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Der Aufgang Des Abendlandes

Titel: Der Aufgang Des Abendlandes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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Weisheitsspruch: »Es ist alberner Dünkel, das zu mißachten und als
falsch anzunehmen, was uns nicht wahrscheinlich dünkt. Die Vernunft lehrt, daß ein Ding als unmöglich zu
verdammen beansprucht, Macht und Grenzen unserer Mutternatur im Ärmel zu halten, daß es keine größere
Torheit gibt als sie aufs Maß unserer Fähigkeit zu beschränken, daß es mehr Gewohnheit als Wissen ist,
was diesen täglichen Wundern ihre Fremdheit für uns benimmt und wir sie, wenn sie uns neu vorgestellt würden,
für unglaubwürdig halten würden«. Wie überstrahlt aber solchen bon sens der alte alte Talmudsatz:
»Willst du Unsichtbares kennenlernen, öffne die Augen für Sichtbares.« Im Staub der Studierstuben sieht
man nicht mal das Sichtbare, wie sollte man Unsichtbares geistig schauen!
    Haeckels Plastidulseelen mit »Besitz des Gedächtnisses« kommen wir gern entgegen, denn Lebensatome
können auch in bezug auf ihre Nachbarn nicht verlorengehen und drängen nach Reinkarnierung mit kosmischer
Verwandtschaft. Doch, o Haeckel, ist das nicht Okkultismus? Wie, nur Bewegungsart und Aggregat der Atome vererben sich? Aha,
also ist Atom nur Erscheinung, hinter ihr steht ein Prinzip und das ist wieder Okkultismus des Paracelsus. Wie, jedes
kleinste Materieteilchen hat eine »konstante Seele«, jedes Atom »besondere Empfindung und Bewegung?«
Um Gottes Willen, das ist ja schon die Monade von Leibniz! Mit wilder Unklarheit hält man trotzdem daran fest, daß
die Zellenseele untrennbar an ihrem Protoplasmaleib gebunden sei, wie die Menschenseele an Hirn und Rückenmark. Ein
Hirn, das vermöge des Rückenmarks sich eine Seele beilegt, ist spaßhafte Aufmachung. Wir als Monist anderer
Färbung sagen ernsthafter, daß Seelisches nicht »gebunden«, doch allerdings nur durch physische
Instrumente manifestierbar sei, weshalb bei unablässigen Inkarnationen die physischen Atome so unzerstörbar wie
ihre psychischen Beleber. Wenn laut Tyndall der Übergang des Psychischen zu entsprechenden äußern Tatsachen
des Hirns »undenkbar«, die Kluft zwischen beiden Erscheinungen »unüberschreitbar« ist, so
würde auch selbst bei strikter Beobachtung der Vorgänge das Rätsel bleiben, wie sichtbare Hirnmaschinerie
lauter Unsichtbares produziert, und die Frage, warum das Hirn als Gedankenbehälter konstruiert werden konnte. Da
außerdem der Blutkreislauf dazu gehört, scheint der ganze Organismus nur zu dem Zwecke da, dies
Gehirnphänomen auszulösen, d. h. unter elektromagnetischer Spannung Unsichtbares in Sichtbares zu entsenden. Psyche
als Frucht von Körperbewegung ist unvorstellbar, sintemal letztere unermeßlich geringer und langsamer als geistige
Bewegung, die mit der Schnelle eines Sonnenstrahls arbeitet, wie denn konkrete Beziehung zwischen Gedanken- und Lichtwelle zu
bestehen scheint. Man braucht am ganzen Tag kein Glied zu rühren, doch das Hirn steht keinen Augenblick still, es denkt
jede Sekunde, sei es auch nur als Selbstgefühl der Unterscheidung von Umwelt. Solche äußere Reibung des
Sichtbaren möchte noch angehen, doch das Bewußtsein wird selber Welt, behandelt den Körper als Sklaven.
Daß ein Unsichtbares stetig das Sichtbare imprägniert, jede Hirnbewegung nur ein Registrieren unsichtbarer
telegraphischer Befehle vorstellt, ist das vereinbar mit mechanistischen Begriffen? Es käme darauf hinaus, daß der
Morseapparat die Elektrizität sei, worüber doch jeder Schuljunge lachen müßte. Sie wird durchs
Telegraphennetz herbeigezogen? Ja, doch abgesehen davon, daß der Mensch dies Netz erfand, was er für sein Hirn
nicht beanspruchen darf, beweist ja drahtlose Telegraphie, daß die alldurchdringende Kraft sich auch auf beliebige
andere Weise mitteilen kann. Vielleicht telegraphierten sich die Atlantier nur durch Gedankenübertragung und wer
weiß, ob Telepathie nicht künftig ähnlich geregelt werden kann. Die Wichtigtuerei der Psychologen (Lucus
à non lucendo) verwechselt tatsächlich die Registrierakte des tickenden Apparats mit dem elektrischen Strom. Dies
Gleichnis deckt sich um so glücklicher mit der Wahrheit, als es veranschaulicht, wie wir an diesem Beispiel den Beweis
in Händen haben, daß Unsichtbares alle sichtbaren Phänomene veranlaßt.
    Wer sich um universales Wissen bemüht, belächelt den Krimskrams der Hosenknopfspezialisten, die geistig oft noch
weniger bedeuten, als Mitglieder praktischer Berufe. Diese Mittelmäßigkeitsassekuranz drängt ihre
Kleinkrämerei als

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