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Der Atlantik - Biographie eines Ozeans

Der Atlantik - Biographie eines Ozeans

Titel: Der Atlantik - Biographie eines Ozeans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Knaus Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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allem der Zentralpazifik in jüngerer Zeit negative Schlagzeilen gemacht hat, weil mitten auf ihm spektakuläre, aus widerlichem Treibgut aller Art bestehende Flächen von der Größe kleinerer Länder entstanden sind, ist es der Atlantik, dem der Mensch am meisten antut. Doch für einige bleibt er immer noch ehrfurchtgebietend. Im Operationszentrum von British Airways – wo man von zahllosen Monitoren, grafischen Darstellungen von Flugrouten, Wetterkarten und enormen Bildschirmen voller blinkender Lichter umgeben ist – sind Dutzende Männer und Frauen damit beschäftigt, all die Menschen und Tiere sowie all die Kisten und Kästen mit Fracht auf ihrem Weg um die Welt im Auge zu behalten, dafür zu sorgen, dass alle unbeschadet und rechtzeitig an ihrem Ziel ankommen. Es besteht wenig Zweifel daran, dass der große Ozean diesen Männern und Frauen vierundzwanzig Stunden am Tag Respekt abnötigt. Es ist immer problematisch, ein Flugzeug auf den Weg über ein großes Meer zu schicken: Wenn es aus irgendeinem Grund abstürzt oder landen, das heißt wassern muss, dann muss man wissen, wo genau dies geschieht. Kein Pilot hebt zu einem Transozeanflug ab, ohne einer Grunderkenntnis aller Flieger eingedenk zu sein: Der Start geschieht freiwillig, zur Landung ist man gezwungen . Und wenn man sich mitten über einem Ozean befindet, gibt es natürlich nicht nur keinen Landeplatz, es gibt kein Land.

    Der französische Flugpionier Louis Blériot, der sich mit Maschinen eigener Konstruktion in die Lüfte schwang – oder zumindest Versuche dazu unternahm –, wagte 1909 als erster »Aviator« die Überquerung des Ärmelkanals. 37 Minuten nach dem Start in Calais landete er sicher im englischen Dover.
    Den Pionieren von Flügen über große Wasserflächen hinweg war das nur allzu bewusst. Louis Blériot bereitete 1909, nur sechs Jahre nach dem ersten Motorflug der Brüder Wright in Kitty Hawk, North Carolina, der Flug von Calais nach Dover über den Ärmelkanal wohl keine Probleme. Denn wenn er auch davon sprach, dass er sich ganze zehn Minuten lang allein »über einem immensen Gewässer« befunden habe, muss es ihn beruhigt haben, dass ein französischer Zerstörer direkt unter ihm herdampfte und man von Bord aus seine winzige Maschine ständig im Auge behielt und zu seiner Rettung bereit war, falls er ins Wasser plumpsen sollte. Und während der meisten Zeit des siebenunddreißigminütigen Flugs konnte er, obwohl er nicht höher als siebenhundertfünfzig Meter stieg, die französische Küste hinter sich sehen und, wenn er nach vorn spähte, auch schon die weißen Klippen von Dover erkennen. Blériot gewann die tausend Pfund, die Lord Northcliffe über seine Zeitung, die Daily Mail , für die erfolgreiche Überquerung des Ärmelkanals ausgesetzt hatte, und wurde – nicht zuletzt auch wegen seines kecken Schnurrbarts und seines Rufs, ein verwegener Aviator zu sein – zu einem Superstar und dem Schwarm der Damenwelt.
    Doch es war eine Sache, »La Manche« zu überfliegen, und eine ganz andere, den Atlantik mit dem Flugzeug zu überqueren. Lord Northcliffe versprach jedem, der mutig genug war, den Versuch zu unternehmen, die zehnfache Summe dafür; obwohl er dieses Angebot schon im Jahr 1913 machte, dauerte es sechs Jahre (fairerweise müsste man vielleicht die vierjährige Unterbrechung durch den Krieg berücksichtigen), bis jemand sich dieses Preisgeld sicherte. Dieser »jemand« waren zwei Offiziere der Royal Air Force, deren Namen – zu Unrecht – nicht so bekannt sind wie der Blériots: John Alcock und Arthur Whitten Brown.
    Die Idee zu dem tollkühnen Unternehmen war Alcock gekommen, als er, nachdem er mit seinem Jagdflugzeug bei Gallipoli ins Meer gestürzt war, als Kriegsgefangener in einem Lager der Türken gesessen hatte. »Warum sollten wir’s nicht mal riskieren?«, meinte er zu Brown. Die beiden benutzten für ihre Unternehmung einen umgebauten Vickers-Vimy-Langstreckenbomber, einem Doppeldecker, in dessen Bombenschächten sie die Zusatztanks für Benzin unterbrachten. Im Sommer 1919 montierten sie das Flugzeug auseinander und schickten die einzelnen Teile auf dem Seeweg nach Neufundland. Dort legten sie eine Startbahn an; wo sie landen würden, konnten sie nicht voraussagen: es könnte ein Feld, ein Strand oder eine Landstraße in Irland sein. Am Ende sollten sie in einem Sumpf niedergehen.
    Es gab eine ganze Reihe von Konkurrenten, die ebenfalls auf das Preisgeld aus waren – darunter ein Amerikaner namens

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