Der Attentäter - The Assassin
es?«, fragte Vanderveen mit mühsam beherrschter Stimme.
Sie schaute ihn bedrückt an. »Es geht um dich.«
Er winkte sie schweigend zu sich, und sie gab ihm das Blatt. Er musste nicht das Kleingedruckte lesen, um zu wissen, was er in der Hand hielt; die Überschrift sagte alles, genau wie das Foto.
Er betrachtete es eingehend, obwohl er es sofort erkannte. Es war vor zehn Jahren aufgenommen worden, während seiner Zeit als amerikanischer Soldat. Nachdem er den Text überflogen hatte, warf er einen Blick auf das Datum. Plötzlich war seine Brust wie zugeschnürt, er wurde von Angst gepackt - der internationale Haftbefehl war vor zwei Wochen von Interpol erlassen worden.
»Jeder Flughafen in Westeuropa hat ein Exemplar davon, wie auch die meisten größeren in Südamerika, Afrika und im Nahen und Mittleren Osten«, sagte Khalil. Jetzt war seine Lässigkeit wie weggeblasen, er hatte eine grimmige Miene aufgesetzt. »Bis vor ein paar Tagen wurde noch zurückhaltend damit umgegangen, doch dann hat jemand beschlossen, den Haftbefehl flächendeckend zu verbreiten. So haben wir davon erfahren. England ist kein sicherer Ort mehr für Sie, der MI5 hat Leute an Bahnhöfen und Fähren postiert. Es ist ein Wunder, dass Sie heute Morgen nicht verhaftet wurden … Wenn Sie mich fragen, sehen Sie genauso aus wie auf dem Foto. Sie müssen sofort einen anderen Pass benutzen.«
Vanderveen hörte kaum, was er sagte. Er war noch immer ganz damit beschäftigt, die neue Entwicklung zu verarbeiten.
Nach dem, was er zuletzt erfahren hatte, hielt ihn die amerikanische Regierung für tot - seit einem Jahr, ertrunken im Atlantik, vor der Küste von Maine. Während der letzten zwei Wochen musste etwas passiert sein, das diese Annahme hinfällig machte. Nicht einmal sein Informant in Washington wusste etwas darüber.
Dann fiel ihm etwas anderes auf. Er hob das Blatt. »Sie hatten die Zeitung im Café dabei. Haben Sie sie den ganzen Tag mit sich herumgeschleppt?«
»Ja. Hätte ich sie hier liegen lassen, hätte sie womöglich das Zimmermädchen gefunden.« Khalil schwieg kurz. »Ich bin noch nicht fertig. Tut mir leid, aber Sie stehen neuerdings auf der Liste des Committee 1267. Falls Sie sich vergewissern wollen, ich habe sie dabei.«
Raseen hatte sich vor dem Fenster auf einen Stuhl gesetzt und wirkte sehr unglücklich. »Was soll das sein?«
Khalil reichte Vanderveen die Unterlagen und erklärte es ihr. »Dieser Ausschuss wurde 1999 unter einer Resolution der Vereinten Nationen gegründet. Seine Aufgabe besteht darin, Sanktionen umzusetzen, die bereits vom Sicherheitsrat beschlossen wurden. Sie gelten für Unternehmen und Individuen, die für die Taliban, Al Kaida und Osama bin Laden arbeiten, und die Liste dient einfach dem Zweck, diesen Personenkreis zu erfassen. Im Einzelfall heißt das, dass die Reisefreiheit beschränkt, Vermögen beschlagnahmt und …«
Offenbar genoss es der Kurier, einen kleinen Vortrag zu halten. Unterdessen hatte Vanderveen auf der letzten Seite der Liste seinen Namen gefunden. Vor ihm stand ein Stellvertreter bin Ladens, hinter ihm ein marokkanischer Geldgeber, der in Italien im Gefängnis saß. Er überflog schnell den ihn betreffenden Eintrag:
204. *Name: 1: WILLIAM 2: PAULIN 3:VANDERVEEN 4: -
Titel: nicht bekannt Berufsbezeichnung: nicht bekannt Geburtsdatum: 6. Juli 1966 Geburtsort: Piet Retief, Südafrika *Decknamen: a) Jason March b) Nathan Camden c) Joseph O’Donnell, geboren 1. Dez. 1968 *Nationalität: Südafrikanischer Staatsbürger *Pass Nr.: a) gefälschter dänischer Führerschein Nr. 20 378 893, ausgestellt auf Michael Jorgensen b) Schweizer Geburtsurkunde, ausgestellt für Ernst Baumann, geboren 24. Sept. 1968 in Lausanne c) deutscher Reisepass A 006-4881 Nationale Identifikationsnummer: SSN 438-91-5391 (U.S.A.) Adresse: nicht bekannt Auf Liste seit: 08 Sept. 2008 *Andere Informationen: angeblich November 2007 in den Vereinigten Staaten verstorben (widerrufen 07. Sept. 2008)
Als er fertig war, legte er das Dokument aus der Hand und fuhr sich mit der Hand über die Stirn. Er fühlte sich etwas erleichtert. Nahezu alle der von Interpol und dem Sicherheitsrat zusammengetragenen Informationen waren wertlos. Den deutschen Pass hatte er nur einmal vorgelegt und 2004 vernichtet. Das Gleiche galt für die schweizerischen und dänischen Dokumente, und den Namen Jason March hatte er zuletzt 2004 in Syrien benutzt. Irgendwie waren sie seiner Zusammenarbeit mit Al Kaida auf die Spur
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