Der Attentäter - The Assassin
gekommen, doch das war Schnee von gestern. Wie die Decknamen, auch wenn die Angaben stimmten. Trotzdem konnte er es nicht beruhigend finden, seinen Namen auf der Liste zu sehen, und es ließ sich nicht leugnen, dass sich einiges geändert hatte. Jetzt war bekannt, dass er noch lebte, und damit war er seinen größten Trumpf los. Khalil hatte recht, er musste ab sofort einen anderen Pass benutzen und sein Aussehen verändern.
»Ich verstehe das nicht«, hörte er Raseen sagen. »Warum ein internationaler Haftbefehl und die Liste der Vereinten Nationen? Ist das nicht … doppelt gemoppelt?«
»Nein«, antwortete Vanderveen. »Aus ihrer Sicht ist es durchaus sinnvoll, viel Wind zu machen. Das lässt die Sache wichtiger erscheinen.«
Plötzlich erstarrte Raseen auf ihrem Stuhl. »Kann ich die Liste mal sehen?«
Vanderveen reichte sie ihr und beobachtete, wie sie die Seiten durchblätterte. Interessant, dass sie nach ihrem Namen sucht, dachte er. Das konnte nur bedeuten, dass sie irgendwann in der Vergangenheit mit Al Kaida zusammengearbeitet haben musste.
Kurz darauf seufzte sie erleichtert und lehnte sich zurück. Abgesehen von dem unerwarteten Ereignis der letzten Nacht war es die erste echte Gefühlsregung, die er seit ihrer ersten Begegnung in Paris bei ihr beobachtet hatte.
»Damit kann sich wenigstens einer von uns frei bewegen«, sagte er mit aufrichtiger Genugtuung. »Möglich, dass du eine größere Rolle spielen musst, wenn wir in New York sind.«
Khalil nickte bedächtig. »Da läuft alles nach Plan. Der Iraner - das ist der Informant in New York - hat ganze Arbeit geleistet. Es ist ihm gelungen, selbst die hohen Tiere beim FBI zu überzeugen, und die werden zweifellos versuchen, den Präsidenten umzustimmen. Außerdem wird das Treffen bei den Vereinten Nationen definitiv stattfinden, weder Datum noch Uhrzeit haben sich geändert. Über die Details werden Sie informiert, sobald Sie dort eintreffen, also in …«
»Drei Tagen«, sagte Vanderveen. »Vorausgesetzt, es gibt keine Komplikationen. Sind Sie sicher, dass Rühmann noch in Berlin ist? Er ist nicht gewarnt worden?«
»Er ist noch da, weiß aber, dass Sie kommen.«
Vanderveen warf ihm einen scharfen Blick zu. »Wie bitte?«
»Ich habe ihn wissen lassen, dass Sie das Arrangement persönlich mit ihm besprechen möchten«, antwortete Khalil. »An einem beliebigen Ort in Westeuropa. Er hat gezögert und erst zugestimmt, als ich mit einer Aufkündigung der Geschäftsbeziehungen unsererseits gedroht habe. Wie Sie wissen, ist er durch uns zu einem reichen Mann geworden.«
Vanderveen nickte bedächtig. Über Mittelsmänner wie Anthony Mason hatte Thomas Rühmann im Laufe des letzten halben Jahres mehr als fünfzig Tonnen Handfeuerwaffen an die sunnitischen Aufständischen im Irak geliefert, die gegenwärtig zum größten Teil hinter der syrischen Grenze gelagert waren. Einen Tag bevor er die irakische Delegation in New York aus dem Verkehr ziehen würde, sollten die Waffen an Aufständische und in Syrien weilende Hamas- und Hisbollah-Mitglieder verteilt und gegen Repräsentanten des Regimes in den Westprovinzen des Irak eingesetzt werden, die Izzat al-Douri und einige seiner führenden Mitarbeiter bereits benannt hatten. Da sich das irakische Parlament ohnehin schon in einem Zustand der Auflösung befand, würde die Angriffswelle einen nachhaltigen Effekt haben, die Regierung weiter schwächen und ein Machtvakuum schaffen. Zumindest stellten al-Douri und seine Getreuen es sich so vor. Vanderveen war skeptisch, hatte aber seine eigenen Gründe, den Plan durchzuziehen. Ihm ging es um das Geld und die Chance, auf amerikanischem Boden einen Anschlag mit verheerenden Auswirkungen durchzuführen.
»Rühmann will sich morgen in Potsdam mit Ihnen treffen«, fuhr Khalil fort. »Um drei Uhr am Brandenburger Tor. Alles Nähere steht auf einem Zettel in dem Umschlag, die Fotos haben Sie ja bereits gesehen. Keine Frage, er muss sterben. Wir
haben mehr als genug Waffen für die bevorstehende Offensive, und die Hamas wird einen großen Teil aus ihrem eigenen Arsenal beisteuern. Mittlerweile ist dieser Österreicher eher eine Belastung als ein Positivum.«
»Verstehe«, antwortete Vanderveen kalt. Er hatte zuerst vorgeschlagen, Rühmann zu töten. »Was ist mit dem anderen Material, das ich angefordert habe?«
»Eine interessante Liste«, murmelte Khalil, der wegen des laut gestellten Fernsehers kaum zu verstehen war. »Eine äußerst interessante. Das mit den
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