Der Attentäter - The Assassin
Ohr, aber er verstand kein Wort. Er beherrschte vier Sprachen, Deutsch war leider nicht darunter. Einen Augenblick später wurde die Tür geschlossen, und alles war wieder still.
Er beugte sich vorsichtig über das Geländer und schaute nach unten. Nichts zu sehen. Nachdem er die Kabel des Ohrhörers wieder eingestöpselt hatte, wiederholte er so genau wie möglich den Satz, den er gerade aufgeschnappt hatte. Kharmai
verstand Deutsch, aber es dauerte einen Moment, bis sie sich meldete.
»Meiner Meinung nach hat er seinem Kollegen gesagt, dass ihm nichts aufgefallen ist«, sagte sie. »Vermutlich glauben sie an einen technischen Defekt. Sieht so aus, als wärst du in Sicherheit.«
»Okay. Ich melde mich, wenn ich drin bin.«
»Du erinnerst dich an den Code?«
»Kein Problem, ich hab ihn mir gemerkt.«
Keine Minute später stand er auf der Plattform vor der Tür für die Wartung der Kameras. Er hatte die Schuhe gewechselt, um keinen Dreck in das Gebäude zu tragen, und den Klettergurt durch einen Gürtel mit einem Holster ausgetauscht. Obwohl es völlig ausgeschlossen war, die Beretta zu benutzen, war er nicht daran gewöhnt, sie nicht dabeizuhaben. So fühlte er sich einfach besser. Das Seil und der Rest der Kletterausrüstung steckten wieder in dem Rucksack. Er hatte die Kameras ausgeschaltet, stand aber weiter unter Druck. Dank der ORACLE-Akte kannten sie Computer-Passwörter, Kombinationen für die Zahlenschlösser im Gebäudeinneren, Alarmcodes und selbst die Namen der diensthabenden Sicherheitsbeamten - nur leider nicht das Geheimnis, wie diese Tür zu öffnen war.
Sorgfältig untersuchte er das Schloss. Wie in der Akte angegeben, bestand es aus einem Zylinder des Herstellers Schlage in einem alarmgesicherten Schlosskasten von Securitron. Das Glimmen der kleinen, aus der Stahlplatte hervorschauenden roten Leuchtdiode überraschte ihn nicht. Die Alarmfunktion war aktiviert. Jetzt kam der riskanteste Teil, denn das Schloss musste gleich zweifach geknackt werden. Einerseits musste er den elektronischen Alarm deaktivieren, andererseits das Schloss
mechanisch entriegeln. Leider gab es keine Möglichkeit, etwas über die elektrische Schaltung herauszufinden. Er konnte den Zylinder im Uhrzeigersinn drehen, um das Schloss zu öffnen, doch dadurch würde er möglicherweise den Alarm auslösen. Normalerweise hätte er die Stahlplatte entfernt, um sich einen Blick auf die Verdrahtung zu verschaffen, aber hier wurde die Platte von Schrauben gehalten, die sich nicht aufbohren ließen. Es blieb ihm nichts übrig, als das Schloss zu knacken und das Beste zu hoffen. Die fünfzigprozentige Chance, beim ersten Versuch in die richtige Richtung zu drehen, stimmte ihn nicht gerade optimistisch. Den Rotlichtfilter hatte er bereits vor der Linse der Maglite-Taschenlampe angebracht. Er schaltete sie ein und schaute in die Schlüsselöffnung. Wie bei den meisten Zylinderschlössern wäre der Einsatz eines Elektro-Pickers die beste Methode gewesen. Leider auch die lauteste, und zudem schloss die Securitron-Alarmschaltung diese Möglichkeit von vornherein aus. Außerdem wollte er die Sicherheitsbeamten nicht zusätzlich auf diese Tür aufmerksam machen, wo er schon die Kameras funktionsuntüchtig gemacht hatte. Er nahm den Rucksack ab und zog ein kleines Nylontäschchen heraus. Es enthielt eine Reihe von Picks und Sonden, alle ganz legal erworben von der Firma ESP Lock Products aus Leominster in Massachusetts.
Er wählte einen einfachen Pick und einen normalen Schraubenzieher aus, klemmte sich die Taschenlampe zwischen die Zähne und legte los. Den Dietrich zwischen Daumen und Zeigefinger haltend, bewegte er mit dem Schraubenzieher die Stifte in dem Schloss. Kurz darauf hatte er alle beiseite geschoben, sodass er den Zylinder nach rechts drehen konnte. Dann bewegte er den Schraubenzieher in die entgegengesetzte Richtung und wiederholte den Vorgang, bis sich der Zylinder
nach links drehte. Er hielt den Atem an und zog die Tür auf. Nichts passierte. Er trat ein und entdeckte direkt neben der Tür das Tastenfeld der Alarmanlage. Als er den vierstelligen Code eingegeben hatte, schickte er ein Stoßgebet zum Himmel, weil er kaum glauben konnte, dass die Zahlen noch stimmten. Seine Information war etliche Monate alt. In dieser Zeit waren neue Leute eingestellt, andere gefeuert, befördert oder nach Europa versetzt worden … Es schien ausgeschlossen, dass sich der Zahlencode nicht geändert hatte.
Doch so war es. Das Piepen des
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