Der Aufgang Des Abendlandes
»himmlischen Menschen«,
d. h. durch Wiedergeburt des transzendentalen Ego.
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Für morphologischen Standpunkt wird Urzeugung stets ins Reich der Mystik gehören, die »Märchen«
indischer Geheimlehre darf man aber höchstens in ihrem allegorischen, nicht ihrem astronomischen Gehalt verwerfen. Wird
der an Bibelgläubigen verhöhnte Wahn, Leben sei aus nichts geschaffen, minder lächerlich in gelehrter
Umkleidung? Wir wissen vom Leben so wenig, daß wir Einführung des Todes als Übergang und Zwischenspiel gar
nicht lebend empfinden, obschon unser Körper stetig zerfällt, diesen immerwährenden Sterbezustand ahnen wir
nicht, solange Stoffwechsel sich vollzieht und Kontinuität des Lebens auf Nachkommen überträgt. Wissenschaft
baut auf »Substanz«, die sich doch sinnlicher Beobachtung entzieht (Dubois-Reymond), auf »bewegender
Kraft«, die Huxley »leeren Schatten einer Einbildung« nennt, nichtsdestoweniger sind Ursubstanz und sie
bewegende Kraft zwei Selbstverständlichkeiten, ohne die kein Weltbild möglich. Wenn man nicht mal sie
annähernd definieren kann, wie soll man Leben-im-Tod und Tod-im-Leben verstehen, deren verwirrende Lebendigkeit sich mit
uns im Kreise dreht! Den letzten Grund und das Ding an sich kann man abstrakt sich vorstellen, nicht aber das Leben, das ist
zu geheimnisvoll und spottet als sichtbare Tatsache jeder Abstraktion. Sobald in einer von der Blavatzky prophezeiten 6.
Rasse sich telepathische Schauung allgemeiner verbreitet wie wahrscheinlich schon in der Urzeit, wird man auf moderne
Wissenschaft mit gleichem Mitleid zurückschauen wie auf Bibeltheologie, denn erst jenseits so naiver Anthropomorphismen
beginnt der Erkenntnis schauerlicher erhabener Ernst. Vielleicht seufzen dann manche nach jenen Kindereien, die sich an
materialistischen Märchen ergötzten und mit harmloser Unschuld an Abgründe rührten, wenn sie das Wort
Leben aussprachen für etwas viel Verwickelteres und Großartigeres, als äußerlich sichtbar wird. Da
hört freilich auf: »Befriedigung der Neugierde ist für Menschen das Ende der Erkenntnis«, denn hier ist
kein Ende. Daß die Natur eines Tages ablaufe wie eine Maschine, diese grotesk anthropomorphische Vorstellung rechnet
wieder nur mit dem Sichtbaren. Okkulte Dynamik ist aber stärker als körperliche, und daß »die
Kräfte, die auf unsere Erde einwirken, allzeit dieselben bleiben« (Burmeister), höchst fraglich. Locke irrt
ja auch, wenn er den Raum keines Widerstandes und keiner Bewegung fähig hielt. Raum ist konkret nicht Leere, sondern
Fülle, abstrakt aber als absolute Substanz dem Denken unerkennbar, daher seine Eigenschaften unbekannt. Newton sprach
öffentlich von Vakuum, glaubte aber heimlich an intrakosmischen Mittelstoff zwischen den Planeten und einem
»feinen Geist« darin als Kontrolleur, während Carlyle auf Thomsons phantastische Wirbelatome schwor und
Cuviers Skepsis sogar die »Natur-Agenzien« als ohnmächtige Agenten anzweifelte. Wenn Hegel das Absolute in
vier verschiedene Logosarten zerlegt oder Spencers »Erste Prinzipien« neben evolutionierenden Atomen auch
»Dissolution« anerkennen, so läßt sich bei solchen Kunststücken wenig denken. Einfach und klar
ist okkulte Auffassung: Die Existenz des uns dualistisch offenbarten Alls scheint zu bestehen aus Geist und Stoff, doch beide
sind nur Aspekte der großen Einheit (Fohat), damit ist vorausgesagt, was wir vertreten. Mill behauptete von einer
Theorie, an ihr sei »nichts hypothetisch, ein Beispiel für Berechtigung des Schlußfolgerns« und doch
blieben von der nämlichen Theorie heute nur allgemeine Umrisse. Was einigermaßen richtig, ist immer uralt
deduktiv, wie die Nebeltheorie von Anaxagoras und Anaximines, der einst Verdichtung einer prägenetischen Materie lehrte.
Eine ätherische selbstlenkende Substanz anerkannten Kepler, Brahe, Halley, doch Äthertheorie erklärt nur
Fortpflanzung des Lichts, Nebeltheorie nur Ursprung des Sonnensystems, beide widersprechen sich und sind doch gleich
notwendig, beide aber sagen nichts aus über eigenen Ursprung von Äther und Nebel, dahin reicht nur deduktiv
beflügeltes Denken. »Die in die Lichtwelt erhobene Seele besitzt Sehergabe« sagt Böhme, sein »ich
war, ehe ich wurde« ist gerade das beste »Beispiel für Berechtigung des Schlußfolgerns«. Das
Gesetz periodischer Wiederkehr (Geheimlehre) wäre auch dann eine einleuchtende Deduktion, wenn nicht bestimmte Tatsachen
der Überlieferung
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