cass klickte die erste kopierte Datei an: Details der X–Konten. Er schloss sie wieder, denn so faszinierend sie auch sein mochte, suchte er in diesem Moment doch etwas anderes. Sobald er gefunden hatte, was er brauchte, konnten sich Freeman und Dr. Cornell darüber hermachen, aber jetzt musste der Cashflow des Netzwerks noch zurückstehen.
Ungeduldig klickte er durch die Dateien. Wenn er herausgefunden hatte, wo Bright Luke versteckt hielt, blieb ihm nicht viel Zeit. Der Junge würde bestimmt vorsichtshalber woanders hingebracht werden, sobald die Magie, die Maric auf die Systeme ausgeübt hatte, griff. Wahrscheinlich hatte er vierundzwanzig Stunden, höchstens sechsunddreißig.
Cass steckte sich an der Kippe der ersten Zigarette gleich die nächste an und drückte diese auf einer Untertasse aus. Wenn der Besitzer aus dem Urlaub kam, würde es in seiner Wohnung stinken. Hoffentlich deckte Freemans Geld das auch ab.
Er fand den Ordner POTENZIALE und wählte direkt die fünfzehnte Datei darin aus: die Jones-Datei. Als
Weitere Kostenlose Bücher