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Der Attentäter - The Assassin

Der Attentäter - The Assassin

Titel: Der Attentäter - The Assassin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Britton
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herumlaufen dürfen.«
    Das Lächeln des Mannes schien einer Entschuldigung gleichzukommen. Die Schrotflinte, deren Lauf jetzt auf seine Brust zeigte, schien er überhaupt nicht zu sehen. »Es tut mit leid, ich wusste nicht, wo ich fragen sollte. Ich heiße übrigens Scott, Scott Kessler, und komme aus Houston. Das ist Marie. Wir reisen mit meinem Schießklub durch Frankreich. Eigentlich hatten wir heute Nachmittag etwas anderes vor, aber der verdammte Schießplatz in Vercors war wegen zu starken Regens geschlossen … Wie heißen Sie?«
    Der Amerikaner kam näher und streckte die Hand aus, immer noch mit diesem tumben Grinsen im Gesicht. Bessons gute Manieren gewannen die Oberhand. Er nahm instinktiv das Gewehr in die Linke und streckte die Rechte aus.
    Dann ging alles so schnell, dass er kaum etwas mitbekam, doch er spürte zwei Dinge auf einmal. Seine Linke wurde blitzartig zur Seite gefegt, dann traf etwas Hartes mit voller Wucht seinen Solarplexus. Sein linker Zeigefinger verkrampfte sich, und aus der Winchester löste sich ein Schuss, als die Luft aus seinen Lungen entwich. Er ging zu Boden, krümmte sich und schnappte nach Luft.
    Vanderveen hob die Schrotflinte auf und nahm die verbleibende Patrone heraus. Dann drückte er die Waffe Raseen in die Hand, deren Gesicht wieder einer unbewegten Maske glich.
    Er trat dem Franzosen in die Rippen. »Aufstehen.«
    Besson rappelte sich mühsam hoch und tastete seinen
schmerzenden Brustkorb ab. »Was wollen Sie?«, brach es auf Französisch aus ihm heraus. »Bitte, verschwinden Sie. Ich erzähle niemanden, was Sie hier …«
    »Erzählen Sie lieber, wie Sie hergekommen sind.« Diesmal klang Vanderveens Französisch bemerkenswert flüssig. »Mit dem Auto? Ist jemand bei Ihnen?«
    »Nein, niemand«, stotterte Besson, völlig konsterniert durch die plötzliche Wendung der Ereignisse. »Mein … Mein Trecker steht an der Straße. Außer mir ist niemand hier, ich bin allein. Ich bin den Fußspuren gefolgt …«
    Vanderveen schaute ihn lange an, bevor er nachdenklich nickte. »Ich glaube Ihnen.« Dann, nach einem weiteren Moment scheinbaren Nachdenkens, zeigte er auf die Weide. »Los, verschwinden Sie. Schnell.«
    »Sie lassen mich laufen?«, fragte Besson verwundert.
    Er blickte sich verwirrt um und schaute dann Vanderveen an, der das Gewehr noch immer über dem Rücken hängen hatte.
    »Hauen Sie ab. Sofort.«
    Besson tat ein paar unsichere Schritte, lief los und setzte nach zwanzig Metern zu einem regelrechten Sprint an, in Richtung des gegenüberliegenden Waldrandes.
    »Sie müssen ihn stoppen!«, rief Raseen erregt auf Arabisch. »Er hat den Wagen gesehen. Und uns !« Sie hob die Schrotflinte, aber Vanderveen packte den Lauf und drückte ihn nach unten.
    »Immer mit der Ruhe, ich lasse ihn nicht laufen. Außerdem würden Sie ihn mit der Waffe auf diese Entfernung sowieso nicht treffen.« Er hob ruhig das Gewehr über den Kopf, löste den Gurt an der hinteren Seite, band das lose Ende zu einer Schlinge, steckte den linken Arm hindurch und zog die Schlinge
um seinen Bizeps fest. Als er das Gewehr an die Schulter hob, straffte sich der Gurt, was einen stabilisierenden Effekt hatte. Das alles hatte zwölf Sekunden gedauert.
    Er kniete sich hin, stellte den linken Fuß auf, stützte den Ellbogen auf das Knie und schaute durch das Zielfernrohr. Dann hakte er nacheinander die Punkte auf seiner mentalen Checklist ab. Er befand sich praktisch in Bodenhöhe und brauchte keine vertikalen Berechnungen anzustellen.
    Dann erinnerte er sich an seine Erfahrungen von vor zwölf Jahren und halbierte die Werte von damals, da der Franzose in einem Winkel nach Osten lief - das wusste er deshalb, weil er den Arm sehen konnte, der angewinkelt war und sich wie bei einem Läufer bewegte.
    »Er hat den Wald fast erreicht«, sagte Raseen nervös. »Es ist sein Land, er kennt sich aus. Drücken Sie endlich ab.«
    Vanderveen antwortete nicht, immer noch mit seinen Berechnungen beschäftigt. Im direkten Vergleich war der Franzose ungefähr drei Zentimeter größer als er, also genau eins dreiundachtzig. Durch das Zielfernrohr maß die Gestalt im Moment acht Millimeter, und dadurch ergab sich eine Entfernung von … zweihundertfünfzig Metern.
    Er zögerte. Es war immer schwieriger, ein bewegliches Ziel zu treffen, doch es schien fast ausgeschlossen, auf diese Distanz einen rennenden Mann mit dem ersten Schuss zu töten. Er überlegte, ob er den Schalter umlegen und zur Sicherheit gleich einen

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