Der Atlantik - Biographie eines Ozeans
Tag, als U 20 den großen Passagierdampfer RMS Lusitania ohne jede Vorwarnung ein paar Meilen vor der Küste von County Cork in Irland torpedierte. Die Lusitania war sechs Tage zuvor aus dem Hafen von New York ausgelaufen, trotz eines formellen Avis der kaiserlichen deutschen Botschaft, dass sie in ein Kriegsgebiet einfahren werde und damit rechnen müsse, versenkt zu werden. Das U-Boot, dem dies gelang – eigentlich eher aufgrund von Glück denn aus Geschick –, jagte einen einzigen Torpedo in ihren Rumpf. Er traf sie an der Steuerbordseite genau unterhalb der Brücke und löste eine gewaltige Explosion mittschiffs aus – einigen Überlebenden zufolge waren es sogar zwei aufeinanderfolgende. Die Lusitania bekam sofort starke Schlagseite, vom Bug her drang Wasser in sie ein, und nach nur achtzehn Minuten lag sie nicht weit von den Klippen der irischen Küste entfernt auf dem Meeresgrund.
Die Zahl der Todesopfer war schockierend hoch. Es kamen beinahe genauso viele Menschen ums Leben wie drei Jahre zuvor, als die Titanic mit einem Eisberg kollidierte. Mehr als elfhundert Passagiere der Lusitania , viele von ihnen Amerikaner, ertranken in der nebelverhangenen See vor Irland. Die Versenkung des Schiffs galt lange als eine der abscheulichsten kriegerischen Handlungen, zu denen es jemals auf dem Atlantik gekommen war. Doch löste diese Aktion von Anfang an eine Kontroverse aus, die bis heute anhält, da sich nämlich herausstellte, dass die Cunard Line, der der Dampfer gehörte, verbotenerweise zugelassen hatte, dass große Mengen an Munition und anderem Kriegsmaterial im Laderaum verstaut wurden, was der deutschen Marine im Grunde eine hinreichende Berechtigung zum Angriff verlieh. Die Geschichte fasziniert immer noch viele, nicht zuletzt deswegen, weil es Hinweise darauf zu geben scheint, dass die Royal Navy das Wrack noch in den fünfziger Jahren mit Bomben und Wasserbomben belegte, um Taucher daran zu hindern herauszufinden, was genau das Schiff geladen hatte. Anscheinend sollte das für immer geheim bleiben.
Die Furcht, dass die Deutschen einen uneingeschränkten U-BootKrieg auf dem Atlantik ausrufen könnten – das heißt, dass sie das Regelbuch wegwerfen und mit Handelsschiffen genauso hart und kompromisslos verfahren würden wie mit Kriegsschiffen –, erreichte mit dem Lusitania -Zwischenfall einen Höhepunkt, ebbte dann in den restlichen Monaten des Jahres 1915 langsam wieder ab, da die Deutschen, die eindeutig bestürzt über die weltweite Empörung waren, die sie mit der Vernichtung eines unbewaffneten Passagierschiffes ausgelöst hatten, Anstrengungen unternahmen, die kampflustigsten ihrer U-Boot-Kommandanten zu zügeln. Doch nach der großen Schlacht am Skagerrak – die, wenn sie auch unentschieden endete, die deutsche Hochseeflotte für den Rest des Krieges in den Häfen festhielt, weil man fürchtete, sonst erneut mit der Grand Fleet zusammenzutreffen – änderte sich alles. Beinahe unmittelbar nach der Rückkehr der großen Schlachtschiffe und Kreuzer nach Wilhelmshaven gab das deutsche Marineoberkommando bekannt, dass man es den U-Boot-Rudeln, die bislang im belgischen Ostende gelegen hatten, erlauben würde, durch den Atlantik zu streifen und jedes alliierte Schiff, auf das sie stießen, zu versenken. Diese Entscheidung hatte wiederum Gegenmaßnahmen der Verbündeten zur Folge, die vom Sommer 1916 an zu einer erbarmungslosen Jagd auf die U-Boote bliesen. Zu einem solchen Abwehrkampf sollte es auch im Zweiten Weltkrieg kommen. Weil er so lange und so ungeheuer erbittert geführt wurde, wird er in den Geschichtsbüchern als »Schlacht um den Atlantik« bezeichnet.
Schon in Antike und Mittelalter hat man sich Gedanken darüber gemacht, wie man, unter der Wasseroberfläche fahrend, also unsichtbar, einen Gegner angreifen könnte. Die früheste technische Zeichnung eines »Tauchboots« liegt aus dem 14. Jahrhundert vor. Wirklich funktionsfähige Fahrzeuge dieses Typs wurden jedoch nicht vor dem 19. Jahrhundert gebaut. Das Bild zeigt die mit Muskelkraft angetriebene CSS Hunley , die 1864 eine Schaluppe der Union mit einem an einer langen Stange befestigten Sprengkörper (unten) versenkte.
Während des Ersten Weltkriegs ging von den U-Booten eine tödliche Bedrohung aus, und viele alliierte Schiffe wurden von ihnen versenkt. Am Ende verstanden vor allem die Engländer es aber, mit dieser Bedrohung fertig zu werden. Der uneingeschränkte U-BootKrieg trug auch entscheidend zum Kriegseintritt der
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