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Der Atlantik - Biographie eines Ozeans

Der Atlantik - Biographie eines Ozeans

Titel: Der Atlantik - Biographie eines Ozeans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Knaus Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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Princess , gesegelt, die 1719, als sie an der ghanaischen Küste lag, von zwei Piratenschaluppen angegriffen wurde. Diese standen unter dem Kommando eines weiteren gebürtigen Walisers, wodurch eine Verbindung zu Roberts hergestellt war, der sich der einen Piratenhorde anschloss und mit dieser im Lauf der nächsten drei Jahre nicht weniger als vierhundertsiebzig Kauffahrer aufbrachte und plünderte. Auf diese Weise wurde er zu einem der erfolgreichsten Korsaren in der Geschichte des Atlantiks, zu einem Mann, dem sogar seine unversöhnlichsten Feinde eine gewisse – mürrische – Bewunderung entgegenbrachten.
    Sein Glück verließ ihn, als er seine Schiffe – wiederum an der Küste Ghanas – nach einem erfolgreichen Angriff auf einen Konvoi von Sklaventransportern zu Instandsetzungsarbeiten am Strand auf die Seite gelegt hatte. Eine Antipiraterieflottille der Royal Navy, angeführt von HMS Swallow , verwickelte die Piraten in einen Kampf, bei dem Roberts von einem Schrapnellgeschoss tödlich am Nacken verwundet wurde. Die zweihundertachtundsechzig Besatzungsmitglieder der drei Piratenschaluppen wurden von der Swallow und ihren Begleitfahrzeugen nach Cape Coast Castle gebracht, wo man sie in den Kerker warf, in dem man sie bis zu ihrem aufsehenerregenden Prozess schmoren ließ.
    5. Menschen, en gros abzugeben
    D aheim in England löste das Schicksal der Gefangenen erregte Debatten aus, denn unter ihnen waren einhundertsiebenundachtzig Weiße, wie es hieß, alles Piraten, und siebenundsiebzig Schwarzafrikaner, die Bartholomew Roberts bei dem Überfall auf die Sklavenschiffe erbeutet hatte. Von den Weißen starben neunzehn noch vor Prozessbeginn an den Wunden, die sie im Kampf gegen die Männer der Royal Navy davongetragen hatten. Vierundfünfzig der anderen befand man der Piraterie für schuldig und hängte sie an den Rohren der Kanonen auf den Wällen des Forts auf. Zwanzig wurden zu langjährigen Haftstrafen in Gefängnissen in verschiedenen britischen Kolonien in Afrika verurteilt und die restlichen nach London geschafft, damit sie dort ihre Freiheitsstrafen absaßen.
    Mit den siebenundsiebzig schwarzen Sklaven, unschuldige Opfer des ganzen turbulenten Geschehens, ging man nicht gerade milde um. Man steckte sie wieder in die Verliese des Forts, sie mussten sich erneut mit Fußfesseln und in Ketten durch das »Tor ohne Wiederkehr« an Bord eines anderen Sklavenschiffs schleppen und sich zum zweiten Mal auf die Fahrt über den Atlantik begeben. Dieses Mal wurde ihr Schiff nicht von Piraten abgefangen, und man verkaufte sie in amerikanischen Küstenstädten auf den Sklavenmärkten womit sie Teil der wachsenden Sklavenpopulation des kolonialen Amerikas wurden. Eine himmelschreiende Ungerechtigkeit, wenn es jemals eine gegeben hat.
    Obwohl viele Denker der damaligen Zeit dies erkannten und die öffentliche Meinung umzuschlagen begann, genoss der Sklavenhandel zu Anfang des 18. Jahrhunderts immer noch gewaltige offizielle wie intellektuelle Unterstützung, nicht nur in England, sondern auch anderswo. Die Gebildeteren unter den Händlern merkten voller Genugtuung an, dass zweitausend Jahre zuvor ein immerhin so bedeutender Mann wie Aristoteles über die Menschen geschrieben hatte, dass »einige von der Stunde ihrer Geburt an zum Sichunterwerfen bestimmt sind, andere zum Herrschen«. Und wenn auch einige Kritiker darauf hinwiesen, dass der Sklavenhandel es notwendigerweise mit sich brächte, dass man »Menschen des eigenen Volksstammes nicht anders behandelt als Tiere«, akzeptierten Staat und Kirche Sklaverei, das heißt die Versklavung von anderen, immer noch als etwas, was zum Verhalten des Menschen dazugehörte und mit der natürlichen Ordnung der Dinge in Einklang stand. John Newton zum Beispiel, ein Geistlicher des 18. Jahrhunderts von großer Frömmigkeit und ebensolchem Talent – er komponierte neben anderen Kirchenliedern auch die Hymne »Amazing Grace« –, war ein Sklavenhändler von Rang, und er geriet in keinerlei Konflikt dadurch, wie es im Dictionary of National Biography heißt, »dass seine menschliche Fracht, während er oben an Deck betete, unter elendsten Bedingungen unten im Laderaum schmachtete«. Der Sklavenhandel konnte ein äußerst ertragreiches Geschäft sein, was ihn für manche aus dem Bereich des moralisch Zweifelhaften heraushob.
    Elf Millionen Schwarzafrikaner wurden zwischen der Mitte des 15. und dem Ende des 19. Jahrhunderts über den Atlantik in Richtung Westen verschleppt. Drei

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