Der Aufgang Des Abendlandes
Vorschein, es war ebenso zuvor vorhanden wie bei Dichtern, deren Liebesgedichte oft den schwächsten Teil ihrer
Leistungen ausmachen. Nun wohl, Häher und Neuntöter ahmen Tierstimmen nach und bilden eklektisch eigenen Gesang
daraus, dies erweist spezifisch musikalischen Sinn, angeborene intellektuelle Gabe. Vogelflug variiert zwischen 76 und 300 km
pro Stunde, Blaukehlchen fliegen angeblich 357 km pro Stunde in einer Frühlingsnacht von Afrika bis Helgoland, ein
gezähmter Falke flog von Fontainebleau bis Malta in 24 Stunden, wobei er unterwegs gejagt und gefressen haben muß.
Trainierte Brieftauben erzielen nur 117 km pro Stunde, manche ist feig und träg, manche eine Heldennatur. Kurz, Heimat-
und Orientierungstrieb beim Vogelflug ist ebenso individuell psychisch wie Paarungspoesie beim Nachtigallsang. Auch
Trutzfarben der Tiere, die jeder Evolutionist mit besonderem Stolze malt, gewähren keine mechanische Erklärung.
Materie gestatte Selbstveränderung der Haut? Jawohl, Erröten und Erbleichen des Menschen schenkt uns die richtige
Analogie, nämlich Bluterregung durch unsichtbaren psychischen Reiz. Warum nur das Chamäleon in Gefahr und Angst so
rapide die Farbe wechselt und sonst Trutzfarben sich so sehr verschieden gestalten, bleibt eben
Individualitäts-Geheimnis. Graefes These, alle Vögel seien ursprünglich Zug- nicht Standvögel gewesen,
geht wohl zu weit; das Gegenteil aber, sie hätten erst spät größere Flüge gewagt, weil sie
ursprünglich aus dem Reptil krochen, ist leichtfertige Chimäre, weil für dies Weil jede Beweisunterlage fehlt.
Vögel gab es schon zur Jurazeit, am Ende der Kreidezeit riesige Haifische als Feinde der Ichthyosaurier, also erstand
aus der angeblich überholten Fischrasse ein den schon bestehenden Amphibien überlegenes Ungeheuer als
»geeigneter« im Fraßkampf. Merkwürdig bildsame Saurierwelt, wo Stego-Zephalen und Megalosaurier als
Karnivoren die harmlosen Pflanzenfresser Dinosaurier verfolgten! Was war hier Evolution, Pflanzen- oder Fleischfressen?
Die Pflanze bot das Nahrungsfundament, indem ihr Naturlaboratorium aus Amorphischem (Wasser, Erde, Luft) lebende
Eiweissubstanz fertig herstellte? Heute überwiegen bei ihr völlig die Kohlenhydrate, alle Gras-, Heu-, Kraut-,
Reisfresser zeigen zur Genüge, daß große starke und meist intelligente Tiere bei dieser unscheinbaren
Nahrung (nur Hafer fürs Pferd steht »höher«) trefflich gedeihen. Den medizinischen Eiweisgötzen
beiseite lassend, fragen wir: Waren die Dinosaurier, denen die Pflanzenkost so gut anschlug, Ahnen des Elefas,
Flußpferds, Elenns, Auers, Steinbocks, Urpferds, Riesenwidders? Gewiß nicht, was trieb sie aber alle zum
Vegetarismus wie auch die ganze Affenbande? Ihr unmöglicher Ahnherr auf tausend Umwegen, das Beuteltier, war wehrlos,
sie aber hatten schon starke Schutzwaffen, mit denen sie schwächere Tiere erlegen könnten. Naiv verweist man auf
die Zähne, die aber des Menschen Malmer nicht am Fleischessen verhinderten und die, wenn Anpassung gelten soll, sich
umgekehrt erst der Pflanzennahrung angepaßt haben müßten. Indessen zeigen schon die ältesten Fossilien
Malmzähne, sie und der vegetarische Trieb bestanden seit Anbeginn als individuelle Nahrungswahl ganzer Gattungen.
Dagegen sind fast alle Vögel Insekten-, Frosch-, Fischfresser oder karnivores Raubzeug, doch der weise Papagei bekehrte
sich trotz scharfem Schnabel und Krallen zur Fruchtkost wie viele Tropenvögel, war vielmehr Nußknacker seit
Anbeginn. Alle Varianten der Nahrungswahl sind individuell. All solche Erwägungen legen nahe, daß jede
größere Gattung ihr eigenes Protoplasma hatte, von dem sie ohne krumme Wege in grader Linie abstammt. Daher ist
selbst vorsichtigere Fassung »der Mensch stammt von einem Lebewesen, das wohl dem Affen ähnlicher sah als dem
Menschen« immer noch so vorwitzig wie Haeckels Stammbaum. Manche moderne Gelehrte (Prayer usw.) halten an Urzeugung
fest; daß lebende Substanz durch Meteoriten zur Erde kam, ist nur Verlegenheitseinfall, denn das Anorganische
enthält schon selber Lebensmöglichkeit, die Dreiheit Licht, Wärme, Feuchtigkeit kann aber kein Leben
hervorbringen ohne schon vorhandenem Keim, und wer ermißt, wie weit kosmische Zeugungskraft unsichtbarer Bestrahlung
reicht! Deuten Weismanns »Beiträge zur Deszendenztheorie« nicht Embryologie ins Okkulte: Keimzellen
hätten geistigen Ursprung? Laut Geheimlehre keimt der Same nur durch Emanation des
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