Der Aufgang Des Abendlandes
da schon die Sumerer ihre Monate
danach benannten. Prähistorische Chemie legierte Kupfer und Zinn zu Bronze, 4000 v. Chr. betätigte sich, was man
später Alchemie nannte. Laut Jamblichus bewahrten die Assyrer Denkmale von 27000 Jahren, übliche Schätzung von
6000 »historischen« ist daher lächerlich. Die Chinesen legierten Schwefel und Quecksilber zu Salpeter,
schufen Porzellan, ihre Astronomen wurden von Staats wegen gefördert, sie verwendeten Kohle mit Feuer, kannten
Elektrizität als »den Hauch, der alles durchdringt«. Die Inder hätten außer Beobachtung der
Himmelskörper keine Naturforschung gekannt, sagt S. Günther »Gesch. d. Naturw.« Das wäre
begreiflich, da für ihre Weltanschauung das Physikalische gleichgültig sein mußte, es stimmt aber nicht, sie
hatten genug botanische und zoologische Kenntnisse. Das von J. Müller und Baveri begutachtete Lanzettfischchen, der
berühmte Amphioxus, war anscheinend den Alten wohlbekannt, nicht Priestley entdeckte den Sauerstoff, alle Stoffe waren
den Alten vertraut unter anderer Benennung. Da sie auch lange zuvor Geologie kannten, was berechtigt die moderne Wissenschaft
dünkelvoll auf sie herabzublicken? Ihre Methoden? Diese verbieten ihr z. B. den »Aberglauben« der Horoskope,
obschon sich jeder aus den Tafeln überzeugen kann, daß die urältesten chaldäischen Auffassungen noch
heute passen. Ein Sonnengünstling wie Goethe, geboren beim Zenitstand, wird es gut haben, der Mond stets das Wappen
düsterer Genialer sein, verschiedene Konjunktur von Mond und Merkur entweder Genie oder Verrücktheit bestimmen,
Saturn über Kräklern und Unheilbringern scheinen. Wenn der überzählige Uranus ein Planet der Revolution
sei (Wiebener »Lehrb. d. Astrol.«), so verloren die Alten wenig damit, daß sie ihn noch nicht entdeckten.
Er steht so ungeheuer fern vom Rande des Sonnensystems, ebenso Neptun, daß höchst fraglich, ob sie nicht
bloß Asteroiden sind. So bleibt es wohl bei den sieben Planeten der Alten. Ob man heute die Schnelligkeit des Lichts
oder einer Kometenbahn sicherer berechnet, bedeutet wenig, die alten Methoden waren ziemlich ebensoweit. Die Alten
anerkannten alle die Heliozentrik, auch wenn sie wie Pythagoras es nur im engeren Kreise lehrten, selbst Keplers Elliptik
scheint durchaus nichts Neues, die Neuzeit hat uralte Einsichten nur künstlicher ausgebaut, alles weist auf allgemeines
Urwissen hin.
Von K. Günther »Darwinismus und Probleme des Lebens« wird »Naturzüchtung« fanatisch
gepriesen, Lamark und de Vries abgelehnt. Wenn man sich aber zugunsten mechanischer Selektion für physisches
Körperleben entscheiden soll, warum beobachtet man seit den historischen 6000 Jahren nicht die geringste physische
Veränderung aller damals festgelegten Organismen? Wird außerdem anerkannt, Körperwelt sei nur
Bewußtseinsinhalt, mit Psychischem habe Naturwissenschaft nichts zu tun, »Empfindungen entziehen sich der
Beobachtung«, Hirnuntersuchung zeige nur Bewegungen, nicht deren Ursache, versteigt sich gar zur Frage: » besteht
die Körperwelt eigentlich nicht aus psychischen Vorgängen?«, so wird dem wirklichen Darwinismus die Spitze
abgebrochen zum Entsetzen der Materialisten. Denn ihr Dogma muß bleiben: Seelisches ist Objekt der
Körperwissenschaft. Denkt man wie Günther, der sorgfältig alle »Autoritäten« zu Rate zog, so
gibts auch keine mechanische Evolution, wie er gern möchte. Denn zoologische Verbesserungen, selbst wenn sie wahr
wären, bleiben dann äußerlich und von »psychischen Vorgängen« getrennt. Unser Monismus
verabscheut freilich so willkürliche Scheidung, sie verrät aber den plötzlich eingerissenen Kleinmut der
Neodarwinisten: Sie möchten retten, was noch zu retten ist, hiermit sinkt Naturzüchtung auf Nebensächliches
herab. Soll Selektion sich von allem Teleologischen fernhalten, wie darf man dann Evolution echt teleologisch als
Verbesserung auffassen? Spencers »survival of the fittest« (von ihm stammt diese Phrase) verneint sich selbst,
wenn blinder Zufall regiert, weil zufällige Katastrophen gerade die »Geeignetsten« wegputzen. Sind aber
Minderwertige die Geeignetsten zu irdischem Überleben, sintemal die niedrigsten Lebensformen (Einzeller) sich am besten
erhalten, was bleibt noch von Verbesserung übrig, da dann nicht mal Gleichwertigkeit konstant bleibt? Gottlob ist das
ein Irrtum, aber daß er es ist, kann man nur dem Regulativ psychischer Kräfte verdanken, die blinde
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